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An einem Kreuzweg in Michigan.

Jetzt lösten sich vom Stamme
Zwei junge Sprossen ab,
Mit Wetten und mit Wagen
Im Goldland zu erjage»
Ihr Glück, vielleicht ihr Grab-
Dem Alten giug's zu Herzen,
Die Jungen schluchzten auch,
Doch endlich ward geschieden;
Das ist der Lauf hienieden,
Das ist der alte Brauch.

Die Alten bleiben stehen,
Die Jungen trcibt's hinaus;
Es lockt mit gold'nen Traumen
Sie nach den fernsten Räumen
Weit fori vom Vaterhaus.
Der Mensch ist wie die Blume
Und wie das Gras im Feld;
Heimat ist nur ein Namen,
Er streuet seinen Samen
Weit in die weite Welt.

E. Dorsch.

Die Hochzcitreise.
(Schluß.)

„Das ist doch zu toll! Gut, ich sehe von dem Handel ab."
„Halt, Manu, so rasch sind wir nicht fertig; der Versuch,
^ das Gesetz zu übertreten, ist gemacht, jetzt muß auch die Strafe
i gezahlt werden. Nathan, Ihr seid Zeuge, daß der Fremde Euch
§ den Ring angeboten hat."
„Schecrt Euch zum Teufel!" rief Franz erbost. „Ich bin
I Kaufmann, mein Paß —"
„Kümmert uns Alles , nicht, Sie haben auf der Straße
Hausirhandel getrieben."
Franz blickte rathlos den Juden au, der Sohn Israels
zuckte bedauernd die Achseln.
„Das sind heitere Geschichten," spottete er, „eine
solche Verrücktheit ist mir noch nicht vorgekommen."
„Niein Herr, Sie werden mir in's Bureau folgen!" fuhr
der Geudarme auf. „Sic haben die Obrigkeit gelästert."
„Eine schöne Obrigkeit!"
„Nathan, Ihr werdet zeugen!"
„Und ich werde mich beschweren."
„Können Sie nachher thun, wenn Sie die Strafe abge-
sessen haben. Jetzt folgen Sie mir!"
Der Gendarme machlc Miene, sich des Rockkragens des
jungen Herrn zu bemächtigen, Franz hielt es für rathsam, das
nicht abzuwarten.
„Gut," sagte er entschlossen, „ich werde Euch folgen, aber
Ihr sollt bereuen, Eure» Amtsgewalt in dieser Weise gemiß-
braucht zu haben."
„Na, das wird sich finden," spottete der Gendarme. „Vor-
wärts, es wird ein kurzer Prozeß sein!"
Einige Minuten darauf stand Franz im Pvlizeibureau,
der Gendarme rapportirte dem Beamten, daß der Herr auf
offener Straße hausirt habe, ohne einen Gewerbeschein zu besitzen,
und daß er ferner die hohe Obrigkeit verrückt genannt habe.
„Mein Name ist Franz Rehborn," wandte der junge Mann
sich zu dem Beamten, „ich bin Kaufmann und wohne in B.,
schicken sie in den Gasthof, in welchem ich logire, meine Frau
wird dem Boten meine Papiere übergeben."
„Haben Sie einen Gewerbeschein?" schnauzte der Beamte
ihn an.

„Nein."
„Aber Sie wollten einen Ring verkaufen?"
„Ich leugne das nicht."
„Sie haben die Obrigkeit gelästert!"
„Bewahre."
„Er hat sie verrückt genannt," warf der Gendarme ein. !
„Ich sagte nur, cs sei eine Verrücktheit, einen Gewerbe-
schein von mir zu verlangen, da man doch diesen Verkauf
keinen Hausirhandel nennen könne!"
„Das ist ein und dasselbe — Schmähung der Obrigkeit. >>
Sic haben sich eine Gewerbesteuer-Contcavcntion zu Schulden s
kommen lassen!"
„Aber du lieber Himmel, wie kann ich" —
„Herr, raisonniren sie nicht!" fuhr der Beamte auf, und s
der Ausdruck seines Gesichtes war so grimmig, daß Franz un-
willkürlich zurücktrat. „Haben Sie unsere Landesgcsetze nicht
gekannt, so kann Sie das nicht schützen; cs war Ihre Pflicht,
sich mit ihnen bekannt zu machen, ehe Sic unsere Grenzen
überschritten."
„Das ist wirklich stark!" rief Franz, dem der Aergcr
die Galle in's Blut trieb.
„Haben Sie einen Bürgen?"
„Nein, ich Lin hier unbekannt. Warten Sie, der Schau-
spieler Werner" —
„Genügt nicht, es muß ein hier ansässiger Bürger sein."
„Zum Henker, machen Sie was Sie wollen," sagte Franz
mit steigender Erbitterung, „ich werde mich bei meiner Regierung
beschweren."
„Also Sic haben keinen Bürgen?"
„Nein."
„Auch kein Geld, um Kaution zu stellen?"
„Wenn ich es hätte, würde ich nicht daran gedacht haben,
den Ring zu verkaufen."
„Dann müssen Sie brummen."
„Wie? Glauben Sie denn —"
„Ich glaube nichts, ich thue nur, was meines Amtes ist.
Für die Kontravention werden Sie vicrundscchzig Thaler Strafe
zahlen oder zweiundzwanzig Tage sitzen müssen, für die
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