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Fliegende Blätter — 38.1863 (Nr. 913-938)

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Nr. 913
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https://doi.org/10.11588/diglit.3272#0007
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Ein Puppenspiel in der Thierwelt.

Bär.

Sie hat wohl schwerlich Sinn für solche Sachen.

Für eine Maus, die hungert, ist, — wenn Jhr's er-
laubt, —

Wohl kaum etwas so gut als essen. — Ucberhaupt
Der Pöbel hält es meist nur mit dem Essen.

Löwe.

Nun gut. So schick' ich ihr etwas zu fressen
Aus meiner königlichen Speisekammer,

Zu stillen ihres Hungers Jammer.

(Er spießt mit dem Sceptcr ein Stück Speck an.)

Seht dieses schöne Speckstück hier?

Jst's groß genug? .

Bär.

O Herr, das Thier

Kann eine Ewigkeit und noch vier Wochen, traun,

An diesem Speck mit Weib und Kindern kau'n.

Löwe.

Sie soll ihn haben. Doch um sie zu ehren
Und sicher auch zu sein, daß daö Präsent
So schnell wie unverkürzt gelang' in ihre Hand',

Sollt Jhr's in eigener Person bescheeren.

Sie heißet „Schlupfinsloch" die Maus.

Seht hin, dort liegt ihr kleines Haus, -
Hat eine Thür nur und kein Fenstcrlcin.

Klopft außen an, denn Ihr könnt nicht hinein. —

(Er übergibt ihm den Speck.)

So nehmt, und macht Euch schleunigst auf die Sohlen,
Sonst könnt' der Hungertod sie unterdessen holen.
Bringt meinen allergnädigstcn Gruß ihr mit
Und wünscht ihr einen guten Appetit.

Bär (sich verbeugend).

Großmächtigcr Herrscher, Euren Willen
Beeil' ich mich in Allem zu erfüllen.

(Der Löwe geht ab.)

Dritte Scene.

Der Bär allein, seinen Chapeau aufsetzcnd und brummend.

Hm, das ist doch zu viel verlangt, Herr König!

Ich überlege mir's erst noch ein wenig.

Die Sache hat, ich sollte denken, Zeit;

Ich lieb' das Laufen nicht, auch ist der Weg so weit!
Und dann, — wird'ö wohl für mich sich passen,

Mich in hocheigener Person

Zu einer gemeinen Maus herabzulassen?

Ich, der so nah' ich steh' dem Thron,

Des Reichs Großwürdenträger bin,

Ein niedriger Spcckträgcr sollt' ich heißen?

Was kommt dem König in den Sinn?

Könnt' er's nicht den Lakaien heißen?

Hat er die Etikette ganz vergessen? —

Unmöglich kann ich selber geh'n,

Und sollt' ich auch, weil pflichtvergessen,

Eine gnädige Nase deshalb beschn.

3

Allein was hat es denn Gefahren?

Der König wird es nicht erfahren,

Wenn ich den Speck durch einen Andern schicke.

Doch will zuvor von diesen: Stücke
Ich zur Entschäd'gung für mein Mühewalten
Nur einen kleinen Thcil zurückbehaltcn.

(Er reißt die größere Halste von dem Specke ab und betrachtet sie.)
Fürwahr, ich kann der Lust nicht widerstreben,

Ihn lieber gleich im Magen aufzuheben.

(Er frißt die abgerissene Hälfte auf.)

Deliziös! Das schmeckte überaus!

Was übrig, ist genug noch für die Maus. —

He, Hosmarschall!

Vierte Scene.

Der Bär. Der Wolf tritt auf.

Wolf (mit Verbeugung).

Zu Euren Diensten, hier!

Bär.

Ihr sollt im Namen seiner Majestät
Sogleich und schnell, — sonst wird'ö vielleicht zu spät, — ;
Begeben Euch zu Schlupfinsloch, der Mauö, —

Ihr kennet sic ja wohl, dort liegt ihr Hans, —

Und diesen Speck ihr überbringen.

Auch bringet ihr vor allen Dingen
Des Königs gnädige Grüße mit
Und wünscht ihr einen guten Appetit.

Die Sache muß, — ich schärs's Euch nochmals ein, —
Ganz schnell und pflichtgctrcn verrichtet sein,

Und — hört Ihr? — daß Ihr nicht etwa
Mir unterwegs was frcßt von diesem Specke da!

Wolf (den Speck empfangend).

Geehrter Herr, o haltet mich doch nicht
Für so gefräßigen und pflichtvergcss'ncn Wicht!

Ihr wißt ja wohl, wie ich des Königs Willen
Und Euren auch, gewohnt bin zu erfüllen.

(Er verbeugt sich. Der Bär geht ab.)

Fünfte Scene.

Der Wolf allein.

Wozu soll Einer selber geh'n,

Dem Diener zu Gebote steh'n?

(Er betrachtet den Speck von allen Seiten.)

Bei Gott, so appetitlich und so schön,

Hab' ich noch nie ein Stück geseh'n!

Doch aber finde ich's für ein Geschenk,

Besonders hier — und da — und in der Mitten
Nicht zierlich g'nug gestaltet und geschnitten.

Ich glaube, übel nimmt's die Maus,

Bring' ich ihr dieses Stück in's Haus;

So roh und plump sieht's aus. — Ich denk',

Es ist von meiner Seite kein Vergehen,

Geb' eine Form, anständiger und besser,

Dem Speck ich, und bequemer für den Esser.

Als Hosmarschall muß ich cö ja verstehen.

(Er reißt wieder eine Hälfte von dem Specke ab und frißt sic.)

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