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Die Leichenräuber.
Einer zu solch gefährlicher Aufgabe gefunden, wäre rettungslos
verloren gewesen. Weppels und Glassys Aussagen, die fast zu-
sammen und bald nach Josy cintrafen, vermehrten nur noch die
Bestürzung, da sie die erst gehörte Unglückskunde nicht allein
bestätigten, sondern sogar noch hinzufügten, daß sie den ganzen
Stamm und zwar mit den Kriegsfarben bemalt gesehen hätten,
— wonach Waterton also das Aeußerste erwarten durfte.
Shark betrauerte man als erstes Opfer der Rache, denn
Josy hatte ihn, wie er fest und bestimmt behauptete, fallen sehen,
sich aber natürlich nicht weiter um ihn bekümmern können.
Auch die beiden Irländer wurden noch vermißt und man
konnte nicht anders glauben, als daß sie ebenfalls in die Hände
der im Hinterhalt lauernden Feinde gefallen wären, welche Be-
fürchtung sich um so mehr bestätigte, da bis Sonnenuntergang
am nächsten Tage keiner der Drei« in Waterton erschien, während
die Bewohner des kleinen Städtchens in wahrhaft fieberhafter
Austegung Alles hervorsuchten, was nur irgend als Waffe
dienen konnte, um dem in jeder Secunde erwarteten Angriff
und Ueberfall zu begegnen. Besonders steigerte sich gegen
Tagesanbruch am zweiten Morgen ihre Angst auf das Höchste,
da sämmtliche Stämme gewöhnlich in dieser Zeit aus ihrem
Hinterhalt hervorbrechen. — Aber siehe da, kein Ueberfall er-
folgte, die Sonne stieg still und majestätisch über den rauschen-
den Wipfeln der Bäume empor, und ihr Strahl fiel auf kein
wildes Blutvergießen, ihr ffeundliches Licht leuchtete keinem
mörderischen Angriff — ihr heiteres Auge sah auf keine rauchen-
den Trümmer und zuckende Leichen hernieder.
Die Zurückhaltung der Indianer wurde räthselhaft—der
Mittag verging — die Sonne neigte sich schon wieder ihrem Un-
tergang — kein Laut ließ sich hören, kein fremdes Wesen näherte
sich der Stadt. Da endlich — es fing schon an zu dämmern, —
wankte mit bleichem Antlitz und zerfetzten Kleidern, zum Tode
matt vor Hunger und Angst, Doktor Mac Bothcrme herbei,
und er, der noch gestern ein Gegenstand der höchsten Entrüstung
gewesen, da man nur auf seine Schultern die entsetzliche Gefahr
sämmtlicher Watertonisten wälzte, erschien ihnen jetzt wie ein
Erlöser, der sie von Furcht und Roth befreien konnte.
Mac Bothcrme konnte ihnen aber auch nur wenig Aus-
kunft und Trost geben — das, was er bezeugte, klang eben so
schrecklich, als sie cs sich in ihren wildesten Träumen gedacht.
— Er hatte den ganzen Wald voll Wilder gefunden —hinter
allen Bäumen waren sie vorgesprungen, im Fluß wie die Fische
herumgeschwommen, und nur durch ein Wunder konnte er ihnen
entgangen sein. Halbverhungert und im Walde verirrt war ihm
zuletzt das Leben selbst eine Last geworden, und er hatte, als
er endlich einen bekannten Weg fand, beschloffen, nach Water-
ton zurückzukehrcn, mochten es nun die Indianer zerstört haben
oder nicht.
Da — während noch Alle um den Doktor g-schaart stan-
den und mit ängstlicher Spannung seinen Worten lauschten,
meldeten die indcsten ausgestellten Wacy?n einen auf dem Fahr-
weg herankommend-n einzelnen Wanderer, in dem Josy bald
darauf zu seinem unbegrenzten Erstaunen den für todt gehaltenm
Shark erkannte. Aber großer Gott, wie sah der aus — bei-
nahe sechsunddreißig Stunden hatte er den Wald in wilder
Angst durchstreift, und brach auch, als sich die Freunde um ihn
sammelten, erschöpft und bewußtlos zusammen. Unter guter
Pflege erholte er sich zwar in kurzer Zeit wieder, seine Aussage
stimmte dann aber auch haarklein mit der des Doktors überein,
und es blieb nun keinem Zweifel mehr unterworfen, daß ihre
Stadt und sie selbst von den Indianern bedroht gewesen, diese
jedoch wahrscheinlich aus Furcht vor der Rache der Weißen
einen ernstlichen Ueberfall unterlassen hätten.
Der Doktor wollte nun allerdings misten, wie es käme,
daß so viele Männer von Waterton an jenem Abend im Wald
gewesen seien, darüber beobachteten aber die dabei Betheiligten
ein wirklich musterhaftes Schweigen, und da auch Pattik O'Fla-
herti verschwunden blieb, so dauerte es eine geraume Zeit, ehe
man es wagte, die Häuser und Familien wieder zu verkästen,
um jenen Grabhügel zu besuchen, auf dem fast ein Jeder die
Ueberreste eines vollständigen indianischenLagers zu finden erwartete.
