10 Bestellungen werde« in alle!, Buch- und Kunst- wöcheutl ei» Mal. Preis des Bandes 12- Rru.) t vt NX
' Handlungen, sowie von alle» Postämtern und 3fl. 54 kr Südd.od. 2Thlr 5Sgr., excl.Porto wo-
8eitungsexpeditioncn angenommen. Erscheinen bei directem Bezüge. Einzelne Nrn. 9 kr. od. 2'/? ®gr.
Die vcrhängnißvollcn Distichrn.
Von Max Kaliieck.
IV. Capitel.
Nas .■Rficnfruei; i» ifn- .UosiuVNlnnhe.
Das Gedicht schrieb Oskar mit zitternder Hand und einer
Feder (Sommerfeld & Comp. No. 108), die er in die Glnthen
seiner Leidenschaft tauchte, natürlich auf rosa Papier und versah
^ einzelnen Verse mit dem Schema ihrer Füße und Accente,
^es bequemeren Lesens wegen. Dann schlich er uin die gewohnte
Vesperstunde zur Laube, die über und über in den herrlichsten
kothen Bohnenblüthen prangte, und bald lag das znsammcn-
(Schluß.)
gefaltete Blatt an eben der Stelle, >vo vor wenigen Tagen das
gesägte Körbchen seinen Ruin gefunden hatte.
Wie wurde dir, Oskar? so nahe an dem vorläufigen
Ziel deiner Sehnsucht? . . . Ach, und da kam der braune
Engel wieder (sonst spricht man zwar nur von blonden, doch
die braunen haben auch ihr Gutes), da kam Paula, in der
einen Hand die unvermeidliche Butterschnitte, in der andern
einen Strumpf, der erst zur Hälfte fertig gestrickt war. Sie
seufzte tief ... ob sie wohl Oskar's gedachte? Ach nein,
sie dachte daran, daß die Mutter ihr aufgegeben, heute noch
die Ferse anzustricken, und darum seufzte sie. Wie gesagt
(Cap. II), sie hatte ein kaltes Herz.
Doch wird man es ihrer Bekümmerniß verzeihen, daß
Paula auch heute die ihr zugcdachte Aufmerksamkeit übersah
und sich gedankenvoll darauf niederlicß. Die Trümmer der
ersten hatte sie ängstlich bei Seite geschafft, im Glauben, die
Mutter habe das Körbchen dort stehen lassen. Sie war dann
froh gewesen, daß nicht weiter die Rede davon war.
Wie schön sah sic heute wieder aus! Ganz so schön,
als wenn sic das „Gebet einer Jungfrau" oder „die Kloster-
glocken" spielte, — denn so weit war sie bereits fortgeschritten.
— Ihre dunklen Augen glitten träumerisch über die langsam
arbeitenden Radeln und den Strickstrumpf, der wahrscheinlich
ans dem Umstande, daß seine Künstlerin die nöthige Papier-
cnvcloppe trotz dem Zürnen von Mutter und Lehrerin immer
zu vergessen pflegte, eine sehr zweifelhafte Farbe angenommen
hatte. Hin und wieder öffnete sic ihren Rosenmund, um ein
großes Stück der neben ihr auf der Bank liegenden Schnitte
abzubeißen, und zwei Reihen der blendendsten Perlenzähne kamen
dann znm Vorschein. Das braune Haar war vermittelst kleiner
lederner Wulste seltsam in sogenannte „Brummer" zusammen
to
' Handlungen, sowie von alle» Postämtern und 3fl. 54 kr Südd.od. 2Thlr 5Sgr., excl.Porto wo-
8eitungsexpeditioncn angenommen. Erscheinen bei directem Bezüge. Einzelne Nrn. 9 kr. od. 2'/? ®gr.
Die vcrhängnißvollcn Distichrn.
Von Max Kaliieck.
IV. Capitel.
Nas .■Rficnfruei; i» ifn- .UosiuVNlnnhe.
Das Gedicht schrieb Oskar mit zitternder Hand und einer
Feder (Sommerfeld & Comp. No. 108), die er in die Glnthen
seiner Leidenschaft tauchte, natürlich auf rosa Papier und versah
^ einzelnen Verse mit dem Schema ihrer Füße und Accente,
^es bequemeren Lesens wegen. Dann schlich er uin die gewohnte
Vesperstunde zur Laube, die über und über in den herrlichsten
kothen Bohnenblüthen prangte, und bald lag das znsammcn-
(Schluß.)
gefaltete Blatt an eben der Stelle, >vo vor wenigen Tagen das
gesägte Körbchen seinen Ruin gefunden hatte.
Wie wurde dir, Oskar? so nahe an dem vorläufigen
Ziel deiner Sehnsucht? . . . Ach, und da kam der braune
Engel wieder (sonst spricht man zwar nur von blonden, doch
die braunen haben auch ihr Gutes), da kam Paula, in der
einen Hand die unvermeidliche Butterschnitte, in der andern
einen Strumpf, der erst zur Hälfte fertig gestrickt war. Sie
seufzte tief ... ob sie wohl Oskar's gedachte? Ach nein,
sie dachte daran, daß die Mutter ihr aufgegeben, heute noch
die Ferse anzustricken, und darum seufzte sie. Wie gesagt
(Cap. II), sie hatte ein kaltes Herz.
Doch wird man es ihrer Bekümmerniß verzeihen, daß
Paula auch heute die ihr zugcdachte Aufmerksamkeit übersah
und sich gedankenvoll darauf niederlicß. Die Trümmer der
ersten hatte sie ängstlich bei Seite geschafft, im Glauben, die
Mutter habe das Körbchen dort stehen lassen. Sie war dann
froh gewesen, daß nicht weiter die Rede davon war.
Wie schön sah sic heute wieder aus! Ganz so schön,
als wenn sic das „Gebet einer Jungfrau" oder „die Kloster-
glocken" spielte, — denn so weit war sie bereits fortgeschritten.
— Ihre dunklen Augen glitten träumerisch über die langsam
arbeitenden Radeln und den Strickstrumpf, der wahrscheinlich
ans dem Umstande, daß seine Künstlerin die nöthige Papier-
cnvcloppe trotz dem Zürnen von Mutter und Lehrerin immer
zu vergessen pflegte, eine sehr zweifelhafte Farbe angenommen
hatte. Hin und wieder öffnete sic ihren Rosenmund, um ein
großes Stück der neben ihr auf der Bank liegenden Schnitte
abzubeißen, und zwei Reihen der blendendsten Perlenzähne kamen
dann znm Vorschein. Das braune Haar war vermittelst kleiner
lederner Wulste seltsam in sogenannte „Brummer" zusammen
to
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Die verhängnißvollen Distichen oder Der Scheerenschleifer"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Thema/Bildinhalt (normiert)
Heimliche Liebe