Fliegende Blätter (59.1873 (Nr. 1459-1484))

Die Hochzeitsreise des Herrn Professors.

(Am andern Morgen.)
Professor: „Bist Du schon fertig, liebes Weibchen? Ich
packe nur geschwind noch meinen Koffer, dann komme ich znm
Frühstück hinunter. Schicke mir den Hausknecht herauf, damit
er die Koffer zur Bahn bringt."

Professor (in einem vom Wirthe geliehenen Bauern-
anzuge): „Liebe Helene! Sieh nur her! Es ist schrecklich! Die
hohe Wissenschaft muß sich in dieses gemeine Baucrngewand
bequemen, um nur weiter kommen zu können! Welch' trauriges
Verhängnis;! — Aber ich will dieser Lumpcnbagage schon kommen!"

Professor: „So, lieber Mann! expedire Er diese Koffer
mit der Eisenbahn nach Salzburg. Ich werde mit meiner Frau
einige Berge übersteigen und dort auf Umwegen eintreffeu, —
ich will durch die Koffer nicht gcnirt sein."

(In Salzburg.)
Professor: „Ei sieh' doch, liebe Helene, da sind jetzt
meine Kleider. Wie die nur da hinein gekommen sein mögen! ?"
— Professorin: „Die hast Du natürlich in Deiner Weis-
heit selbst cingepackt."

Professor: „Hier, theure Helene, haben wir das Endziel
unserer Reise erreicht. Hier, wo die Gothen vor Jahren in
das lachende Italien hinunter stiegen, wollen wir einige Tage
diese erquickende Einsamkeit genießen!"

Professor: „Donnerwetter hört denn Niemand! man
bringe mir meine Kleider!" — Wirth: „Die hat der Haus-
knecht schon längst heraufgctragcn." — Professor: „So! wo
sind sie? nirgends sind sie! Die müssen mir gestohlen worden
sein, — das ist ja eine elende Wirthschaft!"