Allerdings staunten sie, als sie hier keine Spur mehr von
Indianern entdecken konnten, denn sie waren mit Wehr und
Waffen ausgezogen den Feind zu bekämpfen. — Der Platz lag
noch so öde und still da, wie an jenem Abend, selbst Spaten
und Hacke und die Kleidungsstücke der beiden Leichenräuber deck-
ten, wie sie von ihren Eigenthümern hingeworfen worden, den
Boden — nur der Hügel selbst zeigte eine Veränderung. Das
Grab des Indianers war geöffnet — der Sarg erbrochen —
die Leiche — fort.
Wie die Wilden so spurlos verschwunden sein konnten und
was aus dem von ihnen selbst begrabenen Indianer geworden,
blieb Allen ein undurchdringliches Geheimniß — nur am Fluß
fand Josy die tief eingetretene Spur eines Moccastins, und die
an dieser Stelle weit hinausgewachsene Wurzel einer alten Sy-
comore machte es möglich, daß hier eine Eanoe gelegen haben
konnte. Das blieb freilich Alles nur Vermuthung, und da
sämmtliche an jener Scene betheiligte Personen in ihrer Schil-
derung, einen ganzen indianischen Stamm gesehen zu haben,
übereinstimmten, so zweifelte von dem Augenblick an Niemand
mehr an der Wahrheit des Berichteten. Patrik O'Flaherti und
Sip wurden für todt gehalten.
Patrik O'Flaherti und Sip waren aber keineswegs todt,
sondern hatten nur nach verschiedenen Richtungen hin ihre Flucht
genommen, und die Ansiedelungen, die sie zufällig erreichten,
durch ihre entsetzlichen Erzählungen in Furcht und Schrecken
versetzt. Sip kehrte erst nach vierzehn Tagen nach Waterton
zurück, Patrik aber wanderte, so schnell ihn seine Gliedmaßen
trugen, nach Vincennes und von da nach den östlichen Staaten
zurück, da er erklärte, „sein goldenes Haar nicht nach Illinois
gettagen zu haben, daß so ein verdammter rothfelliger Schurke
Staat damit machen sollte." Was aber Waterton anbetraf, so
erwähnte er von der Zeit an nie den Namen der Stadt, ohne
dabei zu bemerken, das wäre auch noch ein Ort, in dem er
sein Glück könnte gemacht haben, wenn ihn nicht die Indianer
bei Nacht und Nebel überfallen, alles Lebende scalpirt, und die
Die Leichenräuber.
Einer zu solch gefährlicher Aufgabe gefunden, wäre rettungslos
verloren gewesen. Weppels und Glassys Aussagen, die fast zu-
sammen und bald nach Josy cintrafen, vermehrten nur noch die
Bestürzung, da sie die erst gehörte Unglückskunde nicht allein
bestätigten, sondern sogar noch hinzufügten, daß sie den ganzen
Stamm und zwar mit den Kriegsfarben bemalt gesehen hätten,
— wonach Waterton also das Aeußerste erwarten durfte.
Shark betrauerte man als erstes Opfer der Rache, denn
Josy hatte ihn, wie er fest und bestimmt behauptete, fallen sehen,
sich aber natürlich nicht weiter um ihn bekümmern können.
Auch die beiden Irländer wurden noch vermißt und man
konnte nicht anders glauben, als daß sie ebenfalls in die Hände
der im Hinterhalt lauernden Feinde gefallen wären, welche Be-
fürchtung sich um so mehr bestätigte, da bis Sonnenuntergang
am nächsten Tage keiner der Drei« in Waterton erschien, während
die Bewohner des kleinen Städtchens in wahrhaft fieberhafter
Austegung Alles hervorsuchten, was nur irgend als Waffe
dienen konnte, um dem in jeder Secunde erwarteten Angriff
und Ueberfall zu begegnen. Besonders steigerte sich gegen
Tagesanbruch am zweiten Morgen ihre Angst auf das Höchste,
da sämmtliche Stämme gewöhnlich in dieser Zeit aus ihrem
Hinterhalt hervorbrechen. — Aber siehe da, kein Ueberfall er-
folgte, die Sonne stieg still und majestätisch über den rauschen-
den Wipfeln der Bäume empor, und ihr Strahl fiel auf kein
wildes Blutvergießen, ihr ffeundliches Licht leuchtete keinem
mörderischen Angriff — ihr heiteres Auge sah auf keine rauchen-
den Trümmer und zuckende Leichen hernieder.
Die Zurückhaltung der Indianer wurde räthselhaft—der
Mittag verging — die Sonne neigte sich schon wieder ihrem Un-
tergang — kein Laut ließ sich hören, kein fremdes Wesen näherte
sich der Stadt. Da endlich — es fing schon an zu dämmern, —
wankte mit bleichem Antlitz und zerfetzten Kleidern, zum Tode
matt vor Hunger und Angst, Doktor Mac Bothcrme herbei,
und er, der noch gestern ein Gegenstand der höchsten Entrüstung
gewesen, da man nur auf seine Schultern die entsetzliche Gefahr
sämmtlicher Watertonisten wälzte, erschien ihnen jetzt wie ein
Erlöser, der sie von Furcht und Roth befreien konnte.
