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Aufforderung ain alle deutschen Jungfrauen.

Verehrlicht Ncdactiou!

Sie haben die Spalten Ihrer Blätter, namentlich in venerer Zeit, öfter
auch dem Kntze geöffnet. Gestützt hierauf sende ich Ihne» die nachfolgenden
Zeilen, von welchen ich hoffe, daß Sie ihnen di« Aufnahme nicht versagen
werde», da Sie dadurch das Lebensglück eines Mannes gründen können, der
sich vertrauensvoll an Sie wendet. Ich gehe ohne alle weitere Umschweife
znr Sache über.

Ich besitze in einer schönen Gegend im bayerischen Walde, umgeben von
Bergen und schönen Wiesen, durchschlängelt von einem rasch dahin flnthendcn
Strome, an dessen Usern sich noch altersgraue Ruine» ehemals glänzender
Schlöffer, als ehrwürdige Reminiscenzen einer längst vergangenen Zeit erheben,
ei» kleines Gebäude, zu groß um es ein Wohnhaus, zu klein aber um es ei»
Schloß zu neunen. Nur wenige Gemächer des mit Ephe« und wildem Wet»
übersponnenen, thurmähnlich aus felsigem Gesteiu sich erhebenden Gebäude«,
find wohnlich, an den andern hat der Zahn der Zeiten seine volle Macht geübt,
und der Sturm weht durch die Gemächer, in welchen einst edle Geschlechter
glänzende Feste begingen. Hof und Garten, welche die crenelirten Ringmauern
umschließen, tragen das melancholische Gepräge de« Alters, der prachtvolle
Springbrunnen ist versiegt und liegt theilwei« in Trümmern am Boden und j
wilde Schlingpflanzen umklammern die ehrwürdigen Eichen und Tannen, dcre»
Häupter unter dem Balkone rauschen, aus dem wohl einst meineAhnftau dem
heimkehrenden Gemahle mit wehendem Schleier entgegeuharrte. — Das ist
das Erbe, welches mir meine Ahnen hinterlaffen, der einzige jetzt werthloseste
Edelstein aus dem reiche» Diademe, welches st« einst besaßen, das letzte Asyl

des letzten Sprößlings eines berühmten, vom Sturme der Zeit
gebeugte» Geschlechtes. Hier hause ich allein in dem kräftigsten
Alter des Mannes. — Früh hinausgestoßen in die Welt, suchte
meine thatendurstige Seele, kaum an der Schwelle des Jüng-
lingSalterS augelangt, mit Ungeduld das Feld der Ehre. Ich
eilte nach Frankreich, ließ mich unter die Fahnen der 6linsseurs
d’Afrique anmelden und bald trotzte ich vor den Wällen von
Constantine dem mörderischen Feuer der Afrikaner. An Damre-
montS Seite streckte mich eineKugel zu Boden, der rechte Arm
war mir zerschmettert. Unter unsäglichen Schmerzen ward ich
nach dem Feldspitale traosportirt, zwar geheilt — aber mein Arm
blieb gelähmt, der Weg zur ferneren kriegerischen Laufbahn ver-
schloffen und mit inniger Wehmuth kehrte ich nach Europa zurück, j
um in stiller Zurückgezogenheit meiner Wunden zu pflegen. —

Jetzt erwacht in meinem Inner» mit verzehrender Macht das
nie gekannte Gefühl des Alleinseins — ich suche eine Seele,
die mit mir und für mich lebt — ich strebe nach einem Wesen, \
was mein bescheidnes ErdenlooS theilt — was lebt und webt
in und mit mir — ich suche — ei» Weib. — Ein gutes Weib
zu finde», ist das größte LooS in der Lotterie des Lebens.
Dieser wahre Spruch führt mich auf den Versuch, auf dem
Wege einer Lotterie die Gefährtin zu finde», welche mein
Herz so heiß ersehnt. Nach reiflicher Erwägung entwarf ich
den Plan z» diesem Spiele und ich übergebe ihn hiermit der
Oeffentlichkeit und richte zugleich an alle Jungfiauen Deutsch-
lands (denn »nr eine Deutsche soll mein Weib sein) die Bitte,
sich bei meinem Vorhaben zu betheiligen.

Ich gebe fünfhundert Loose au«, ein jedes zu hundert
Gulden R. W.

Jede Theilnchmerin hat gegen Erlag dieser kleinen Summe
die Anwartschaft auf den Gewinn — nämlich mich — und ich darf
es wohl auszusprechen wagen, die sichere Hoffnung, an der
Seite eines liebenden Gatten ein glückliches harmloses Dasein
zu erlangen.

Die Ziehung geschieht am 1. Januar 1848, im Beisein
einer gehörig legittmirten Commission.

Sobald das Loos entschieden, stelle ich mich der Dame
meines Herzens vor, um sie nie mehr zu verlasse». Sollte je-
doch. — ich will keinem Herzen Gewalt anthun, das Schicksal so
entscheiden, daß meine Person der Dame nicht geeignet schiene, !
da« unauflösliche Band der Ehe einzugehen, oder andrerseits
ich selbst da« Ideal meiner Träume nicht in der Gewinnenden
»erwirklicht sehe», — so soll die Gesammtsumme von 50,000 fl.,
welche da« Resultat der 500 Loose sein würde, unter uns ge- ;
theilt werde» — die Dame wäre im Besitze einer Summe von
25,000 fl. ftei — ich aber würde mit der andern Hälfte den
unglücklichen Ansgang des gewagten Spieles in der Einsam-
keit meine« väterlichen Erbes betrauern.

Ich lege der verehrlichen Rcdactiou mein Portrait bei, um
cs von gewandter Hand copiren zu lassen und beizusetzen. Möchte
das wohlgetroffene Bild recht viele holde Jungfrauen veranlassen,
auf die schwärmerische Idee eines Mannes cinzugeheu, der ja
weiß, daß e« mitten in der jetzigen, jeder Poesie beraubten Zeit
noch Frauen gibt, die dem Seltsamen und Abenteuerlichen hold,
kühn nach den Würfeln greisen, welche ihnen ein muthiger, ent-
schlossener Mann frei und offen zum Spiele reicht.

Briefe und Gelder werden unter der Adresse „An Arthur
von Löwenhorst" durch dieRedaclion der flieg. Blätter erbeten.

Redactton: Casp. Braun u. Kr. Schneider. — München, Verlag von Braun ös Schneider.— Druckv. Dr. C.Wolf iuMnnchen,
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"Aufforderung an alle deutschen Jungfrauen"
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Fliegende Blätter
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

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München

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Fund/Ausgrabung

Provenienz

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Sammlung Eingang

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Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Lediger <Motiv>
Karikatur
Satirische Zeitschrift
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Künstler/Urheber (GND)
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Digitales Bild
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Public Domain Mark 1.0
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Fliegende Blätter, 5.1847, Nr. 105, S. 79
 
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