Bestellungen werden in allen Buch- und Kunst-
- ... --- - . ~ „ Erscheinen wöchentlich ein Mal. L>ub,crrpt,ons-^^
Handlungen, sowie von allen Postämtern und preis für den Band von 26 Nummern 3 fl. 54 kr. ^ A-?J '
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Zeitungs expeditionen angenommen.
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od. 2 Rtblr. 5 Sgr. Einzelne Nummern 9 kr. od. 2'/- Sgr.
wie man Schriftsteller wird.
die ganze Einrichtung der Wohnung Nordhcim's. Wohl
stand noch in einer Ecke ein winziger, eiserner Ofen, aber cs
brannte kein Feuer darin und hatte schon lange kcinö mehr
darin gebrannt. Deßhalb herrschte auch eine feuchte Kalte
in dem Zimmer und die Eisblumen am niedrigen Fenster
blühten hier länger, als sonst eine Blume des Feldes, die
Immortelle ausgenommen. Daß dadurch die Aussicht ge-
hindert ward, war eben nicht besonders bcdaucrnöwerth; sie
hätte doch nur eine endlose Reihe verwitterter Ziegeldächer
und ein sehr kleines Stückchen des heute niit Schncewolken
behangenen Himmels gezeigt.
Heinrich Nordhcim saß in Gedanken vertieft am Tische.
Einige Bücher lagen aufgcschlagcn vor ihm. Als die Dämmerung
cingebrochen war, hatte er aufgehört zu lesen und war, den Kopf
in eine Hand gestützt, in tiefes Nachdenken versunken. Zuweilen,
wenn seine ärmliche Kleidung ihm die im Zimmer herrschende
Kälte besonders fühlbar werden ließ, richtete er sein Haupt
auf und zog schaudernd seinen Rock fester um den Leib;
dann warf er einen trüben Blick auf den Ofen und versank
wieder in sein früheres Nachsinnen.
Wie heute wohl alle Menschen, so dachte auch er an
Weihnachten. Er rief sich die Jahre zurück, da er den
heiligen Abend mit Eltern und Geschwistern froh verlebt
hatte und lächelte, wenn er daran dachte, wie er einst schon
von Michaeli an die Tage gezählt, die ihn noch vom heiligen
Abende trennten. Auch die Weihnachtsferien seiner ersten
Univcrsitätöjahre riefen schöne, anmuthige Erinnerungen in
ihm wach. Da hatte durch Wintersturm und Schneegestöber
der Postwagen ihn jedeSmal seiner nordischen Hcimath zuge-
führt. Aber seine Eltern waren jetzt tobt, seine Brüder weit
von einander getrennt, er selbst hatte seine Hcimath verlassen
und war viele hundert Stunden weit fortgczogen, um sich für das
Ein Weihnachtsabend oder:
Der Tag, der dem
schönsten aller Feste, Weih-
nachten, vorauSging, neigte
sich seinem Ende zu und
verwandelte sich in den
schönsten aller Abende, den
heiligen Abend. Auf dem
weiten Erdenrund, so weit
der Glaube an Denjenigen
reicht, der vor fast zweitau-
send Jahren ani heutigen
Abende als hülfloses, neuge-
borenes Kind, sein großes
Werk zu beginnen, auf die
Welt gekommen war, so
weit erscholl heute wieder
froher Jubel, der Ausdruck
der reinsten, ungetrübtesten
Freuden. Ueberall festliche Feier, überall Frohlocken! —
Nein, nicht überall.
Im Dachstübchen eines düsteren Hauses in einer der
entlegensten Gassen der Residenz saß, als eben der heilige
Abend anbrach, Heinrich Nordhcim. Ein jeder, der in das
Zimmer cingctrcten wäre und bei dem düsteren Dämmerlichte,
das in demselben herrschte, daö kahle Stübchen und den Be-
wohner desselben betrachtet hätte, würde sofort zu der Uebcr-
zeugung gekommen sein, daß der heilige Abend hier recht
trübe und freudenleer zugebracht werden würde. Ein dürf-
tiges Bett, ein Schrank von einfachem Holze roh gearbeitet,
und ein Tisch, auf dem wenige, allem Anscheine nach
stark gebrauchte Bücher zerstreut umherlagen — das bildete,
rechnet man noch zwei altersschwache Strohsessel hinzu,
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- ... --- - . ~ „ Erscheinen wöchentlich ein Mal. L>ub,crrpt,ons-^^
Handlungen, sowie von allen Postämtern und preis für den Band von 26 Nummern 3 fl. 54 kr. ^ A-?J '
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Zeitungs expeditionen angenommen.
