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18

Unter dem Bette.

er dieselbe durchschauen wird, wird seine Eitelkeit sagen: „Wenn
sic sich nicht hätte ergeben wollen, würde sie dich zurückgestoßen
habeir; das that sie nicht; folglich ist sie nicht abgeneigt, dich
zu erhören, und hat diese Comödie nur inscenirt, um sich zu
zieren, und durch diese Zurückhaltung im Werthe zu steigen!"
So wird er denken, glauben Sie mir; durch meinen Wider-
stand, der ihm immer noch einige Hoffnung läßt, wird er zu
neuen Bewerbungen gereizt werden — und somit ist er vor-
läufig nicht mein Feind. Gelingt es mir nun, aufzutreten und
ein oder zwei Male zu singen, ohne daß man vorher hat
wühlen können, so glaube ich meines Erfolges sicher zu sein;
nur die Machinationen vorher, die sind es, welche ich fürchte.
Und deßwegcn durfte ich diesen einflußreichen Mann mir
wenigstens bis zur ersten Vorstellung nicht verfeinden. Bis
dahin muß ich suchen, ihm zu entgehen, womöglich gar nicht
ihm zu begegnen, damit er mich erst auf der Bühne -wieder
erkennt. — Aber wer stört uns da?"

Der Zimmerkellner trat ein. „Herr von Kronfels wünscht
seine Aufwartung zu machen!"

„Kronfels? Ich kenne ihn nicht — allein — immerhin,
man kann nicht wissen, ob er nicht eine gewichtige Person ist
— — ich lasse bitten!" Ihr Auge fiel auf Erpel — er
war aufgesprungen und stand leichenbleich, zitternd da. „Aber
was ist Ihnen denn? Kellner, halt! Sagen Sie dem Herrn
von Kronfels, er möge einen Augenblick auf dem Flure warten.
Und nun — was haben Sic denn, lieber Freund?"

„Ich bin verloren!" stöhnte Erpel.

„Verloren? Und weßwegen?"

„Wissen Sie, wer da draußen ist? Es ist der Consistorial-
präsident, mein hoher Vorgesetzter! Wenn er mich hier findet —
verzeihen Sie — aber — eine Theaterdnme und ein Geistlicher—"

„Aber ich bitte Sie, was sollte denn ein Consistorial-
Präsident von mir wollen?"

„Was weiß ich! Aber es ist sein Name, er ist es!"

„Freilich, freilich, gerade diese frommen Herren — er
wäre auch der erste nicht — nein, nein. Sie können schon Recht
haben. Aber, auch wenn er Sie dabei ertappte, daß Sie bei
mir sind — der Brahmine bei dem Paria-Mädchen — würde
er Ihnen denn daraus einen Vorwurf machen können? Er
wäre doch in gleicher Verdammniß wie Sie!"

„Einerlei! Er würde es mir nie verzeihen, daß ich ihn
schwach gesehen!"

„Sie haben Recht — aber was thun? Empfangen muß ich
ihn jetzt. Und es ist kein Ausweg; wenn Sic auf den Flur hinaus-
trctcn, sieht er Sie von mir kommen — kennt er Sie denn?"

„Ich war vorhin bei ihm."

„Und es ist kein Versteck da — — halt, so geht's! Es
gibt nur dieses eine Mittel — Sie müssen unter mein Bett
kriechen! Geschwind, geschwind! Ich werde ihn bald fort-
schicken — aber nur schnell!"

„Unter Ihr Bett? Ein Prediger!"

„Nun, wenn Sic nicht wollen, so bleiben Sie, wo Sic
sind; dann werde ich ihn rufen!"

„Nein, nein, nein! Es bleibt mir keine andere Rettung!"

Erpel verschwand unter dem Bette. Ludmilla ging zur
Thüre: „Herr von Kronfels, darf ich bitten?!"

Es war der Fremde aus dem Coups vom vorigen Abend;
welcher eintrat. Beide Theile standen sich gleich verwirrt gegenüber.

„Sic sind cs, meine Gnädige?!"

„Sie sind es, mein Herr?!"

„Gestern waren Sie ja verheirathet, mein Fräulein! Ge-
statten Sic mir, mich nach dem Befinden Ihres Herrn Gemahls
zu erkundigen?"

„Vielleicht befindet er sich augenblicklich nicht ganz nach
Wunsch — indessen lassen wir das; was verschafft mir die Ehre?"

„Schöne Ludmilla, seien wir gegenseitig offen und ertheilen
wir uns wcchsclsweise Absolution. Sie haben meine gestrige

Ungeschicklichkeit dadurch parirt, daß Sic sich über mich lustig

machten — Sie hatten ganz Recht, und ich hätte ahnen sollen,
daß ich meine Hände nicht nach einem gewöhnlichen Weibe,
sondern nach einer Göttin ausstreckte. Ich bin entzückt darüber,
daß Sie mir nur entslohen, anstatt mich sofort aus dem Himmel
Ihrer Nähe auf ewig zu verbannen. Das große Loos fiel

gestern einem Tölpel in den Schooß, dem das unverdiente Glück

zu Theil wurde, mit Ihnen unter einer Decke spielen zu dürfen.
Für jetzt aber weiß ich nur das Eine, daß ich hoch beglückt
bin, in der berühmten Künstlerin die unbekannte Schöne wicdcr-
zufinden, welche mich gleich beim ersten Anblicke bezauberte!"

„Bitte — Sie kommen doch kaum hierher, um mir das
zu sagen?"

„In der That, nein! Mich führt etwas Anderes her.
Ich habe die Ehre, der Kabinetssecretär Seiner Königlichen
Hoheit des Kronprinzen zu sein —"

„Und als Sie mir gemeldet wurden, verleitete mich Ihr
Name, an den Besuch des Herrn Consistorialpräsidenten zu denken!"

„Meines Vaters? Nein, seien Sic unbesorgt — der hat
kein Interesse für weibliche Schönheit! Was mich aber betrifft,
so komme ich in ganz besonderer Absicht her. Ludmilla, Sie
sind fremd hierorts — Sie gebrauchen Freunde, vor Allem
Freunde bei Hofe. Ich glaube mir schmeicheln zu dürfen, daß
Seine Königliche Hoheit mir sein Vertrauen schenkt, vielleicht
auch ein wenig Gewicht auf mein Urtheil legt — ich komme,
um Ihnen meine Dienste anzubieten, schöne Ludmilla!"

„Wie liebenswürdig und-wie uneigennützig Sie

sind, Herr von Kronfels!"

„Ludmilla, verstehen Sic mich recht. Ich kann Ihnen sehr,
sehr viel nützen, aber — auch sehr viel schaden!

„Und weßhalb wollen Sie mir nicht nützen, da Sic doch
kommen, mir Ihre Dienste zu weihen?"

„Sie wollen mich nicht verstehen, Ludmilla! Was ver-
schlägt es Ihnen, wenn Sie mir dasselbe Glück gönnen, welches
Sie gestern an einen Unbekannten vergeudeten? Ludmilla,
machen Sic mich zum Glücklichsten der Sterblichen, und ich
mache Sic zum Abgotte des Hofes!

„Ich versteinere ob Ihrer Keckheit!"

„So rege Dich denn nicht, wie Statuen Pflegen,

Indes; mein Mund Dir nimmt, was er erfleht!"
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