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Agnes, zur weißen Rose.
stadtfähndrich niesten, und dabei trug er doch nicht seine
graben Glieder in täglichem Streit zu Markte wie Jener,
der über kurz oder lang zum elenden Krüppel gemacht werden
konnte; waren doch schon ganz andere Kämpen in die Pfanne
gehauen worden oder verstümmelt heimgekommen! und über-
dies konnte der Stadtfähndrich ja der Agnes Vater sein, so
viel älter war er!
Der in der Laube flüsternde Wind vernahm auch heute
wiederholt die heiligsten Betheuerungen treuer Liebe und herz-
liche Küsse besiegelten den längst geschlossenen Bund, wobei
der Hagedorn oster in Agnes grünes Tuchmiedercheu pch ein-
häkelte, denn der Zaun, welcher Beide schied, war breit und dicht.
Tie Uhr der Klosterkirche zum heiligen Kreuz schlug
lk, als sich die Liebenden trennten. —
Wenige Wochen später saß Christian Abends in der
Unterstube der weißen Rose, vor sich einen hohen Zinnkrug
Gerstenbier, und plauderte mit andern Bürgern über tägliche
Dinge, als der Stadtfähndrich eintrat, steif grüßte, seinen
Mantel und Hut hinhing, und sein langes Schwert in die
^cke des Fensters zu den dort stehenden bürgerlichen Waffen
stellte. Er setzte sich dann dem Brauer gegenüber und nahm
-i-heil an der Unterhaltung. Wie gewöhnlich stellte ihm als
zukünftigen Eidam des Hauses Wennert eine große Kanne
Würzbier hin, welche allabendlich einige Mal geleert wurde.
Auch Agnes ging ab und zu, für jeden der Gäste hatte
bas liebe Kind freundlichen Blick und Wort; nur Christian
reichte sie ohne das gewöhnliche „Wohl bekomm's Euch" seinen
^eckelkrug hin, und, ja — mied ihn selbst anzuschauen, während
sie des Fähndrichs kühnen Blick recht gut auszuhalten wußte.
Christian hatte kürzlich Gelegenheit gefunden, den Pakhen
mit seiner Liebe bekannt zu machen, und dieser hatte ihm ver-
sprochen, den zähen Wennert zu bearbeiten. „Es wäre Jammer-
schade, wenn Agnes dieses Geizhalses Frau werden sollte!"
hatte der Alte gesagt. Jetzt befand sich Flemming mit andern
Rathsgliedern der Stadt im bekannten Nebenzimmer. Der
alte Bürgermeister hatte stets das Herz auf dem rechten ,
Fleck und Wennert alle Ursache, ihn nicht, wenn's ja zur
Sprache kam wegen Agnes Hand, mit einem Korb für den [
jungen Brauer abzuspeisen. Ungestüm pochte sein liebeglühend
Herz, und so oft Wennert aus dem Nebenzimmer' kam, suchte
er in dessen Zügen zu forschen, ob noch nichts von seiner
Herzensangelegenheit verhandelt worden. Agnes saß hinter'm
Schenkbord und warf manchen Blick unter den dunkeln Wim-
pern ihrer schönen Augen hervor, ihre beiden Freier betrach-
tend. Hoch wogte ihr Busen unter den Fesseln des Tuch-
mieders, und mancher Seufzer, der ihrer Liebe galt, entwand
sich dem gepreßten Herzchen.
Wie sollte das noch enden! Wo fand sich ein glück-
licher Ausgang aus dieser Trübniß?! All' ihre flehentlichen
Bitten, die sie Sonntags in der Kirche und allabendlich so !
oft zur gnadenreichen Mutter sandte, schienen erfolglos zu
bleiben; dennoch vertraute ihr liebend Herz auf des Himmels
Güte und ihren eigenen festen Willen.
Der Stadtfähndrich wußte längst, daß Brauer Mumme
sein Nebenbuhler war. und öfter hatte er ihn Nachts zu
seinem fernen Garten wandeln sehen, und noch mehr bespähen
lassen; daß beide Grundstücke aneinander stießen, war ihm
auch nicht fremd, nicht weniger, daß er oft stundenlang lauern
mußte, ehe der Schlüssel der Pforte sich drehte und der Glück-
liche heimkehrte.
(Fortsetzung folgt.)
General Rockschößel auf einer Recogno scirung
in Dalmatien.
Seltsam Volk, das der Bochesen!
Für den Landwehrdienst verloren,
Eingeschncit bis an die Ohren,
Geben sie nicht einmal Blößen!
Seltsam Volk, das der Bochesen!
Launig Volk, das der Bochesen!
Observirt auf ihren Bergen,
Gleichen heute sie fast Zwergen,
Morgen wieder höhern Wesen.
Launig Volk, das der Bochesen!
Grausam Volk, das der Bochesen!
Nach Rekrutennasen lüstern,
Lauern sie aus uns im Düster»,
Gleich den Wölfen der Vogesen!
Grausam Volk, das der Bochesen!
