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Güterzertrümmerer.

den heiligen Christ, der so viele schöne und gute Sachen
gebracht, ja nicht zu beleidigen.

Unter diesen Verheißungen der Kinder, deren Freuden fich
mit jedem Tage bei dem Wiederanstchtigwerden der Spielereien
erneuten, wie unter der fleißigen Förderung der Geschäfte,
schwanden dem Maierbauern und seiner Hausfrau die nächsten
Tage hin. Wochen verstrichen, Lämmle aber ließ fich noch
immer auf dem Bauerngute nicht sehen, was den Juden bei
dem Maierbauern in hohe Achtung stellte.

.Sagt man immer,' sprach er eines Abends, als er seiner
Hausfrau gegenüber saß, .die Juden seien mißtrauisch, und der
Lämmle, der noch nie mit mir gehandelt, läßt mir nun schon
fast einen Monat die goldene Kette, die dir so viel Freude
machte, ohne mich näher zu kennen und ohne mehr von mir
zu wissen, als daß ich der Maierbauer bin.'

.DaS dächte ich, sei genug," lächelte die Maierbäuerin ohne
Stolz, .und du darfst verstchert sein, Joseph, daß er einem
armen Manne die Kette nicht anvertraut hätte.'

,Ei, ich will'S wohl glauben,' lachte der Bauer überlaut,
.doch, was wollte jetzt der Jude machen, wenn ich ihm die
Kette geradezu abläugncte; denn es ist doch wahrlich keine Folge,
daß ich ein rechtlicher Mann sein muß, weil ich wohlhabend bin."

,Ei geh," sprach die Bäuerin schopfschüttelnd, .man kennt
dich als rechtlich, und so wird dich wohl auch der Jude kennen,
wenn auch nur nach dem Gerede der Leute. O, lieber Mann,
die Juden find nicht dumm, und ehe stch's unser einer versteht,
ist er von ihnen überlistet. Mein seliger Vater sagte oft zu
jungen Anfängern, die kurz erst verheirathet waren und wenig
zusammen brachten, fle möchten fich ja vor der Hülfe der
Juden in Acht nehmen, die am gefährlichsten seien, wenn fie
schön thun und lächeln, kurz er rieth ihnen, fie möchten fleißig
und sparsam sein und die Juden vom Hause ferne halten; denn
er meinte, wenn man einem solchen nur den Finger biete, so
erfasse er bald Hand und Arm und ziehe den ganzen Leib nach
fich. Sieh' Joseph, die Leute, die fich durch solche Reden war-
nen ließen, denen brachte ihr Fleiß Segen in's HauS; jene
aber, die von den Juden borgten, geriethen stets mehr in
Schulden, und bald gehötte Alles den verschmitzten Darleihern,
die die Verarmten auf die Gant brachten, und ihr Eigenthum
zertrümmerten. — Auf diese Weise,' redete die kluge
Bäuerin weiter, .bekam ich eine eigenthümliche Scheu vor
jedem dieser Schacherer. Ich thue zwar keinem etwas zu leid,
Haffe fie nicht, aber in meinem Hause sehe ich, aufrichtig ge-
sagt, einen Juden ungerne."

In diesem Augenblicke pochte eS an die Thüre, und auf
daS .herein" deS Maierbauern, schob fich die dicke Gestalt
deS Juden Lämmle in die Stube.

.Guten Abend bei einander," grüßte Lämmle, dem nicht
entging, wie die Bäuerin bei seinem Anblicke eine Bewegung
bestürzter Ueberraschung machte. Unter dem Arm trug er die
für den Bauern bestimmte Tabacksrolle, die zwischen fünfzehn
und sechzehn Pfund wiegen mochte. Er legte fie auf den
Boden, und schritt nun zu dem Tische her, an welchem die
Gatten saßen.

„Hält es Forcht, das
kleine Büble ?" lächelte
Lämmle, auf den Knaben
deS Bauern deutend, der
seinen Kopf schüchtern an
die Hüfte der Mutter
drückte. .Der Lämmle,"
schwatzte er zu dem Kinde
gewendet fort, .hat die
braven Kleinen lieb. Ei
wart! ich glaub ich Hab
was vor dich." Der Jude
suchte in den bauschigen
Taschen, zog einen Kukuk
auf einem kleinen Blas-
balge fitzend hervor, und
unter den Bewegungen
seiner Finger rief es nun
laut: Kukuk! Kukuk! Ku-
kuk ! Da lächelte der Knabe,
aus seinem Gefichte ver-
schwand die Scheu, er
streckte die kleinen Händchen nach dem Spielzeuge aus, und ließ
dann, munter auf- und niederhüpfend, seinen Kukuk rufen.

.Was kostet das Ding?" fragte die Bäuerin, die bei der
Freude deS Kleinen fich selbst eines Lächelns nicht erwehren
konnte.

„Schäme Frau, beleidigt mich nicht!" rief Lämmle. »Ich
bin ein Kindcrfreund,' und steck' immer so eppes für die Kinderle
bei. Guter Gott! was seid Ihr für eine glückliche Mutter?
was habt Ihr für herzige Kleine. Haben fie doch Bäcklich
wie Rosen, Haar wie Seide, und springen und hüpfen wie
junge Hersch! Mein — wie kann es aber sein anders?" rief
er jetzt, die grauen Augen auf das Gesicht der Bäuerin hef-
tend, „Frau, Ihr seid schain, weiß Gott, Ihr seid eine stattliche
Gestalt. Keine Prinzessin Hab ich noch so g'sehn! A Friseur
gibt Euch für Euer prachtvolles Haar a Luckerdor, und Euer
G'stcht — Euer schainer Leib — Euer runder Arm, und der
nette klane Fuß — nein ich schweig, mir mangeln die Aus-
drück' — ich find keine paffende Schildering! Glücklicher Maier-
bauer! Ihr habt da einen Schatz, den mer kann net schätzen,
den mer kann net bezahlen."

Bei diesen, in gleisnerischer Schmeichelei gesprochenen Wor-
ten, sah der Bauer sei» Weib, daS über und über roth wurde
lächelnd an, und sagte in liebevollem Tone: „Ja Lämmle, meine
ThereS könnte mir auch wirklich kein Fürst der Welt abkaufen."
Dabei reichte er dem immer verlegener werdenden jungen
Weibe die Hand, die ihm diese treuherzig hinbot, und drückte
fie herzlich.

Die junge Frau war gleich den Besten ihres Geschlechtes
nicht ganz von Eitelkeit frei; deßhalb nahm fie auch, obgleich
fie »rröthete, das Compliment des listigen Juden beifällig auf,
und ihr Gesicht, das bei dem Eintteten LämmleS eine unangenehme
Ueberraschung verrieth, zeigte diesem jetzt fteundlichere Züge.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Güterzertrümmerer"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Juden

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 5.1847, Nr. 111, S. 114
 
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