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Ein Weihnachtsabend.

(Schluß.)

Das Zusammentreffen mit Wilhelm hatte die Erinnerung
an das verlorene Kind lebendiger wie je hervorgerufen, dazu
wirkte die Weihnachtszeit, die Zeit stillen Familienglückes, ohne
daß er es sich deutlich bewußt wurde, auf sein Gemüth. An
wie manchen frohen Weihnachtsabend hätte er sich erinnern können
— er that es nicht, aber jene Erinnerungen drängten sich unwill-
kürlich heran und standen in der Tiefe seiner Seele mehr
wie nur geahnte, als deutlich geschaute Schatten. Immer
und immer wieder mußte er Theresens gedenken. Ihre Ge-
stalt trat zwischen die Abendandacht, die er pünktlich ver-
richtete, zwischen die Worte seines Gebetbuches und sein Herz.
„Großer Gott!" seufzte er, „wann werd' ich das Andenken
dieser Verlorenen ganz verbannen können! jeder Anlaß ruft
mir ihr Bild zurück, und der Kampf beginnt von neuem.
Aber cs heißt nicht umsonst: Thut von euch hinaus, wer da
böse ist! Ich werde meines Vorsatzes eingedenk bleiben. Mein
Haus soll rein bleiben und ich will Zeugniß ablegen wider
die Sünde, auch da, wo eS mein eigen Fleisch und Blut
betrifft!" Seufzend legte er sich nieder und löschte das Licht
aus. Sinnend und vergangener Zeiten denkend lag er noch
eine Weile, da verschwammen die Gedanken und bald über-
schlich der Schlaf die müden Augen, das trübe Sinnen des
Alten.

Und nun umfing der Traum, dieß wunderbare Wesen, seine
Seele. Es war ihm mit einem Male als sterbe er, es war
ein seltsamer Zustand, klar und bewußt und doch über Zeit
und Raum hinwegspringend. Er war gestorben, er dachte
darüber nach, wie der Tod doch viel leichter gewesen, als er
sich denselben vorgestellt, er freute sich, daß dieß nun über-
standen sei. In einem dichten Nebel zog er langsam hin,
immer nach oben getragen. Jetzt, sagte er zu sich, werden

sie den Leib begraben und da sah er auch schon unter sich
durch den Nebel hindurch die Kirche in tiefer Dämmerung,
die Kirche, zu deren Bau er fast über Vermögen beigesteuert,
er konnte hinein sehen durch das Dach, der ihm bekannte und
befreundete Pfarrer stand auf der Kanzel, er wußte, derselbe
hielt jetzt seine Leichenpredigt.

Aber wo bin ich? dachte er weiter, komme ich nicht
zu den Seligen? und nun fühlte er, wie er schneller hinauf-
getragen wurde ohne Beschwerde, als ob die leichte Luft ihn,
den noch leichteren, nach oben drängte. Es war in ihm
keine Empfindung des Schmerzes, aber auch kein Lustgefühl,
es war ein ruhiger, gleichförmiger Zustand. Um ihn her
wallte ein heller Nebel, der immer heller wurde. Jetzt fühlte
er, daß jenes Aufsteigen zu Ende war, er schaute um sich,
eine unermeßliche Weite lag nach allen Seiten um ihn her,
aber er war ganz allein in der weiten Unermeßlichkcit. Er
fühlte, daß er bewegungslos ruhte, daß er sich nach allen
Seiten hin bewegen könnte, aber er wußte nicht, wohin er
sich wenden sollte, es war eine lange, fast beängstigende Ein-
samkeit rings um ihn her. „Soll ich so allein bleiben in
Ewigkeit?" sagte er vor sich hin, „wo ist denn der Himmel
mit all den Seligen, mit all den Lobgesängen und dem Preise
Gottes?"

Da stand mit einem Male vor ihm eine hohe Gestalt,
wie die eines Menschen; das Angesicht war ernst und von
unsäglicher Ruhe. Zaghaft schaute er jene Gestalt an. „Prüfe
selbst," sagte die Gestalt mit ernster klangvoller Stimme,
„was Dir gebührt!" und neben der Gestalt hing jetzt eine
Wage mitten in dem freien Raum; es war Niemand, der sie
hielt, so wie auch jene Lichtgestalt frei mitten in dem Raume
stand. „Lege hinein Dein Gutes und Böses!" sagte die

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