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186

Die Erfindung der Spitzenklöppelei.

Haus erreichen konnte und schwankend vor Ermattung der
kranken Mutter entgegcnfiel. Und als sie sich wieder erholt
hatte mit Hülfe der Mutter und nun nach der Ursache
ihrer Entkräftung in den Korb hineinsah: Himmel, da war
das Garn weg, aber statt seiner füllten schwere schimmernde
Silberbarren denselben. Barbara erzählte nun, was ihr am
Berge widerfahren, und die Mutter rief, die Hände zu-
sammenschlageyd:

i „Das hat Oromomossan, der Zwerg vom Schcibenberge,
und kein Anderer uns gethan. Der gütige Berggeist fei gelobet! “
Bald war Barbaras Glück im Dorfe bekannt. Aber
Niemand beneidete sie; denn sie war so gut und liebreich,
daß sie Jedermann liebte. Und bald versammelte sich um
sie ein Heer von Freiern. Ritter weit und breit huldigten
ihrer Schönheit, als Königin der Gegend. Reiche Kaufleute
rühmten ihre Anmuth und Jeder, der sie nur sah, bewarb
sich um ihre Gunst. Aber Barbara hörte nicht auf alle
! diese Huldigungen. Es war ihr, als ob Liebhold's Stimme
fetzt lauter denn je in ihrem Herzen rief: „Barbara Dein
auf ewig! und Du wolltest mich verlassen?" und sie lächelte
freudig in sich hinein, und die alte Liebe hatte ob gesiegt.

2.

Da vernahm man das Gerücht, daß die Sachsen und
| Böhmen geschlagen seien und daß der wilde Feind vorrücke.

> Rauchwolken und Aschenhaufcn verkündeten sein Annahen.

Alles floh' vor ihm. Und auch in Crottendorf suchte man
| Schutz im nahen Gebirgswaldc. Alles ging buntverworren
j durcheinander. Barbara, mit dem Fortschaffen der kranken,
hinfälligen Mutter besorgt, hatte an sich und an daö Ihrige
nicht denken können; erst im Scheibenbcrgerthale fiel es ihr
ein, daß der Korb mit Silber nicht gerettet worden. Sie
j eilte zurück zur Stadt; er war eine Beute der Ungarn ge-
worden, und mit ihm war ihr ganzes Glück dahin. Dieser
Verlust, der Gedanke an die neue drückende Armuth, die
andauernde schwere Krankheit der geliebten Mutter, der An-
blick der Verwüstungen rundum, die Besorgnisse um den
fernen Geliebten, dieses Alles erregte gewaltsam ihr Inneres,
j Und es ward ihr zu enge in der Thalhütte und zu enge im
Herzen. Sie mußte hinaus in das Freie, und eilte in daö
schöne Wiescnthal hinab, wo im Buschwerke aus dem Berge
ein krystallheller Quell entsprang, und hier warf sie sich
nieder, übermannt von dem Drange ihrer Gefühle, und
betete laut: „Oromomossan, gütiger Berggeist, der Du meine
Roth und meine Liebe kennst, Herr des Gebirges, schütze
Dein Kind! Nicht verlang' ich meinen verlornen Schatz, Du
hattest ihn mir gegeben, Du hast ihn genommen! Nein! nur die
Ruhe meines Herzens gieb mir wieder!" — Sie sprach's
und ihre Thränen fielen in den murmelnden Quell. Der
erbrauste und veredelte sich von Stund' an durch ihre
Thränen, und ist so zum heilbringenden Gewässer geworden,
von ihr den Namen des „Thräncnquellcs" führend.

Da vernahm sie Tritte hinter sich. Das Zweigwerk der
Büsche theilte sich, und vor ihr stand ein Mann mit einem Stelz-

fuß, den Arm in der Binde haltend, der tief in sich gekehrt auf den
Quell zuschritt. „Er ist's," rief Barbara, aus dem Grase auf-
springend. „Liebhold, mein Liebhold, Hab' ich Dich wieder!"

„Barbara, Dein auf ewig!" war die Antwort und
das Mädchen lag schluchzend vor Freude an dem treuen
Herzen ihres Geliebten.

„Ja, aus ewig Dein, Liebhold!" wiederholte die Jungfrau.

„Doch, sich mich zuvor recht an, Geliebte!" cntgegnete
dieser, eine Thräne verbergend. „So schmuck als ich vor
fünf Jahren von Dir ging, komme ich nicht wieder. Bin
zum Krüppel geworden, Barbara. Wirst mich mit vieler Mühe
warten müssen."

„Wie Du nur so sprechen kannst, Guter!" entgegnete
Barbara, fast unwillig. „Was thut die Fraucnhand wohl
lieber, als pflegen und warten? Was wohl mit mehr Stolz,
als dem treuen Kämpfer für Vaterland und Liebe treu
dankbar sein Leid zu lindern? — Ja, Liebholo, nun bin ich
erst recht stolz geworden auf Deine Liebe!"

Und Arm in Arm wandelten sie zu der kranken Mutter
zurück und diese vergaß bei der Freude des Wiedersehens ihr
eigenes Leid, und vereinte segnend daö Paar.

Aber arm, wie er alö Bergmann fortgezogen, war
Liebhold auch heimgekehrt. Durch seine Ankunft ward die
Noth des Hauses nur noch vermehrt, und die Kranke auch
mit jedem Tage kränker. Darum überredete Barbara ihren
Geliebten, den Scheibcubcrg hinaus zu steigen und die Hülfe
des mächtigen Berggeistes anzuflehen.

3.

Wohl ist der Fußsteig des Berges jetzt bekannt und
leicht erklimmbar. Andcr's war'ö zu jener Zeit. Seinen
Fuß umgaben blühende Roscngcbüsche, welche mit ihren
zahllosen Dornen eine undurchdringliche Mauer bildeten,
und wehe dem Sterblichen, der es gewagt hätte, sic mit
dem verbrecherischen Beile zu zerstören: unsichtbare Geister
drangen alsdann aus den Rosen mit Nadeln gegen den
Frevler an. Auf den grünen Rasenplätzen der mittleren
Bergcsregion sonnten sich bunte Schlangen, Verderbenbringend
jedem Wanderer, der nicht unmittelbar im Schutze des
Bergherrn stand, und böse Raubvögel horsteten auf der
Kuppe des Berges. Barbara kannte diese Gefahren aus
dem Munde deö Volkes, aber gleichwohl trat sie mit innerer
Zuversicht den gefährlichen Weg an. Die Rosensträuche,
zu Füßen deö Berges, neigten vor ihr die dornigen Zweige
zu Boden. Sie schritt mit ihrem Lieblinge durch, und eine
Taube umkreiste sie und schwebte als Wegweiserin voran.
Ehrerbietig wichen die Schlangen auö dem Wege. Da
senkte sich ein Muschelwagcn, von Schwänen gezogen, zu
ihnen hernieder. Die Taube flog voran und winkte mit
den schneeweißen Flügelein, und dem Schutze deö Berg-
geistes vertrauend, folgten die beiden Liebenden. Hoch zu
den Wolken stieg nun der Zaubcrwagen mit ihnen auf, und
hielt dann an der Nordscite deö Gipfels an. Donnernd
erbebte der Berg. Man stieg auö. Daö Täubchen schlug
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