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Guter Rath.
Mußt Du dichten, Sohn! so schreibe
Dein Gedicht nicht auf Papier,
Daß es nicht erhalten bleibe,
Sohn! Ich mein' es gut nnt Dir.
Deinen Schmerz, Dein junges Lieben,
Schreibe, wenn's Dein Herz erfrischt,
Doch, sobald Du es geschrieben,
Sei es wieder ausgewischt.
Darum schreib' auf eine Tafel,
Ans Papier doch schreibe nie.
Denn sonst wird zu groß der Bavel
Der erot'schen Poesie. v. Miris.
Ein neuer Wecker.
Um zur bestimmten Stunde aus dem Schlafe zu erwachen,
nimm eine Kerze, messe sie genau ab, lasse sie eine Stunde lang
brennen und messe sie dann zum wiederholten Male. Aus der
Differenz ersiehst Du, wie viel von dem Lichte verbrannt
ist. Theile nun die Kerze in so viele, gleich lange Strecken ein,
als noch Stunden bis zur Aufstehzeit übrig sind. Durch das
letzte Theilungszeichen bohre ein Loch, ziehe einen Bindfaden
hindurch, der am Ende einen Knoten hat, leite denselben über
eine au der Decke befestigte Rolle und hänge daran eine große
Schachtel. Hierauf zünde das Licht an und lege Dich sorglos
nieder. Zu der gewünschten Stunde ist das Licht soweit ver-
brannt, daß es an das Loch kommt und den Faden abbrennt.
— In demselben Augenblicke aber fällt Dir die Schachtel, welche
natürlich genau über dem Kopfkissen des Bettes hängen muß, etwas
Unsanft auf den Kopf und Du wirst durch die wohlthuende Berühr-
ung so munter gemacht, daß Du schleunigst aus dem Bette springst.
Empfindsam.
„Bei meiner Versetzung von Linz nach Wien hatte ich
mein Hab und Gut einem Spediteur zur Besorgung übergeben,
nur meinen mir sehr an das Herz gewachsenen Kanarienvogel
wollte ich nicht von mir lassen, — er sollte die Reise mit mir
zusammen machen. Ich besteige in Linz ein Coupe 2. Klasse
und setze den Käfig mit meinem Mätzchen auf den Sitz
mir gegenüber. Denken Sie sich nun meine Besorgniß und
meinen Schmerz, als ich wahrnehmen mußte, daß mein Mätzchen
immer stiller und stiller wurde, das Köpfchen und die Flügel
hängen ließ und endlich wie todt von seinem Sitze herabfiel.
Ich nehme ihn sofort aus dem Bauer heraus und stelle Wieder-
belebungsversuche au, die auch von Erfolg gekrönt wurden. Ich
erkannte erst jetzt, daß mein armes Mätzchen ohnmächtig geworden
war, weil er das Rückwärtsfahren nicht vertragen konnte."
Guter Rath.
Mußt Du dichten, Sohn! so schreibe
Dein Gedicht nicht auf Papier,
Daß es nicht erhalten bleibe,
Sohn! Ich mein' es gut nnt Dir.
Deinen Schmerz, Dein junges Lieben,
Schreibe, wenn's Dein Herz erfrischt,
Doch, sobald Du es geschrieben,
Sei es wieder ausgewischt.
Darum schreib' auf eine Tafel,
Ans Papier doch schreibe nie.
Denn sonst wird zu groß der Bavel
Der erot'schen Poesie. v. Miris.
Ein neuer Wecker.
Um zur bestimmten Stunde aus dem Schlafe zu erwachen,
nimm eine Kerze, messe sie genau ab, lasse sie eine Stunde lang
brennen und messe sie dann zum wiederholten Male. Aus der
Differenz ersiehst Du, wie viel von dem Lichte verbrannt
ist. Theile nun die Kerze in so viele, gleich lange Strecken ein,
als noch Stunden bis zur Aufstehzeit übrig sind. Durch das
letzte Theilungszeichen bohre ein Loch, ziehe einen Bindfaden
hindurch, der am Ende einen Knoten hat, leite denselben über
eine au der Decke befestigte Rolle und hänge daran eine große
Schachtel. Hierauf zünde das Licht an und lege Dich sorglos
nieder. Zu der gewünschten Stunde ist das Licht soweit ver-
brannt, daß es an das Loch kommt und den Faden abbrennt.
— In demselben Augenblicke aber fällt Dir die Schachtel, welche
natürlich genau über dem Kopfkissen des Bettes hängen muß, etwas
Unsanft auf den Kopf und Du wirst durch die wohlthuende Berühr-
ung so munter gemacht, daß Du schleunigst aus dem Bette springst.
Empfindsam.
„Bei meiner Versetzung von Linz nach Wien hatte ich
mein Hab und Gut einem Spediteur zur Besorgung übergeben,
nur meinen mir sehr an das Herz gewachsenen Kanarienvogel
wollte ich nicht von mir lassen, — er sollte die Reise mit mir
zusammen machen. Ich besteige in Linz ein Coupe 2. Klasse
und setze den Käfig mit meinem Mätzchen auf den Sitz
mir gegenüber. Denken Sie sich nun meine Besorgniß und
meinen Schmerz, als ich wahrnehmen mußte, daß mein Mätzchen
immer stiller und stiller wurde, das Köpfchen und die Flügel
hängen ließ und endlich wie todt von seinem Sitze herabfiel.
Ich nehme ihn sofort aus dem Bauer heraus und stelle Wieder-
belebungsversuche au, die auch von Erfolg gekrönt wurden. Ich
erkannte erst jetzt, daß mein armes Mätzchen ohnmächtig geworden
war, weil er das Rückwärtsfahren nicht vertragen konnte."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Guter Rath" "Ein neuer Wecker" "Empfindsam"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 64.1876, Nr. 1601, S. 103
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg