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2 Umsonst! es heißt ja: der Prophet

Gilt nichts zu Hause. Die Herren nicken
Und träumen unter den Wolkenperrückcn,

Und lassen dem Teufel freie Hand;

Die Speckwänste die! S' ist eine Schand,

Sitzen im Rathsaal, Austern zu dau'n.

Statt wachsam in die Zukunft zu schau'n.
tzuos ego — ich schüttle den Staub vom Fuß',
Wer nicht hört, sicher doch fühlen muß. —

Ihr lacht? Ei ja, ihr habt Grund zu lachen
Ihr, deuen mit aufgesperrtem Rache»

Euch zu verschlingen wie Krautsalat
Das nie gesättigte Unthier naht.

Hm, oder wäret ihr so gar bornirt.

So gar vernagelt und finnverwirrt.

Und wäbntet, der grimme Leviathan
Rähm' nur uns Juristen auf den Zahn?

Ihr Thoren, ihr dreifach blinden Thoren!

Euch Allen ist das Verderben geschworen:

Euch Allen droht der Vernichtungökampf,

Das Scheusal mit Hunger, Wasser und Dampf.

Herr Hofrath, geben dem Hippokrat,

Der Doktorwürde, dem Physikat,

Der golb'nen Prari- Sie straks Valet:

Fortan ist unser Arzt — die Diät.

Und du mit dem Pillen- und Salbcnkram,

Der neun und neunzig vom Hundert nahm,

Was wird's mit dir, heilloser Prasser,

Purgiren die Kranken sich mit Wasser?

Herr Pastor, ich rathe, lassen Sie's bleiben.

Noch weiter ein Predigtbuch zu schreiben:

Ihr ftommeö Werk wird Makulatur,

Man liest Ikömoire» und äl^slcres nur.

Poeta Sperling, dein Lorbeer entblättert;

Horch, wie'S im Patterre tobt unk wettett:

»Fort Genovefa, fort Nepomuk —

'ne Gutzkowiade, neu TenfelSspuck."

Herr Haupkmann, »ddio Gage und Ruhm!

S' ist Amen mit dem Soldatenthum:

Man hat die Schießbaumwolle erfunden,

Die zersprengt die Armee in zwei Sekunden,

Herr Nachbar Brauer, Gevatter Färber,

Freund Bäcker, Freund Weber, Herr Vetter Gerber.
Kurz wie ihr im Hebregister steht.

Ehrsame Meister von A bis Z,

Euch prophezeih' ich gold'ne Tage,

Erlösung von aller Müh' und Plage,

Ein Ding, als welches man hier zu Land
Seither in den Küchen nur gekannt,

Ei» Wunderding ohne Kopf und Steiß
Der Damvf erspart euch der Hände Fleiß.

Er knetet den Teig, er braut das Bier.

Kutschirt durch die Welt den Passagier,

Webt Stoffe wie man sie nimmer sah,

Druckt Bücher, gerbt, ei caelera. —

Nud ihr schaut dann in guter Ruh
Des Leichnam'S pflegend, dem Treiben zu.

Juchheisa! das gibt ein Schlaraffenleben! —

Doch sachte! eö steckt ein Häckchen neben.

Wißt, Unglücksel'ge, der Patton

Nimmt mit der Arbeit euch auch den Lohn.

Dann stopft den Magen mit Braten und Wurst,
Dann löscht mit Salvatorbier den Durst,

Dann führt des Sonntaq's die Frau zum Wein!
Prost Mahlzeit! 'S bleibt euch der Schnabel rein.
Herr Schmalhans quartiert sich in Küch' und Keller,
Zerschmeißt euch schadenftoh Krüg' und Teller.

Und grinst zum Segen: „Contenti estote!

Begnügt euch mit Wasser und RcpSkuchenbrote."

Run lacht ihr nicht? — Es will mich bedünkcn,
Ihr laßt gemachsam die Flügel sinken;

Als hält' cuch'S ein Zauber angethan,

Glotzt ihr wie Steingebilde mich an,

Die Blicke starr, die Mäuler offen.

He, ist der wunde Fleck gettoffen?

An punctum neu tetigi?

Gelt, ich versteh' Psychologie?

Weiß, wo des Menschen Seele sitzt?

O Wanst! so rund und stattlich itzt.

So fcderhart, so wohlgenährt,

Freund! mir vor allen theuerwcrth,

Du, de» ich gepflegt mit treuer Wart,

Für den ich gelernt, getagwerkt, gespart!

Mein fettes Schneckchen! großgezogen
Vom Fische, dem zarten Sohn der Wogen,

Vom Vogel, der die Lust durchfleugt,

Vom THIere, das auf Erden kreucht-

Du, brr ! mich schüttelt «fig Grauen,

Du sollst nunmehr Kartoffeln bauen?

Sollst mir zum Schlottersack verdorren?

Ha! lieber wär' ich nie geboren.

Was immer lebt, das zeigt ein Sehnen
Sich mächtig im Raume auSzudehncn;

Das Reislein erwächst zur Dicke des Blocke,

Und aus dem Kalbe wird ein Ochö.

Die weise gütige Natur
Gab diesen Trieb der Kreatur.

Den Bauch hat sie in ein Fell gehüllt.

Das nie zerplatzt, wie sehr er schwillt.

Wozu das, hätte sie nicht gewollt,

Daß er fich'S bene machen sollt?

Doch was Natur! — die Natur ist alt;

So viel das Alte den Vätern galt,

So wenig gilt eö nach heut'gem Ton.

Der Bub' hört in rudimentis schon:

„Mußt sprechen, was alt ist, das ist dumm.

Mußt profaniren das Heiligthum,

Mußt die Geschichte ein Klatschweib schelten.

Willst als ein lumen mundi gelten."

Die Folgen? Ach die verspürt man leider,

Bei uns wie im Land der Otaheiter.

Die Zeitung gibt ja täglich zu lesen,

Was uns erblüht von solchem Wesen.

In Europa, Amerika, Asien,

Thut's buut drunter und drüber geh'n:

Meuterei von der Weichsel bis Portugal:

Lug, Trug und Elend allüberall.

Es gährt wie die Hefen im Märzenbier,

Der Komet prophezeiet Krieg und Quartier.

Der Kalender Blitz, Hagel und Donnerwetter.

Das Kind im Mutterleibe schreit Zeter. —

Ich frag' euch Leute, wer hat die Schuld
An all' dem umwälzenden Tumult?

Wer schuf aus der friedlichen altea Zeit
Eine himmelanstürmende Neuheit?

Wer sagt mir das, genau auf ei» Haar!

Die Sonne vielleicht? — Ei, Gott bewahr!

Die scheint bei Tag und nicht bei Nacht,

Wie sie's seit Anno Eins gemacht.

Der liebe Mond? — Ach beileibe nicht!

Der ändert viermal sein Angesicht,

Und wie er's immer und ewig gethan,

Fängt stets er mit dem Neulicht an.

Die Fischlein im Wasser? — Was fällt euch ein!
Sind stumm, und werden's Wohl allzeit sein;

Und wer nicht rasaunen und lärmen mag,

Der bleibt ein Tropf sein Lebetag;

Die Vögle!» im Wald? — Ach Herr Jemine!
Die pfeifen ihr Liedlein wie vor und eh'.

Sintemal sich nie das Mirakel gezeigt,

Daß sie Horn geblasen und Bratschen gegeigt.
Topp, so ist's der Esel? — Das wär mir neu!
Der ist zuftieden mit Disteln und Heu:

Man hat noch kaum gehört und gelesen.
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