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134 Zeitbild.

heiter, durch verlässige Männer, welche schon durch ihre ma-
terielle Stellung eine gewisse Gewährschaft bieten, besorgt
werden. Es darf nicht der Gefahr ausgesetzt werden, in die
Hände eines Proletariates zu fallen, das, nur um dem Hun-
ger zu entgehen, alle möglichen und natürlich nicht die sau-
bersten Mittel zum Schaden des Publikums auwenden würde.
Lassen's mich aus, mit solchen Theorien, die in der Praxis
nur die unheilvollsten Folgen haben könnten!"

Zeitbild aus einem baberischen Probinzial-
Städtchen.

Staar (schreit): „Notar — Notar — 800 fl. —

1000 st. — blaue Krägen — Bezirksamt — dumme Neu-
erungen — schwarzsammt'ne Krägen — ja, werden's schon
sehen — Landgericht — Reiseaversum — Concurs 1852."

Fremder: „Aber sagen Sie 'mal, Herr Gastgeber,

was schwätzt denn dieser Vogel für sonderbares Zeug?"

Wirth: „Das hat er ganz von sich selbst, nur vom

Zuhören gelernt. Wisseu's, die Herren Honoratioren sind
immer des Abends in diesem Zimmer."

Für Braute.

Zwei Briefe schrieb der Schwiegervater schon,

Sogar die Schwiegermutter einen
An mich, seit in der Residenz ich wohn'.

Doch meine Braut Sophie noch keinen.

Sie hat nur einmal an des Briefes Schluß
Hinzugefügt die eine Zeile:

„Vier häute, Über Adolf, Gruß und Kuß,

„Gärn schribe ich dürr Mähr, ich Eule."

Kaiser Napoleon >. ein Mythus.

(Schluß.)

Während aber die Fürsten des Wiener Congresses fast in
Zeit eines Jahres sich noch nicht völlig über die Thcilung der
Länderbeute zu einigen vermochten, tauchte inzwischen in Frank-
reich der alte Kaisergeist noch einmal auf, um zum letzten
Male und für alle Zeiten abermals von Preußen, begleitet
von englischen Hilfstruppen und dem Anschlüsse deutscher Krie-
ger aus den kleineren Staaten, bei Waterloo vernichtet, zer-
stäubt, aufgerieben zu werden. Nur matt und dürftig schleppte
von da ab Frankreichs gebrochener Nationalgeist auch seinen
Schattcnkaiser abermals auf eine, diesmal in die neue Welt sinnig
verlegte Insel, „Helena" geheißen', nachdem derselbe, nach ei-
nem nothwendigerwcise vergeblichen Selbstvergiftungs-Versuche
im „schlimmen Hause" (Malmaison) zu Gunsten seines Schat-
tensohncs abgedankt; wie seine erste Schcinabdankung, gleich-
sam noch ein blauer Dunstquell, eben so sinnvoll darum nach
„Fontainebleau“ (Blau-Sprudel) verlegt worden war. Vom
Mißtrauen Englands überwacht, in der allegorischen Gestalt
des Commandeurs von Helena, 8ir Hudson Lowe (low —
niedrig, armselig, niederträchtig) mit dem alten Frauzosenhasie
gegen England epigrammatisch scharf gezeichnet, pflanzte der
Kaisergeist, von wenigen Fanatikern begleitet, nun dort seinen
Kohl und schrieb Memoiren — mithin genau dasselbe thucnd,
was die ganze große Nation in jener Zeit gethan — und
starb auch daselbst, im buchstäblichen Einklang moderner Volks-
poesie mit dem alten Prometheus-Mythus, am Magenkrebs
schon nach wenigen Jahren. Wenn aber nun in unfern Ta-
gen Preußen, als der intellektuelle Besieger und Vertilger jenes
ersten französischen Kaisermythus, sich in väterlicher (um nicht
zu sagen oberherrlichcr) Milde dieser Nation bcrathend zu-
wendet, deren zeitweiliges Oberhaupt jenem zum überwundenen
Standpunkt gewordenen Kaisermythus nicht blos faktisch nach-
träumt, sondern sich jenem mythischen Repräsentanten desselben
als in ungerader Linie sogar persönlich entstammend betrachtet
wissen will,') so vollzieht dasselbe eben nur seine, vorlängst mit
dem Schwerte begonnene, und jetzt zeitgemäß mit dem Oelzweige
zu vollendende Mission von Oben, die ihm zu vollziehen vom
Herrn der Hecrschaarcu bestimmt und aufcrlegt worden ist.
Und wahrlich, Fiktionen^)— seien sie nun geschichtlich-politisch
oder social — vermittelnd ^) und freuuduachbarlich auf eine
gesunde Basis znrückzuführen, ist ein hoher und erhabner Be-
ruf, der durch das neidische Gekläffe großdcutschen Kleingcistcs
nimmermehr in seiner Mission beirrt werden kann und darf.
Wirft man uns, schließlich noch einmal zum Programm un-
seres Vortrages flüchtig zurückkchrcnd, etwa als Einwand ent-

1) Abermals nach dem Verbilde der Heroen und Gesetzgeber des
Alterthums, die, wieAeuäas, Numa, Romnlus ec. von Göttern,
das heißt, von sublimirten Volksbegrlfscn und Wünschen, ihren
Ursprung abzuleiten liebten.

2) Herrn Fickers Angriffe gegen unsere Abhandlungen stempeln sich
unwillkürlich selbst zu — Fickzioncn! und übcrhebcu uns jeder
unerquicklichen Widerlegung im Voraus.

3) Ist das „Vermitteln" ja doch stets eine der einträglichsten Si-
nccurcn der preußischen Politik gewesen.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Zeitbild aus einem bayerischen Provinzial-Städtchen"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Gastwirt
Stare <Familie>
Nachahmung
Gast <Motiv>
Verbale Äußerung
Vogelkäfig <Motiv>
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 36.1862, Nr. 877, S. 134
 
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