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Handlungen, sowie von allen Postämtern und H 6 EE« preis für den Band von 26 Nummern 3 fl. 54 kr. ' *° ?ao-

Acitnngsexpeditionen angenommen. ^ “ ob. 2 Rthlr. 5 Sgr. Einzelne Nummern 9kr. od. 2'/- Sgr.

Ein vergilbtes Blatt.

(Fortsetzung.)

„Ach, lassen Sie das, lieber Weilmann," unterbrach ihn
Werner trübe lächelnd, „die Sache liegt einmal so, ich fühle
auch, daß mir Herr Rührmann nicht wohl will, aber was
ist da zu machen? Ich kann es nicht ändern, muß mir seine
Behandlung also gefallen lassen" —

„So, gefallen lassen," rief in diesem Augenblicke eine
kräftige Stimme hinter Werner, „na, Narr genug sind Sie
dazu! Morgen!"

Die Thür hatte sich, während Werner gesprochen, un-
hörbar geöffnet und so hatte der Hereintretende die letzten
Worte gehört und seine Bemerkung darüber machen können.

Es war ein junger Mann von Werners Alter, mit
blühendem Gesicht und keckem Wesen.

„Ah, guten Morgen Silberg," rief ihm Wcilmann
entgegen, „schon da?"

„Ja, schon," entgegnete Silberg, seinen Havclok ab-
werfend, „mein Wirth hat mich zu früh wecken lassen. Ist
unser werthgeschätzter Herr Chef noch nicht gegenwärtig?" Er
hatte bei diesen Worten ein elegantes Cigarrenetuis hervor-
gezogen und brannte sich nach sorgfältiger Durchsicht seines
Vorraths eine Cigarre an.

„Kann ich dienen?" fragte er dann, den beiden Herren
das Etuis hinreichend.

Diese verbeugten sich dankend.

„Ah," lachte Silberg, „Gebrauchen im Geschäft nicht,
Herr Rührmann ist etwas engbrüstig und kann den Rauch
nicht vertragen, obgleich er selbst raucht. Na, nehmen Sie
sich Eine für später, die Sorte ist gut, ich habe sie mir neu
angcschafft. — Aber wir kommen vom Thema ab," unterbrach
er plötzlich seine Tirade, „ich fragte Sie, Herr Werner,

warum Sie sich die Grobheiten des Prinzipals, womit er
Sie täglich bedient, so geduldig gefallen lassen."

Werner richtete sich ans. Eine feurige Rothe überzog
sein bleiches Gesicht. „So will ich es Ihnen denn sagen,
weshalb," entgegnete er hastig, „um ein für alle Mal dieser
Frage, die Sic füglich an mich stellen können, enthoben zu sein.
Was ich Ihnen jetzt mittheile, ist eigentlich Familienangelegen-
heit, doch kenne ich Sie ja Beide und weiß, daß Sie keinen
Mißbrauch mit dieser Mittheilung treiben werden. Was Sie
wohl wissen werden, meine Herren, ist, daß mein seliger Vater
ein Compagnon des Herrn Rührmann war. Die Beiden
hatten an einem kleinen Orte, wenige Meilen von hier, ein
Colonialwaarengcschäft. Als mein Vater auf seinem Sterbe-
bette lag, ließ er Herrn Rührmann zu sich rufen, und dieser
mußte ihm versprechen, seinem Weibe und seinen beiden Kindern
ein treuer Freund zu bleiben. Ob und in wieweit Herr
Rührmann in meiner frühesten Jugend sein Versprechen erfüllt
hat, weiß ich nicht, da ich begreiflicherweise zu klein war, um
darauf zu achten, und meine Mutter trotz meiner Bitte bis
jetzt noch nichts darüber mitgetheilt hat. Nur so viel kann
ich Ihnen sagen, daß wir nicht an jenem Orte geblieben
sind, sondern zu einer Nichte meiner Mutter zogen und dort
sehr einfach lebten. Trotzdem wurde an meiner und meiner
kleinen Schwester Erziehung Nichts gespart. Ich besuchte bis
zu meinem neunzehnten Jahre eine höhere Schule, da ich
Doktor werden wollte. Aus Gründen, die ich jetzt nicht
weiter darlegen will, änderte ich jedoch diesen Entschluß; ich
beabsichtigte, Kaufmann zu werden. Meine Mutter wandte
sich an Herrn Rührmann, der inzwischen, durch eine Erbschaft
sehr vermögend geworden, in hiesiger Stadt ein Engrosgeschäft

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