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Zeitungsexpeditionen angenommen. ob. 2 Rthlr. 5 Sgr. Einzelne Nummern 9 kr. od. 2'/, Sgr.

Der Besuch im Carcer.

Bon Ernst Eckstein.

(Fortsetzung.)

„Herr Direktor, es klopft!" sagte Knebel.

„Sühn Sä einmal nach, Knipcke!"

Knipcke eilte zu öffnen.

„Was? Sä, Quaddler? Warom stüren Sä ons schon
wäder? Fassen Sä säch korz!"

„Ich wollte mir gütigst erlauben, ergebenst zu vermerken,
der Primaner Rumpf spricht noch immer so, wie von wegen
weßhalb Sie ihn bestraft haben."

„Was? Er säht die Comödie fort? Non, ich würde die
erforderlichen Maßregeln zu ergreifen wässen! Knebel, schreiben
Sä einmal ein, — oder nein, lassen Sä's läbcr! Es ist goot,
Quaddler. Heppenheimer, fahren Sä fort. Also: Au, an,
au, au, nacht: Ai, ai, ai, ai. Das Folgende können Sä
etwa: „Ach ihr üwigen Götter!" oder mit „Allmächtiger Him-
mel!" wädergeben!"

Heppenheimer erledigte sein Pensum zu des Direktors leid-
licher „Zofrädenheit." Nach ihm übersetzte Schwarz „ongenögend."
Dann erscholl Quaddlcr's Klingel. Der Verfasser der Latei-
nischen Grammatik für den Schnlgebranch erklärte den Unter-
richt für geschlossen. In der Thüre erschien Doktor Klufen-
brecher, der Mathematiklehrer, der die Prima von drei bis
vier über die Geheimnisse der analytischen Geometrie zu unter-
halten hatte. Samuel Heinzerling reichte dem „geschützten
Herrn Collegen" herablassend, aber nicht ohne ein gewisses
humanes Wohlwollen, die grübchenreiche Rechte und verfügte
sich dann nach dem Direktorialzimmer, wo er sich nachdenklich
auf seinem Amts- und Dienstsessel niederließ.

Quaddler ging inzwischen an's Werk, die freie Stunde
gehörig auszunützen. Rüstig stülpte er den Pinsel in den

Kteistertopf und bestrich eine Tapetenbreite nach der andern mit
duftender Klebematerie.

Wilhelm Rumpf aber saß gähnend auf der Pritsche und
versicherte im Selbstgespräch, er sei das Gymnasium mit seinen
unmotivirten Freiheitsbeschränkungen bis über die Ohren müde.

Herr Samuel Heinzerling kraute sich jetzt in den Locken,
rückte die große Brille mit den runden Gläsern zurecht und
schüttelte zwei, drei, vier Mal das pädagogische Haupt.

„Ein miserabler Jonge, dieser Rompf!" murmelte er vor
sich hin. . . „Aber ich glaube fast, auf dem Weg der Güte ist
mähr bei ihm auszurichten, als mit Gewalt und Strenge. Ich
will ihm einmal ürnst - nachdrocksamst in's Gcwässcn rüden!
Schade om ähn! Er gehört zo meinen begabtesten Schülern!"

Er klingelte.

Nach drei Minuten erschien Anny, Quaddlers sechzehn-
jährige Tochter. Sie war augenscheinlich im Begriff, einen
Ausgang zu machen; dafür sprach das kokette Federhütchcn, das
sich anmuthig auf ihren dunklen Locken wiegte und das bunte
Shawltuch, das ihre vollen Schultern umfing.

„Sie befehlen, Herr Direktor?" fragte sic mit einer
graziösen Verbeugung.

„Wo ist Ihr Vater?" flüsterte Samuel mit einer für
seine Verhältnisse außerordentlich reinen Aussprache des „i."

„Er kleistert. Haben Sie etwas zu besorgen, Herr
Direktor?"

„So, er kleistert. Na, dann wäll ich ihn nicht stören in
seiner Kleisterei. Es äst nachts Besondres, Anny. Der Carcer-
schlössel stäckt ja?"

„Ich werde einmal gleich fragen, Herr Direktor."

»L

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