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Memoiren aus dem Hofleben.

Aus den hintcrlaflcnen Papieren eines Kettenhunde».

„Mein Herr hatte mich lieb und hätte mich gerne be-
halten. Allein von seiner Liebe konnte ich nicht leben, und
im Grunde war es ein großes Glück für mich, daß ihm
seine Einkünfte nicht erlaubten, zwei Personen, nämlich sich
und mich zu ernähren, und daß er mich deßhalb verkaufen
mußte. Er bekam, glaub' ich, ein schönes Stück Geld, wofür er
sich wenigstens acht Tage lang vollständig satt essen konnte, und
ich erhielt die Aussicht auf lebenslängliches Sattessen, nämlich
einen Hofdienst mit der Zusicherung einer dereinstigen, ange-
messenen Pension, wenn ich treu und redlich diente, aber
zuletzt dienstunfähig werden sollte. Ich wurde nämlich bei
dem reichsten Bauer im Dorfe als Wachthund angestellt
und erhielt für die mit diesem Posten verbundenen Funktionen
neben meinen täglichen Revenüen an gutem und hinreichen-
dem Futter noch ein für mich ganz allein bestimmtes schönes
Brettcrhaus in meines neuen Herrn Hofe zur Amtswohnung.
Ueberdics wurde ich gleich anfangs mit einem recht hübschen
messingenen Halsbande und der dazu gehörigen Kette dckorirt.

Natürlich freute ich mich nicht wenig über mein Avan-
cement und war stolz auf mein Halsband und meine Kette.
Zu meiner Schande muß ich zwar gestehen, daß sich anfangs
dann und wann noch eine gewisse plebejische Sehnsucht nach
der Freiheit in mir regte, deren ich bei meinem srühcrn
Herrn genossen hatte; allein ich kämpfte gegen solche Ge-
müthsreguugcn wacker an. War jene Freiheit ja doch nur
die Freiheit eines Vagabunden ohne Halsband, ohne festes
Tractament, ja ohne festen Namen und Titel! Was will
eine solche Freiheit gegen das erhebende Bewußtsein sagen,
ein Hund in Amt und Würden zu sein? Zwar setzte es
zuweilen Fußtritte ab, und Verbalinjurien noch öfter, —
j denn mein Herr war ein wenig barsch — allein ich schüttelte

dergleichen kleine Unannehmlichkeiten in der Regel bald ab,
ja, gewöhnte mich zuletzt sogar dermaßen daran, daß ich sic
als die Würze des täglichen lieben Brodes anzusehen ansing.
Auch die Kinder des Hauses, die mich liebten, pufften und
zwickten mich oft viel zärtlicher, als vielleicht nöthig gewesen
wäre. Natürlich aber rechnete ich mir solche wchthucnde
Gunstbezeugungen zur Ehre an, und nahm sie mit schwanz-
wedelnder Dankbarkeit geduldig hin. Verdroß mich ja ein-
mal etwas von Seilen meiner Herren, an denen ich mich
nicht rächen durfte, nun, — so ließ ich dafür meinen Acrger
an den Gänsen oder Hühnern aus. Genug, ich fand an
dem Hoflebcn immer mehr Geschmack.

Jedenfalls war auch unser Ho-f einer der größten und
glänzendsten weit und breit. Einer der glänzendsten, denn
er wurde alle Tage von der Viehmagd oder dem Knechte
tüchtig abgefegt und mit reinem Wasser begossen, was wegen
des vielen Unraths, dem Höfe ausgesetzt sind, sehr noth-
wendig und nachahmungswerth ist. Mein Amt war eine
Art Cenfur oder Hofpolizei. Ich hatte darauf zu sehen,
daß sich nichts einschlich, was nicht hoffähig war, weder
Mensch noch Thier. Ließ sich etwas Verdächtiges blicken
— etwa eine fremde Katze oder ein Bettler — so erhob
ich gleich ein Gebell, als ob das Heil des ganzen HofcS
auf dem Spiele stünde. Ein guter Physiognom war ich,
das darf ich mir wohl selber nachrühmen; ich sah eö Menschen
und Thicren gleich am Nocke oder Felle an, ob ich sie wohl
hereinlassen durfte, und roch überhaupt die Hoffähigkeit wohl
eine Viertelstunde weit. Bei aller meiner Wachsamkeit
aber konnte ich doch eine Menge Schmarotzer und anderes
Gesindel nicht fern halten. Besonders ärgerte mich die
Zudringlichkeit der petito bourgeoisie, ich meine die kleinen


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