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66

Der Wildschütz.
(Schluß.)

Also hast Du Platz für uns?" unterbrach der Graf das
sekundenlange Schweigen.
„Ja, gräfliche Gnaden!" war die kurze, entschiedene Antwort.
Die Sonne war jetzt vollends untergegangen; gerade ver-
schwand das letzte rothe Wölkchen über dem Dachstein und der
Nebel, der sich Abends im - Gebirge einstellt, siel auch jetzt
so dicht herab, daß man nicht 10 Schritte weit hätte sehen
können.
Die Mirzl hatte in der Rauchstnben Feuer gemacht und
wer sie jetzt so geschäftig für die Jäger das „Schmalzkoch" be-
reiten sah, mußte glauben, das Feuer machte der Mirzl so rothe
Backen; und daß das schwarzsammtene Mieder gar so wogte und
zitterte, sahen die Jäger auch nicht; erzählte ja gerade einer
von den Alten (je älter einer ist, desto mehr lügt er), daß er
mit einem Schüsse zwei Hirsche erlegt, ein hintenstehendes Thier
aber gefehlt habe, weil die Kugel an der Hirnschale abrutschte.
Mirzl hörte von diesen Geschichten kein Wort. Sie dachte
nur, wie sie den Sepp retten oder verständigen könne, daß er
morgen nicht wildern gehe. Wie sie auch ihr Köpferl zerbrach
—- sie fand keinen Ausweg; wenn wenigstens die Jäger schlafen
gingen, könnte sie — obwohl mit Lebensgefahr — noch schnell
auf die Gstatterbodner-Seite, wo der Sepp nach Mitternacht
heranfsteigen muß; da könnte sie ihn noch warnen. Aber sie
kann nicht fort, ohne Verdacht zu erregen und schon 10 Uhr
ist's und zwei starke Stunden muß sie gehen, um dem Sepp
zu begegnen.
„No, Mirzl; is 's Koch schon firti?" sagte ein Jäger.
„Ja — aber z'wenig Löffeln Hab i; müaßt's Enk halt
freiten", und mit diesen Worten stellte ihnen Mirzl das Schmalz-
koch vor. Das war bald verzehrt — die Pfeifen wurden auch
neu gestopft und nun ging es wieder an's Erzählen.
Der Graf hatte gleich nach Sonnenuntergang sich zur
Ruhe begeben, d. h. er hatte sich bis zum Kopfe in einen Heu-
haufen eingemacht und schlief schon — so gut wie in seinem
Bette; er war es gewohnt. Seit er in diese Gegend gekommen,
hatte er viel öfter in den Alpenhütten, als auf seinem
Schlosse übernachtet — und um recht früh im Gebirge zu sein,
muß man sich an das Heulager gewöhnen. Die Jäger erzählten
sich auch noch die haarsträubendsten Geister- und Wildererge-
schichten, nur die Mirzl stand vor der Hütte, um ihr glühendes
Gesicht etwas nbznkühlen. Schon 10 Uhr vorüber und die
Jäger noch immer auf!
„Heilige Maria, behüt' mir mein' Sepp, mach' mi nit gar
zu elend" — betete sie jetzt so vertrauensvoll — so inbrünstig,
indem sie ihre beiden Hände faltete — daß sie beinahe die
Jäger überhörte, die aus der Hütte kamen, um jetzt den Heu-
boden aufzusuchen.
„Gnate Nacht, Mirzl!" — erscholl es ans sechs Kehlen.
„Guate Nacht!"
Athemlos horchte sie noch, bis alle Jäger im Heuboden
waren — dann eilte sie zur Hütte zurück, löschte das Feuer
aus, nahm schnell ein schützendes Tuch, — denn gar kalt Pfeift
der Wind Nachts im Gebirge — und nun stand sie vor der Hütte.

Der Nebel hatte sich schon in die Thäler gesenkt; zauberisch !
waren die gigantischen Felsen vom Monde beleuchtet und vor j
der Hütte lag — der Buchsteinkogel — auf dem Sepp morgen
wildern wollte. Mirzl schlug ein Kreuz, als sie an dem Heustadel
vorbeihuschte, wo die Jäger schnarchten — nur noch zehn Schritte !
und sie war über'm „Haag" und dann konnte sie ja Niemand ^
mehr sehen. Schon hatte sie den „Heustadel" passirt — da erscholl
eine Stimme: „Wohin denn, Mirzl — so spät?" Es war der !
gräfliche Leibjäger. An den hatte sie freilich nicht gedacht.
Unfähig zu gehen — unfähig zu sprechen, brach das so
starke Mädchen in die Kniee und nur einen verzweiflnngsvollen
Blick sandte sie znm Himmel; — die Jungfrau hatte ihr nicht
geholfen — Sepp war verloren.
Sogar der Leibjäger fühlte jetzt inniges Mitleid; er wußte >
zwar nicht mit Bestimmtheit, was in der Mirzl vorging, aber
er errieth es; stumm führte er sie in ihre Hütte, wo sie weinend


vor ihrem Bette in die Kniee sank — stumm verließ sie der
Jäger — er ahnte Unheil.

„Wie schön ist doch ein Sonnenaufgang im Gebirge!"
dachte Sepp, als er nach beschwerlichem, langstündigem Marsche
von Gstatterboden aus jene Stelle erstiegen hatte, welche
Mirzl erreichen wollte — um ihn zu warnen. Hier auf diesem j
kleinen Plateau ruhte Sepp aus; tief schöpfte er Athein, wischte
sich den Schweiß von der Stirne und betrachtete sich die herr-
liche Landschaft. Doch heute fesseln weder Berg noch Thal
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Wildschütz"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 59.1873, Nr. 1467, S. 66
 
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