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12. Bestellungen »erben in allen Buch- und Kunst- -^rro W ä* a Erscheinen wöchenllich ein Mal. SubseriptionS- VVVIl
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Das künstliche Bein.

(Schluß.)

„Profcssorchen! nur nicht neugierig," drohte der junge
Mann, als sie während dieses Gespräches den Gartcnsalon,
wenn auch ziemlich mühsam, erreicht hatten; und dann setzte
er hinzu: „ich bin Ihnen so viel Dank schuldig, lieber Doktor,
nicht blos für Ihre geschickte Operation, sondern auch für Ihre
freundschaftliche Treue, Aufmerksamkeit und Pflege, daß ich
fühle, wie ich moralisch verpflichtet bin, Sie noch anders zu
belohnen, als durch bloße gcntile Honorirung Ihrer Visiten;
jedoch nur nicht zu neugierig, denn zuerst muß ich soviel Ver-
trauen zu Ihnen haben, daß Sic edleren höheren Mitgefühles
fähig sind, bevor ich Muth finde, aufrichtig zu beichten." —
„Nun, hören Sie, lieber Gras," erwiedcrte der Professor,
indem er sich ein Ragout mit Trüffeln servircn ließ und ein Glas
Chably mit Kennermiene prüfte, „ich war während Ihres
Krankenlagers in gewissen Momenten ganz ernsthaft, in der
besten Stimmung, statt Sic zu heilen, verzeihen Sie mir die
Offenheit des Ausdruckes, über Sic herzufallcn und Sic ganz
eon umors durchzuprügeln. Denn das scharfsinnigste Genie
kann nicht so gut wie ein Arzt den Begriff fassen, was es
heißt, gesunde Glieder zu haben, und welch' ein Grad von
Wahnsinn dazu gehört, sich selbst auch nur im geringsten
Theilc um solch' unersetzbaren Vortheil zu bringen. Sehen
Sie! ...." — „Gestatten Sic mir, mon ober ^eseulap!
daß ich Ihnen in die Rede falle," — lachte der Gras —
„erstlich um Sic zu fragen, ob ich schon ein halbes Fläsch-
chen Cliguot trinken darf; Sic meinen wohl? Nun gut! Fcri,
Cliquot! Sodann aber, um Ihnen endlich zu sagen — denn,
wenn ich nicht schließlich mit meinen Bekenntnissen herausrücke,
so haben wir alle Tage Zank; — also, um Ihnen endlich
zu sage», daß nicht Verrücktheit, nicht müssiger Spleen mich
zu dieser That drängten, vielmehr eines der edelsten menschlichen

Gefühle, und daß ich allein schon dcßhalb sogar von meinem
Arzte Achtung verdiene. So hören Sie denn!" und der Graf ließ
sich ein Glas Champagner präscntircn, stieß mit dem Professor
an, trank cs rasch hinab, und winkte dann den Dienern, sich
zurückzuzichen. Darauf neigte er sich über den Tisch, sah dem j
alten Mann klar in's Auge und sagte mit weicher innerlichster
Stimme: „Doktor, haben Sic je geliebt?" Dem Arzt kam
diese Frage so unvorhergesehen, daß cs ihm sichtbar einen
leichten Ruck gab, und er im ersten Moment ganz unbewußt
ein Stück Stiltonkäse hastig ohne Brot in den Mund steckte.
Dann machte er sich ein dickes Kügelchen aus der Krume und sagte:
„es soll ja von Ihnen, lieber Graf, nicht von mir die Rede
sein; denn darauf können Sie rechnen, daß ich, selbst
nicht einmal in dem Zustande des sogenannten Vcrliebtseins,
mir hätte einen Fingernagel, geschweige ein Bein abnehmen
lassen." — „Ich that cs aber aus Liebe," fuhr der Graf
enthusiastisch auf, „und fühle mich selig, daß ich soviel männ-
liche Kraft in mir hatte, dies Opfer bringen zu können." —
„Nun hören Sic 'mal, Vcrchrtcstcr, jetzt werde ich noch mehr
an Ihrem nüchternen Verstände irre, als ich es war, als Sie
sich das Schienbein zerschossen! Sic werden doch nicht etwa
glauben, einem weiblichen Wesen besonderen Gefallen zu er-
weisen, wenn Sic mit ihr als Krüppel in die Ehe treten?"

— „Gewiß, Doktor! in meinem Falle, ja! Denn „Gottes
Wege sind dunkel," wie die Türken sagen. Doch hören Sie
einfach die Geschichte. Ich lebte während der letzten Jahre in
London. In einer der Gesellschaften lernte ich Miß Evcline Morton
kennen. Haben Sie je schon ächt englische Schönheiten gesehen,
Doktor? Urenkelinnen der „Queen Mab," gewoben aus Duft
und Luft, von einem Teint, gleich dem der Aprikose, mit...."

— „Mit Füßchen," ergänzte der Doktor trocken/ „wie' ein

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