Fliegende Blätter (57.1872 (Nr. 1407-1432))

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Von Hermann Lingg.
(Schluß.)

„Lassen wir alles Gute leben", rief ich, — „auf das
Wohl aller edlen Herzen!" Sie leerte schweigend ihr Glas.

Ich liebte Glanke, ich liebte dieses seltsame, so einsam
und in die sonderbarste Welt schutzlos gestellte Wesen. Ich
j liebte sie und sie liebte mich wieder; das war'nun gefühlt
und uns Beiden bewußt.

Nach einer kurzen Panse nahm sie den Faden des Ge-
spräches wieder auf: „Um noch einmal aus unser voriges Ge-
spräch zurllckzukommcn — glauben Sie wirklich an Seelen-
wanderung?"

„Was ich davon halte", erwiderte ich, „ist dieß: daß
die kindliche Phantasie der alten Völker solche Träumereien er-
zeugen und daran glauben konnte. Das damalige Bewußtsein
wußte sich noch nicht völlig von den untergeordneten Wesen
der Schöpfung zu unterscheiden; es legte ihnen daher die eigenen,
oft sogar höhere Eigenschaften bei. Die Ae'gypter beteten Thiere
an; nichts natürlicher, als daß sic auch an eine Wandelung
und Verwandlung durch Thierseelen glaubten."

„Und dasjenige", wandte mir Glauke ein, „was sie auf
diesen Glauben brachte, scheint Ihnen mit dem fortschreitenden
Bewußtsein der Menschen ausgelöscht zu sein, es sollte nichts
geben, was diesen Glauben in uns erwecken, bestärken dürfte?"

„Mir wenigstens", gab ich zur Antwort, „ist kein der-
artiges Ercigniß, keine solche Thatsache bekannt."

„Nun denn, so hören Sie eine Geschichte, wenn Sie mir
noch so viel Geduld schenken wollen."

„O gern, gern, theucrste Glauke, Ihre Gegenwart..."

"Ach, lassen Sie das und hören «sie jetzt, Wa§ einst
meinem Vater ein britischer Offizier erzählte: Als der Sohn
eines englischen Kaufmanns in Calcutta und einer Eingeborenen


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