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Stimmungsbilder aus dem Gymnasium.

Von Ernst Eckstein.

Es ist eigmthümlich, wie schwer sich der Gymnasiast daran-
gewöhnt, das Privatleben seiner Lehrer unbefangen und partei-
los in's Auge zu fassen und in dem Manne, der da berufen
ist, von der Höhe seines Katheders den Aeschylus zu erklären
und Carcerstrafen zu verhängen, ohne störende Nebengedanken
den Bürger und Staatsbürger zu würdigen. Alles, was der
Lehrer im Kreise seiner Familie oder innerhalb der menschlichen
Gesellschaft treibt, gewinnt für den Blick des Gymnasiasten eine
absonderliche Beleuchtung, und zwar müssen wir zn unserm Be-
dauern constatire», daß diese Beleuchtung nur in Ausnahmefällen
die einer rein menschlichen Sympathie ist. Vielmehr geht das
Gymnasiastengemüth systematisch darauf aus, jeder Handlung
des Gymnasialprofcssors, und sei sie die indifferenteste und natur-
gemäßeste, eine komische Seite abzugewinnen und seine über-
Müthigen Glossen daran zn knüpfen.

Zu den ernstesten und heiligsten Familienereignissen gehört
die Vermehrung des Hausstandes durch einen jungen Sprößling.
Unter normalen Verhältnissen beeilen sich sofort die Verwandten
und Freunde, das höchlich erfreute Elternpaar zu beglückwünschen,
und ein Inserat im Tageblatt verkündet auch den entfernteren
Gönnern und Gesinnungsgenossen, daß die liebe Frau Bertha
"der Josephine ihren Gatten mit einem kräftigen Jungen über-
rascht habe. Wenn der Gymnasiast für seinen Lehrer wirklich
etwas wie Liebe und Ehrfurcht empfände, so müßte ein der-
artiges Vorkommniß in der Familie des Gymnasialprofcssors
auf die ganze Klasse einen erhebenden und läuternden Einfluß
ausüben. Aber just das Gegentheil ist der Fall...

In Secunda und Prima erfreuten wir uns eines Lehrers,
nur darum nicht die oben erwähnten Jnsertionskosten in
jedem Semester dreimal zu tragen hatte, weil die Natur in diesem
Punkte unüberwindliche Hindernisse anfgethürmt hat. Aber all-

jährlich einmal trat doch die beglückende Ueberraschung ein, und
die ganze Klasse war dann jedesmal in einer Weise demoralisirt,
die mit dem Geist, wie er in einer Pflanzstätte des Schönen,
Wahren und Guten herrschen soll, schroff contrastirte.

Schon einige Wochen vor dem entscheidenden Tage rannte
man sich auf allen Bänden das Gehcimniß von Doctor Brömels
erneuten Hoffnungen zu. Sobald diese Thatsache für ausge-
macht galt, beschäftigten wir uns während der Unterrichtsstunden
Brömels vornehmlich mit Epigrammen und Genien, denen es
oblag, unsere Entdeckung nach ihrer ethischen, culturgeschichtlichen
und nationalökonomischen Seite hin zu kritisiren.

Eine hervorragende Rolle in diesen rhythmischen Kleinig-
keiten spielte Niobe als das Urbild eines überschivenglichen
Mutterstolzes. Auch Danaos und andere mythische Gestalten
woben sich zwanglos in unsere Dystichen ein, und da sich mir
bei einer tieferen Würdigung der Sachlage die Erwägung auf-
drängte, wie es Herrn Brömel dereinst wohl gelingen möchte,
seine zahlreichen Töchter glücklich und vortheilhaft zu verheiratheu,
so schuf ich, die Ereignisse anticipirend, eine Ballade, die mit
den Worten anhub:

Herr Brömel ist von Töchtern
Ällmählig ganz umringt;

Er denkt und sinnt und dichtet,

Wie er sie uuterbringt.

Schon sind Amandens Locken
Mit zartem Grau melirt,

Und Ostern wird die Jüngste,

So Gott will, confirmirt.

Im weiteren Verlauf der Dichtung schob ich nun dem
unglücklichen Lehrer eine endlose Reihe von Machinationen unter,
von denen keine zum erwünschten Ziele führte. Da ergreift ihn

SS
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