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Güterzertrümmerer.

„Weiß Gott! ein Meisterstück aus der guten alten Zeit!"
rief er dann, erschöpfte stch im Lob der Kette, und ftagte zu-
letzt: „Was soll fie kosten?"

„Was ist fie werth?" fragte Lämmle, und wieder corre-
spondirten seine Füße unter dem Tisch mit denen SchmulS

— so hieß der andere Jude.

„AS mer Gott beisteh," entgegnete Schmul, „ich weiß die
schaine Fayon nicht zu schätzen recht. Zehn Luckerdor geb ich

— könnt ers geben? — gebt ers?"

„'s ist weiß Gott kein Unbot," meinte Sammle, „aber ich
kann net — wahrhaftig ich kann net! 's ist Schad, wenn die
Staatskette kommt in die Unrechten Hand'. Maierbauer, hört,
daS wär eppes für Eure Bäurin — das war a Christkindle!"

Der Maierbauer nahm die Kette, besah fie wohlgefällig
und lächelte.

„Nun, user, was bestnnt Ihr Euch. Eure blanke, schöne

junge Frau, wirv sie wohl werth sein diese Kette von Gold?

Nehmt sie! nehmt sie! Macht a Freud der Bäuerin, denn wenn
mer hat keine Freud, so werv mer traurig und sterbt mer!"

.Run, was soll sie denn recht kosten, die Kette?" fragte
der Maierbauer, der nicht abgeneigt schien, seinem Weibe eine
Freuve machen zu wollen, das er sehr liebte und mit der er
bis jetzt stets glücklich unv zufrieden gehaust.

„Hundert dreißig Gülden," anlwortete Schmul — „'s ist
weiß Gott nicht zu theuer; denn vie Kette ist schwer und das
Gold hat achtzehn Grad'."

Der Maierbauer wog nun vie Kette aus der Hand, besah

sie von allen Seiten und reichte fie rann mit den Worten

> wieder zu Lämmle hinüber: „DaS ist mir zu theuer, auch

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habe ich, wenn ich die Kette wirklich kaufen wollte, nicht so
viel Geld bei mir."

„Der Maierbauer ist mir gut für tausend solche Ketten!"
lachte Lämmle, schob die Hand desselben zurück und sagte:
„Wenn Ihr mich wollt nicht beleidigen, so steckt fie ein die
Kette. Wir werden schon wieder einmal kommen zusammen."

Der Landmann, den daS Benehmen des listigen Schacherers ,
in Erstaunen setzte, zögette, und als nun Lämmle aufstanv
und ihm mit eigener Hand die Kette in die Tasche seiner Jacke
schob, so war der schlichte Bauer nahe daran, böse zu werden.
Der Jude, dies gewahrend, klopfte ihm auf die Schulter unv
sagte: „Ich mach mir d'rauS eine Ehr mit Euch zu handeln;
auch will ich kein baar Geld. Ihr habt doch manchmal a
feiles Huiserla, a OechSlich, a Kühlich oder a Hämmelich?
Wir kommen schon in's Reine — weiß Gott, da ist mer'S
net bang'."

„Nun meinetwegen," lachte der argwohnlose Maierbauer,
„es gibt fast immer etwas Feiles in meinem Stall; wenn Ihr
aber baar Geld vorzieht, so kommt nur nach den Feiertagen,
denn ich bleibe nicht gerne etwas schuldig."

„Stolzer Mann! Kapitaler Mann!" lächelte Lämmle, mit
einschmeichelnder affekrirter Bewunderung den Bauern betrach-
tend, der jetzt eine Pfeife aus der Tasche zog, ste stopfte, an-
brannte und zu rauchen begann.

„Aber Maierbauer! schämt Ihr Euch nicht?" rief da Lämmle
plötzlich, verwundernd in die Hände klatschend. „Ein Mann
wie Ihr, der allgemein in hauhem Ansehen steht, den mer
respektirt unv vor dem mer zieht den Hut, wie könnt Ihr
rauchen aus einem solchen schlechten Holzkopf?"

„Ei, ich bin kein Windreißer, und laß das den Schwänk-
machern über, die durch den Schein die Leute zu blenden
suchen und auf Betrug ausgehen."

„Gescheidter Mann! Tiefer Denker!" schwatzte der Jude, die
vorige Verwunderung affektirend. „Solche Grundsätz find solid!
solche Grundsätz' find baar Geld! Doch lieber Mann, man
kann auch treiben'die rechtlichsten Grundsätz' zu weit. Ihr
seid angezogen blank und sauber, tragt fein silberne Knöpf auf
Jacke und Weste, und da paßt nun der schlechte Holzkopf nicht
dazu." Dabei zog er eine Meerschaumpfeife mit schwerem Be-
schläg — ob Silber oder Neustlber, das war nicht zu unter»
scheiden — aus der Tasche, stopfte fie behende, brannte einen
FidibuS an und reichte Beides dem Bauern, der verlegen seine
Pfeife weglegte und nun aus dieser zu schmauchen begann.

„Nun, wie schmeckt der Tabak — wie raucht fich'S aus
dem Kopf?"

„Der Tabak ist recht gut, und die Pfeife hat einen leichten
frischen Zug."

„Mein! ich glaub'« wohl," lächelte der Jude triumphirend,
erhob stch, griff nach Hut und Stock und sagte: „B'hüt Euch
Gott, Maierbauer. Nach den Feiettagen bin ich so frei und
besuch Euch, nicht aber um Zahlung für die Kette zu holen;
denn weiß Gott ich nehm von Euch kein baar Geld, son-
dern ich werd' nur kommen, um Euch zu der schämen Pfeif

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Güterzertrümmerer'"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Handel <Motiv>
Halskette
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 5.1847, Nr. 110, S. 107
 
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