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Brausepulver

mein Fräulciu," sprach dieser, „wenn Sic mich nicht absolut
davonjagen, müssen Sie sich meine Gegenwart in dem Kasten
hier schon gefallen lassen. Bewohnen wir denn nicht eine und
dieselbe Vorstadt?" setzte er lächelnd hinzu.

Und es machte ihm halb schwermüthig lächelnd, halb be-
klommen Platz, das gute Thildchen, indeß eine dicke Obstfrau
ihr gegenüber Posto faßte und sich behaglich in die Ecke drückend,
gar bald ein tüchtiges Schnarchen hören ließ; das Schaukeln
der alten Arche hatte sie in Schlummer gewiegt.

Langsam und doch viel zu schnelle humpelte er dahin der
gelb und grün gestrichene Karren und seine mageren Rosse mit
I ihrem blaunasigen Lenker hatten keine Ahnung davon, was sich
hinter ihren Rücken spann.

Leise geflüsterte Worte, beredtes Schweigen, fragende Blicke
und unterdrückte Seufzer halten die Einleitung zu einem Roman
gebildet, dessen Herausgabe in nächster Zeit erfolgen sollte.

Am Thore eines gewissen Hauses, vor welchem einst oder
vielmehr jüngst, zwei ängstliche Mädchen zitternd standen, be-
fanden sich eine halbe Stunde später Fräulein Fröbel und ein
junger, uns sehr bekannter Herr.

„Chiffre E. G., werden Sie auch unter derselben ant-
> Worten?" frug die vibrirende Stimme des interessanten Zeit-
ungsadministrators.

„Ja," antwortete Thildchen erregt und verschwand im Flur.
Oben, im Kämmerlein, warf sie Hut und Tuch ab, um laut
schluchzend in das Sopha zu fallen.

„Armes Kind!" seufzte Frau Fröbel, die Tochter an sich
ziehend, „ich dachte es wohl, sie würde Dir zu sehr abgehen!"

„Arme, blinde Mutter!" sagen wir, „Du stehst auf dem
j Punkte, mit der Nichte auch die Tochter zu verlieren, denn sie
weint jetzt nicht Schmerzensthränen um ein verlorenes, sie ver-
gießt Thränen der Wonne um ein gefundenes Glück."

„Lass' mich!" sprach die hübsche Apothckersfrau zu ihrem
Gatten, „davon verstehst Du nichts!" Tabei schob sic den
verliebten Gemahl, der überall mithelsen wollte, wo er auch
sehr überflüssig war, zur Thüre hinaus und schmückte allein die
beiden Gaststuben ihres Hauses, die heute noch bezogen werden
sollten. Blumen an den Fenstern, Blumen auf den Tischen,
an den Wänden und aus der Treppe Guirlanden und Tannen-
zwcige, Alles deutete darauf hin, daß hier ein Fest begangen
werden sollte und es war auch so.

Frau Gisela Weigelsberg, die hübscheste Apothekersfrau
auf 100 Meilen in der Runde, erwartete heute die Freundin
bei sich' die auf ihrer Hochzeitsreise begriffen, erste Station in
der Vaterstadt ihres Papa's nehmen wollte.

„Ob die Frau noch nicht fertig sind?" frug jetzt der La-
borant, die Treppe herausholpernd.

„Ja!" jch^ie ihm lachend Gisa entgegen. „Geh' Er nur,
Peter, und mcld' Er seinem Herrn, ich ließ ihm sagen, er sei
unausstehlich mit seinem Drängen. Hört Er?"

„Wcrd's bestellen!" kicherte dienstfertig Peter und lief da-
von. Gisa aber murmelte erröthend vor sich hin: „Ob Thild-
chcn wohl auch so närrisch geliebt wird, wie ich? Ah pah, das

und Cognac.

ist nicht möglich!" Dabei huschte sie die Treppe hinab, durchs j
Laboratorium in die Apotheke, stellte sich kerzengerade vor Herr»
Wcigelsberg hin und frag komisch-ernst: „Na, jetzt bin ich da-
Wozu bedarfst Du meiner?"

Ein schallender Kuß auf ihre frischen rothen Lippen
und sie wußte, was dem blonden Gatten geschlt hatte.

„Geh', Narr! Wann wirst denn Du eigentlich klug wer- !
den?" schmollte lächelnd das reizende Weibchen.

„Nie!" eiferte der Apotheker, „außer — Tu wünschtest
es," setzte er forschend hinzu.

„Gott soll mich behüten!" stieß jetzt Gisa lachend hervor/
indem sie einen wo möglich noch glühenderen Kuß als den eben
erhaltenen auf den blonden Schnurrbart ihres Mannes drückte/ j
„Bleib' in Gottes Namen so dumm wie bisher," lispelte sie j
ihm leise in's Ohr, „denn nur so passen wir zusammen."

„Schöne Aussicht das für unsere Nachkommenschaft," meinte ;
der Gatte selig lächelnd, ihre Gestalt mit den Blicken streifend/ !

„Pst!" mahnte die junge Frau erröthend und legte ihre j
Händchen auf seine Lippen.

In dcni Moment fuhr eine Postkutsche an der Apotheke
vor. Gisa stürmte hinaus, der Gatte nach und die FreuM
dinnen lagen sich in den Armen.

Thildchen war seit heute Morgen vermählt. Wer ihr da-'
nicht angemerkt hatte, der sah es an dem liebeglühendcn Blick
des eleganten jungen Mannes, der jetzt an ihrer Seite in t1'1
Apotheke trat und nur Augen für sein junges Weib zu haben !
schien. —

„Nur fünf Minuten lassen Sie mir sic allein!" eiscrü
Gisa Herrn Emil Graf gegenüber, „Sie haben ohnedieß noch
Mancherlei auf Rechnung bei mir," setzte sic schelmisch hinzu, ,
„ und ich habe sie so lange, volle zehn Monate hindurch ent'
behrt!" Darauf schlüpfte sic, den Seufzer des Neuvermählte»
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Brausepulver und Cognac"
Weitere Titel/Paralleltitel
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Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Besuch
Gast <Motiv>
Apotheker <Motiv>
Hochzeitsreise
Ehemann
Karikatur
Freund <Motiv>
Brausepulver
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 56.1872, Nr. 1395, S. 114
 
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