Mac Bothcrme konnte ihnen aber auch nur wenig Aus-
kunft und Trost geben — das, was er bezeugte, klang eben so
schrecklich, als sie cs sich in ihren wildesten Träumen gedacht.
— Er hatte den ganzen Wald voll Wilder gefunden —hinter
allen Bäumen waren sie vorgesprungen, im Fluß wie die Fische
herumgeschwommen, und nur durch ein Wunder konnte er ihnen
entgangen sein. Halbverhungert und im Walde verirrt war ihm
zuletzt das Leben selbst eine Last geworden, und er hatte, als
er endlich einen bekannten Weg fand, beschloffen, nach Water-
ton zurückzukehrcn, mochten es nun die Indianer zerstört haben
oder nicht.
Da — während noch Alle um den Doktor g-schaart stan-
den und mit ängstlicher Spannung seinen Worten lauschten,
meldeten die indcsten ausgestellten Wacy?n einen auf dem Fahr-
weg herankommend-n einzelnen Wanderer, in dem Josy bald
darauf zu seinem unbegrenzten Erstaunen den für todt gehaltenm
Shark erkannte. Aber großer Gott, wie sah der aus — bei-
nahe sechsunddreißig Stunden hatte er den Wald in wilder
Angst durchstreift, und brach auch, als sich die Freunde um ihn
sammelten, erschöpft und bewußtlos zusammen. Unter guter
Pflege erholte er sich zwar in kurzer Zeit wieder, seine Aussage
stimmte dann aber auch haarklein mit der des Doktors überein,
und es blieb nun keinem Zweifel mehr unterworfen, daß ihre
Stadt und sie selbst von den Indianern bedroht gewesen, diese
jedoch wahrscheinlich aus Furcht vor der Rache der Weißen
einen ernstlichen Ueberfall unterlassen hätten.
Der Doktor wollte nun allerdings misten, wie es käme,
daß so viele Männer von Waterton an jenem Abend im Wald
gewesen seien, darüber beobachteten aber die dabei Betheiligten
ein wirklich musterhaftes Schweigen, und da auch Pattik O'Fla-
herti verschwunden blieb, so dauerte es eine geraume Zeit, ehe
man es wagte, die Häuser und Familien wieder zu verkästen,
um jenen Grabhügel zu besuchen, auf dem fast ein Jeder die
Ueberreste eines vollständigen indianischenLagers zu finden erwartete.
Allerdings staunten sie, als sie hier keine Spur mehr von
Indianern entdecken konnten, denn sie waren mit Wehr und
Waffen ausgezogen den Feind zu bekämpfen. — Der Platz lag
noch so öde und still da, wie an jenem Abend, selbst Spaten
und Hacke und die Kleidungsstücke der beiden Leichenräuber deck-
ten, wie sie von ihren Eigenthümern hingeworfen worden, den
Boden — nur der Hügel selbst zeigte eine Veränderung. Das
Grab des Indianers war geöffnet — der Sarg erbrochen —
die Leiche — fort.
Wie die Wilden so spurlos verschwunden sein konnten und
was aus dem von ihnen selbst begrabenen Indianer geworden,
blieb Allen ein undurchdringliches Geheimniß — nur am Fluß
fand Josy die tief eingetretene Spur eines Moccastins, und die
an dieser Stelle weit hinausgewachsene Wurzel einer alten Sy-
comore machte es möglich, daß hier eine Eanoe gelegen haben
konnte. Das blieb freilich Alles nur Vermuthung, und da
sämmtliche an jener Scene betheiligte Personen in ihrer Schil-
derung, einen ganzen indianischen Stamm gesehen zu haben,
übereinstimmten, so zweifelte von dem Augenblick an Niemand
mehr an der Wahrheit des Berichteten. Patrik O'Flaherti und
Sip wurden für todt gehalten.
Patrik O'Flaherti und Sip waren aber keineswegs todt,
sondern hatten nur nach verschiedenen Richtungen hin ihre Flucht
genommen, und die Ansiedelungen, die sie zufällig erreichten,
durch ihre entsetzlichen Erzählungen in Furcht und Schrecken
versetzt. Sip kehrte erst nach vierzehn Tagen nach Waterton
zurück, Patrik aber wanderte, so schnell ihn seine Gliedmaßen
trugen, nach Vincennes und von da nach den östlichen Staaten
zurück, da er erklärte, „sein goldenes Haar nicht nach Illinois
gettagen zu haben, daß so ein verdammter rothfelliger Schurke
Staat damit machen sollte." Was aber Waterton anbetraf, so
erwähnte er von der Zeit an nie den Namen der Stadt, ohne
dabei zu bemerken, das wäre auch noch ein Ort, in dem er
sein Glück könnte gemacht haben, wenn ihn nicht die Indianer
bei Nacht und Nebel überfallen, alles Lebende scalpirt, und die