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Die Falsch c und doch die Rechte.

ersten Tage, nun da dacht ich, cs ist nun einmal
der dumme Magister von drüben, der kann sich an-
fangs ja gar nicht anders benehmen, als stocksteif
und ungelenk und wie ein Haubenstock, aber jetzt,
jetzt könnt er sich doch aus seiner Verlegenheit her-
ausgefitzt haben und wenn er jetzt noch gerade so
schafsköpfig dasitzt, das ist zu toll!" — „Aber",
cntgegncte Mathilde, „er muß mich doch, doch etwas
lieb haben, sonst würde er doch nicht um mich an-
gchalten haben!" — „Lieb haben?" fuhr Laura
auf. „Ach wie kannst Du nur bei dem von lieb
haben reden, bei dem Menschen, bei derHäringS-
seele!" — „Laura, Laura!" mahnte die arme
Mathilde, „sieh, ich hoffe immer, ich werde schon
noch seine Liebe gewinnen!"

„Der weiß gar nicht, waS Liebe ist," eiferte
Laura, „der ist dazu gar nicht fähig, der ist von
Holz und Stroh und Mehlkleister zusammengepappt,
ein rechter Hanswurst! Nein, wenn er als Bräu-
tigam schon so ist, dann Gnade Gott! wie wird er
erst als Mann sein! Ach, Mathilde, daß ich Dich,
das beste Mädchen von der Welt, an diesen Seelcn-
verkänfcr hingeschleudcrt sehen soll, das ist himmelschreiend!"

Indeffen mochten die beiden Mädchen mit den Anordnun-
gen zum Kaffee fertig geworden sein, ich hörte Mathilden
sagen: „Ich will nur den Korb wieder hinaustragen!" —
„Ei, wozu denn?" cntgegncte Laura. „Dir ist's gewiß wieder
nur darum ^u thun, Deinem gnädigen Herrn Bräutigam ent-
gegen zu gehen. Nein, den erwarte Du hier, wenn Du so
demüthig, so gut bist, so wird er immer hochnäsiger und ab-
geschmackter! Du mußt's ihm einmal zeigen, daß Du ihm
nicht gerade auf den Kniecn für seine Herablassung zu danken
brauchst, daß er so großmüthig war, sein mattes Auge auf
Dich zu werfen. Willst Du den Korb Deinem Bräutigam
bringen, dann mit tausend Freuden, hier hast Du ihn, aber
sonst laß ihn nur stehen. Oder wart', wir setzen ihn drüben
in jene Laube, wenn Du fürchtest, des Herr» Pastors Augen
könnten dadurch beleidigt werden!"

Hilf Himmel! jetzt kam die beredte Laura, die mir so
eben die Wahrheit ziemlich unverblümt gesagt, auf die Laube
zu, in welcher ich horchend saß und ich konnte nicht enflichen.

; Scham und Rathlosigkcit ergriffen mich, da siel mir zum Glück
der einzig mögliche Ausweg ein, ich stellte mich schlafend.
Mit zurückgelehntcm Kopfe lag ich da und blinzelte zwischen
den halbgeschloffencn Augenlidern hindurch. Raschen Schrittes
trat Laura herein und fuhr, als sie mich erblickte, mit einem
i leisen Aufschrei zurück; dann trat sic, sich ermannend, näher
! und sagte leise: „da liegt der Mensch und schläft! Ach, wenn
ich Dich wecken könnte, wie ich wollte, Du Ritter von der
Hasclstaude!" WaS sie damit meinte, ließ mich eine bezeich-
nende Handbcwegung deutlich genug ahnen. Dann rief sie
mit gedämpfter Stimme: „Mathilde, komm' geschwind! —
Sieh eirzmal," sagte sie, als die Gerufene herbcikam, „da liegt
er und schläft!" — „Ach Gott!" flüsterte Mathilde, „wenn

er das gehört hat!" — „Meinetwegen kann er eS gehört
haben!" grollte Laura. „WaS machen wir nun aber mit dem
galanten Bräutigam, der zu seiner Braut kommt und sich hin-
lcgt und cinschläft? Willst Du ihn vielleicht mit einem Kuß
aufweckcn, Mathilde? doch ich weiß, das wagst Du nicht, da
muß ich schon wecken!" — „Nein, nein!" hörte ich Mathilde
bitten (ich hatte, um mich nicht zu vcrrathcn die Augen völlig
geschlossen), aber im nämlichen Augenblick schrie mir die kleine
Here laut in die Ohren: „Herr Candidat! Herr Candidat!
Feuer! Feuer! Feuer!"

Ich fuhr auf und spielte, wie ich glaube, die Rolle eines
jählings aus dem Schlafe Erweckten ziemlich natürlich. Die
gute Mathilde entschuldigte sich statt ihrer Freundin, während
diese kurz sagte: „Nun, was ist's denn weiter? wir konnten
den Herrn doch nicht ewig schlafen lassen!" Das Gespräch,
das ich so eben gehört, gab mir viel zu denke», und der An-
fang meiner Umkehr bestand in einer kleinen wohlthätigen Lüge.
Ich entschuldigte meine» Schlaf mit mehreren schlaflosen Näch-
ten, was übrigens noch ziemlich der Wahrheit getreu war, als
aber der Vater in den Garten herabgckommcn war und wir
beim Kaffee saßen, schlug ich die zweite Tasse aus, mit dem
Bemerken, ich dürfe nicht mehr trinken, denn seit einigen Ta-
gen litte ick an einem fortwährenden, fast unerträglichen Kops-
weh und ich fürchtete, es durch den Kaffee schlimmer zu machen.

Von der Seite sah ich, wie meine gute Mathilde ihrer
Cousine bedeutungsvoll nickte, als wollte sic sagen: Sich'st

Du, daher kam seine Verstimmung! Zu gleicher Zeit aber
schien es mir, als ob mich LauraS Helle Augen forschend an-
schauten. Herr Werner aber fragte fast vergnügt: „Ach, Sie
leiden an Kopfweh?" denn er war nach und nach wieder zum
„Sic" in der Anrede zurückgckehrt.

„3a", erwiderte ich, „es ist dies bei mir etwas so Sel-
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Falsche und doch die Rechte"
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Fliegende Blätter
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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Mann <Motiv>
Schlaf <Motiv>
Täuschung <Motiv>
Beobachtung
Gartenlaube
Karikatur
Frau <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 33.1860, Nr. 808, S. 202
 
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