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Agnes, zur weißen Rose.
stadtfähndrich niesten, und dabei trug er doch nicht seine
graben Glieder in täglichem Streit zu Markte wie Jener,
der über kurz oder lang zum elenden Krüppel gemacht werden
konnte; waren doch schon ganz andere Kämpen in die Pfanne
gehauen worden oder verstümmelt heimgekommen! und über-
dies konnte der Stadtfähndrich ja der Agnes Vater sein, so
viel älter war er!
Der in der Laube flüsternde Wind vernahm auch heute
wiederholt die heiligsten Betheuerungen treuer Liebe und herz-
liche Küsse besiegelten den längst geschlossenen Bund, wobei
der Hagedorn oster in Agnes grünes Tuchmiedercheu pch ein-
häkelte, denn der Zaun, welcher Beide schied, war breit und dicht.
Tie Uhr der Klosterkirche zum heiligen Kreuz schlug
lk, als sich die Liebenden trennten. —
Wenige Wochen später saß Christian Abends in der
Unterstube der weißen Rose, vor sich einen hohen Zinnkrug
Gerstenbier, und plauderte mit andern Bürgern über tägliche
Dinge, als der Stadtfähndrich eintrat, steif grüßte, seinen
Mantel und Hut hinhing, und sein langes Schwert in die
^cke des Fensters zu den dort stehenden bürgerlichen Waffen
stellte. Er setzte sich dann dem Brauer gegenüber und nahm
-i-heil an der Unterhaltung. Wie gewöhnlich stellte ihm als
zukünftigen Eidam des Hauses Wennert eine große Kanne
Würzbier hin, welche allabendlich einige Mal geleert wurde.
Auch Agnes ging ab und zu, für jeden der Gäste hatte
bas liebe Kind freundlichen Blick und Wort; nur Christian
reichte sie ohne das gewöhnliche „Wohl bekomm's Euch" seinen
^eckelkrug hin, und, ja — mied ihn selbst anzuschauen, während
sie des Fähndrichs kühnen Blick recht gut auszuhalten wußte.
Christian hatte kürzlich Gelegenheit gefunden, den Pakhen
mit seiner Liebe bekannt zu machen, und dieser hatte ihm ver-
sprochen, den zähen Wennert zu bearbeiten. „Es wäre Jammer-
schade, wenn Agnes dieses Geizhalses Frau werden sollte!"
hatte der Alte gesagt. Jetzt befand sich Flemming mit andern
Rathsgliedern der Stadt im bekannten Nebenzimmer. Der
alte Bürgermeister hatte stets das Herz auf dem rechten ,
Fleck und Wennert alle Ursache, ihn nicht, wenn's ja zur
Sprache kam wegen Agnes Hand, mit einem Korb für den [
jungen Brauer abzuspeisen. Ungestüm pochte sein liebeglühend
Herz, und so oft Wennert aus dem Nebenzimmer' kam, suchte
er in dessen Zügen zu forschen, ob noch nichts von seiner
Herzensangelegenheit verhandelt worden. Agnes saß hinter'm
Schenkbord und warf manchen Blick unter den dunkeln Wim-
pern ihrer schönen Augen hervor, ihre beiden Freier betrach-
tend. Hoch wogte ihr Busen unter den Fesseln des Tuch-
mieders, und mancher Seufzer, der ihrer Liebe galt, entwand
sich dem gepreßten Herzchen.
Wie sollte das noch enden! Wo fand sich ein glück-
licher Ausgang aus dieser Trübniß?! All' ihre flehentlichen
Bitten, die sie Sonntags in der Kirche und allabendlich so !
oft zur gnadenreichen Mutter sandte, schienen erfolglos zu
bleiben; dennoch vertraute ihr liebend Herz auf des Himmels
Güte und ihren eigenen festen Willen.
Der Stadtfähndrich wußte längst, daß Brauer Mumme
sein Nebenbuhler war. und öfter hatte er ihn Nachts zu
seinem fernen Garten wandeln sehen, und noch mehr bespähen
lassen; daß beide Grundstücke aneinander stießen, war ihm
auch nicht fremd, nicht weniger, daß er oft stundenlang lauern
mußte, ehe der Schlüssel der Pforte sich drehte und der Glück-
liche heimkehrte.
(Fortsetzung folgt.)
General Rockschößel auf einer Recogno scirung
in Dalmatien.
Seltsam Volk, das der Bochesen!
Für den Landwehrdienst verloren,
Eingeschncit bis an die Ohren,
Geben sie nicht einmal Blößen!
Seltsam Volk, das der Bochesen!
Launig Volk, das der Bochesen!
Observirt auf ihren Bergen,
Gleichen heute sie fast Zwergen,
Morgen wieder höhern Wesen.
Launig Volk, das der Bochesen!
Grausam Volk, das der Bochesen!
Nach Rekrutennasen lüstern,
Lauern sie aus uns im Düster»,
Gleich den Wölfen der Vogesen!
Grausam Volk, das der Bochesen!
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Agnes, zur weißen Rose"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 52.1870, Nr. 1287, S. 83
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg