Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Bestellungen werden durch alle Buch- und Kunst- _

19. Handlungen, sowie von allen Postämtern und Jj-
Zeitungsexpeditionen angenommen.

Erscheinen wöchentlich einmal. Preis des Bandes

(26Nummern) excl. Porto 6 Mark 70 Pfg., bei LXVII.ßit,

direktem Bezug. Einzelne Nummer 30 Pfennige.

C o r a m b o.

(Schluß.)

3. Capitel. Aufwärts.

Corambo's ferneres Leben ist ein sprechender Beweis für
die Wahrheit des Satzes, daß energische Thatkraft alle Hinder-
nisse zn überwinden vermag. Ich schmeichle mir daher, daß
die Darstellung desselben, falls sie dem älteren Leser nicht be-
sonders interessant scheinen sollte, desto nützlicher für den jungen
Leser sein wird. — Corambo hatte irgendwo den Spruch ge-
hört: „Bildung macht frei!" Aber wie konnte er sich als
Sclavc Bildung verschaffen, da die Pflanzer ihre Sclaven
systematisch in Unwissenheit erhielten, und er von früh Morgens
bis spät am Abend ans den Baumwollfeldern, beständig be-
droht von der Peitsche eines grausamen Aufsehers, angestrengt
arbeiten mußte. Er beschloß dcßhalb, sich erst zn befreien, fest
überzeugt, daß es ihm alsdann gelingen würde, sich alle übrigen
Vorzüge zu erwerben, welche ihm den Besitz seiner geliebten
Ludmilla verschaffen sollten.

Als er eines Tages nach einer benachbarten Pflanzung
geschickt wurde, um eine Bestellung anszurichten, schlug er sich
mit einem raschen Entschlüsse seitwärts in die Büsche und kehrte
nicht zur Pflanzung zurück. Nach einer mühseligen Wanderung
von mehreren Nächten — er wandertc bei Nacht und hielt sich
bei Tage in den Wäldern und Maisfeldern verborgen — ge-
lang cs ihm, New-Orleans zu erreichen. Hier sah er im
Hafen ein großes Dampfboot vor Anker liegen, schwamm im
Dunkel der Nacht an dasselbe heran, erkletterte cs unbemerkt,
und verbarg sich zwischen einigen Fässern, die ans dem Verdeck
standen. Zu seinem Glück lichtete das Schiff — es war die
„Saxonia", Kapitän Hellmuth — am folgenden Tage die Anker
und war bereits auf hoher See, als ein Matrose den halb-
verhungerten blinden Passagier entdeckte. Unter den zahlreichen
Passagieren befand sich zufällig ein Prinz eines deutschen
mediatisirten Fürstenhauses, der eine Weltumseglung unter-
nommen hatte und nun auf der Heimreise begriffen war. Seine

mächtige Fürsprache setzte es durch, daß unser armer Corambo
ans dem nach Hamburg bestimmten Schiff bleiben durfte und
nicht an der nächsten Anlaufstelle ausgcsetzt wurde. Die Ueber-
fahrt ging rasch und glücklich von Statten, und bereits nach
Verlauf von vier Wochen war Corambo wohlbestallter sürstlich-
kleinburgischer Bedienter in einem reizend am Rhein gelegenen
Schlosse mit guter Gage und wenig Arbeit. Er hätte bequeme
Tage verleben können, aber er verfolgte mit rastloser Energie
das Ziel, welches er sich gesteckt hatte. Vermittelst einer Fibel
zum Selbstunterrichte lernte er in seinen zahlreichen Mußestunden
heimlich lesen und überraschte mit dieser Fertigkeit seinen prinz-
lichcn Herrn, der ihn sofort zu seinem Vorleser ernannte. In
dieser Stellung hatte er noch viel weniger zu thnn, wie als
Bedienter, da der Prinz sich nur äußerst selten vorlesen ließ.
Corambo fand daher Zeit genug, um sich durch Benützung der
reichhaltigen Schloßbibliothek in Jahresfrist umfassende Kenntnisse
anzueignen. Ja, man kann ohne Uebertreibnng sagen, daß er
das gesämmte menschliche Wissen vollständig beherrschte, da er
die neueste Ausgabe des Brockhaus'schen Conversationslcxikons
in zwölf Bänden wörtlich auswendig wußte. Er durfte cs
deßhalb mit vollem Rechte »vagen, sich um die erledigte Dorf-
schullchrerstelle zn bewerben, welche der Fürst zu verleihen hatte.
Er erhielt sie.

Der geneigte Leser wird sich vielleicht verwundern, daß
man einen Neger mit diesem wichtigen und einträglichen Posten
betraute. Ich finde diese Verwunderung erklärlich und voll-
kommen berechtigt. Aber ich habe vergessen, mitzuthcilcn, daß
mittlerweile mit unserem Helden eine gewaltige Aenderung vor-
gegangen war. Kurz nach seiner Ankunft in Europa las er in
einer Zeitung die Anzeige der Spark'schen Wundcrseise, welche
bekanntlich den dunkelsten Teint in ganz kurzer Zeit rosigwciß
zu machen im Stande ist. Er wusch sich wiederholt damit,
legte sich alsdann Tage lang an einer einsamen Stelle des


Bildbeschreibung
Für diese Seite sind hier keine Informationen vorhanden.

Spalte temporär ausblenden
 
Annotationen