|Ul Utll <;whv vvn '-v - w w ...
od. 2 Rtblr. 5 Sgr. Einzelne Nummern 9 kr. od. 2'/- Sgr.
wie man Schriftsteller wird.
die ganze Einrichtung der Wohnung Nordhcim's. Wohl
stand noch in einer Ecke ein winziger, eiserner Ofen, aber cs
brannte kein Feuer darin und hatte schon lange kcinö mehr
darin gebrannt. Deßhalb herrschte auch eine feuchte Kalte
in dem Zimmer und die Eisblumen am niedrigen Fenster
blühten hier länger, als sonst eine Blume des Feldes, die
Immortelle ausgenommen. Daß dadurch die Aussicht ge-
hindert ward, war eben nicht besonders bcdaucrnöwerth; sie
hätte doch nur eine endlose Reihe verwitterter Ziegeldächer
und ein sehr kleines Stückchen des heute niit Schncewolken
behangenen Himmels gezeigt.
Heinrich Nordhcim saß in Gedanken vertieft am Tische.
Einige Bücher lagen aufgcschlagcn vor ihm. Als die Dämmerung
cingebrochen war, hatte er aufgehört zu lesen und war, den Kopf
in eine Hand gestützt, in tiefes Nachdenken versunken. Zuweilen,
wenn seine ärmliche Kleidung ihm die im Zimmer herrschende
Kälte besonders fühlbar werden ließ, richtete er sein Haupt
auf und zog schaudernd seinen Rock fester um den Leib;
dann warf er einen trüben Blick auf den Ofen und versank
wieder in sein früheres Nachsinnen.
Wie heute wohl alle Menschen, so dachte auch er an
Weihnachten. Er rief sich die Jahre zurück, da er den
heiligen Abend mit Eltern und Geschwistern froh verlebt
hatte und lächelte, wenn er daran dachte, wie er einst schon
von Michaeli an die Tage gezählt, die ihn noch vom heiligen
Abende trennten. Auch die Weihnachtsferien seiner ersten
Univcrsitätöjahre riefen schöne, anmuthige Erinnerungen in
ihm wach. Da hatte durch Wintersturm und Schneegestöber
der Postwagen ihn jedeSmal seiner nordischen Hcimath zuge-
führt. Aber seine Eltern waren jetzt tobt, seine Brüder weit
von einander getrennt, er selbst hatte seine Hcimath verlassen
und war viele hundert Stunden weit fortgczogen, um sich für das
Ein Weihnachtsabend oder:
Der Tag, der dem
schönsten aller Feste, Weih-
nachten, vorauSging, neigte
sich seinem Ende zu und
verwandelte sich in den
schönsten aller Abende, den
heiligen Abend. Auf dem
weiten Erdenrund, so weit
der Glaube an Denjenigen
reicht, der vor fast zweitau-
send Jahren ani heutigen
Abende als hülfloses, neuge-
borenes Kind, sein großes
Werk zu beginnen, auf die
Welt gekommen war, so
weit erscholl heute wieder
froher Jubel, der Ausdruck
der reinsten, ungetrübtesten
Freuden. Ueberall festliche Feier, überall Frohlocken! —
Nein, nicht überall.
Im Dachstübchen eines düsteren Hauses in einer der
entlegensten Gassen der Residenz saß, als eben der heilige
Abend anbrach, Heinrich Nordhcim. Ein jeder, der in das
Zimmer cingctrcten wäre und bei dem düsteren Dämmerlichte,
das in demselben herrschte, daö kahle Stübchen und den Be-
wohner desselben betrachtet hätte, würde sofort zu der Uebcr-
zeugung gekommen sein, daß der heilige Abend hier recht
trübe und freudenleer zugebracht werden würde. Ein dürf-
tiges Bett, ein Schrank von einfachem Holze roh gearbeitet,
und ein Tisch, auf dem wenige, allem Anscheine nach
stark gebrauchte Bücher zerstreut umherlagen — das bildete,
rechnet man noch zwei altersschwache Strohsessel hinzu,
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Ein Weihnachtsabend, oder: wie man Schriftsteller wird"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)