Fliegende Blätter (60.1874 (Nr. 1485-1510))

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Die preußische Suppe.

Von Johannes o. Deivall.

Wir ivaren von der sogenannten Kilonieterdivision. Toll
genug sahen wir damals aus im Dezember 1870, aber es
ging auch toll genug her: Alle Tage schweres Gefecht vom
> frühen Morgen bis in die sinkende Nacht hinein gegen die
Massen der Chanzh'scheu Armee, die unser zusammengeschmolzencs
Häuflein beinahe zu überlaufen drohten, alle Abend gegen
Dunkelwerden ein verzweifelter Vorstoß des Feindes, mit Gc-
schützfeucr und Mitrailleuscnbegleitnng, und wenn ivir die blutigen,
mit Leichen bedeckten Schncefcldcr endlich hinter uns hatten,
dann mußten lvir uns noch in die verwüsteten, stark mitge-
nommenen Ortschaften der Perclie hineinschießen. Rückten wir
nn einem Ende ein, dann krachten am anderen Ausgange noch
die Schüsse, welche die abziehenden Franzosen vollends hinaus-
warfen. — Erst bei völliger Dunkelheit blieben ivir dann im
ungestörten Besitze der meist von Einwohnern entblößten Dörfer
und konnten uns für eine kurze Nachtruhe in denselben einrichten.

Von einer regelmäßigen Verpflegung war unter solchen
Verhältnisse» und bei den grundlosen Straßen natürlich keine

Rede, — die Erbswurst mußte das Beste thnn, und sonst konnte
ein Jeder sehen, wie er eben durchkam; dabei ging es aber ge-
wöhnlich knapp genug her, denn vor uns waren die Franzosen
allemal da gewesen und da sich die, was die Lebensmittel anbetraf,
in-derselben Lage befanden, wie wir, so war meist alles Genieß-
bare von ihnen aufgezehrt, — das Uebrige hatten die Ein-
ivohncr gut versteckt.

So lvar das damals.

Und >vic sah es nun erst mit den Kleidern ans ! — Toller
noch als bei dem Pork'schen Corps anno 1813 »nd 14. Die
Stiefel waren stecken geblieben iin Koth, die Sohlen und das
Oberleder nbgesault, die Meisten von uns gingen in Sabots,
in ivclche Heu und Stroh gesteckt war, die Hosen ivaren
in Fetzen aufgelöst und durch Civil-Pantalons von allen
nur denkbaren Farben und Faeons ersetzt, in die Mäntel
hatten die Bivvnaks-Feuer große Löcher gebrannt und nun
inarschirten wir fast Alle in Ponchos, d. h. man schnitt sich
ein Loch in die erste beste wollene Decke, steckte den Kopf hindurch
und ließ sie in malerischen Falten von den Schultern herab-
lvallen. Kopf imb Ohren stacken in blauen, rothen und grünen
Shawls und im Brodbcntel steckte die treue Tabakspfeife, aber
ohne Tabak, — >vir rauchten eben kalt damals, aber dafür
machten ivir den Herrn Franzosen mit dem Zündnadelgewehr
und den Krupps um so wärmer.

In der Mitte jenes Monats Dezeinbcr lvar cs, — kurz
nach den 3 tägigen blutigen Kämpfen bei Cravant, als ivir uns
gegen Abend in das Dorf Bois-Vilettc hincingcschosscn hatten.

Es war bitterkalt und ein Jeder suchte deßhalb so bald
als möglich unter ein schützendes Dach zu kommen.

In einer Ferme, etwas abseits, hatten auch ivir bald eine
passable Unterkunft gefunden. Und kaum waren nun die er-

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