Fliegende Blätter (67.1877 (Nr. 1667-1692))

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Herr E

Ich also 'nunter; un' nn rickt' er 'raus: „Herr Engc-
mann," sagt' er, „da hawc ich Heide Frieh bei meinen Marschall
Ney ä Bnar Stiefelhelzer von Sie gesehen. Nee, die waren
doch zu scheene! 's Herz hat mer ordentlich ver Frcidcn in
Leime gebewwert. Heren Se," sagt' er, „Herr Engemann,
wirden Sic ivohl die Gewogenheit hawen, nn' mir ooch so ä
Baar Stiefelhelzer machen? 'S darf Ihnen awer nich un-
angenehm sinn!"

„Jawohl," sag' ich, „Sire, mit'n greßten Vergingen!"

„Awer nich wahr," spricht Naboleon, „ooch so scheene
bolirt wie meinen Marschall seine?"

„Dadervor lassen Se mich sorgen," sag' ich, „Sire. Un'
Ihre sollen noch scheener wer'n als >vic Ihren Marschall seine."

„Herr Engemann," spricht Naboleon, „nehmen Sc in
Voraus meinen besten Mcrci. Wenn de Stiefelhelzer fertig
sinn, da bringen Se mer se gefälligst stn meine Wohnung —
nich wahr? Ich ivohne in Dhomä's Hans an Marchte, eine
Trebbe hoch. Empfehle mich Ihnen, Herr Engemann!"

Nach ä Baar Dagen hadd' ich also meine Stiefelhelzer
fertig. Wie ä Spiegel glänzten sc! Ich nehme se also unter'»
Arm und gehe dcrmit nach'n Marchte in Dhomä's Hans. Wie

ge mann.

ich in's Vorzimmer trete, is alles voll Fersten nn' Mameluken
un' Generäle . . . un' eben will mich Eener fragen, was ich
hier zu suchen hädde — da kommt mer ooch schon Naboleon
mit offenen Armen bis in de Dhierc entgegen: „Ach, Herr
Engemann! Sic bringen gewiß.meine Stiefelhelzer?"

„Jawohl," sag' ich, „Sire, hier sinn se."

„Nee," sagt er, „Herr Engemann, hier hawen Sc sich
merklich selwcr iebertroffen. Das hädde ich mer vor'n Jahre
noch nich drcimen lassen, daß ich heier in Besitz von so ä Baar
prachtvoll scheencn Sticfelhelzern sein Wirde! Na," sagt er,
„Herr Engemann, biddcn Se sich ene Gnade aus!"

„Nee," sag' ich mit männlichen Stolze, „Sire, ich danke.
Ich brauche keene Gnade von Sic!"

„Awer, Herr Engemann," spricht Naboleon, „Sie bringen
mich da in de greßte Vcrlegenhcet. Ich kann doch merklich so
ä Baar herrliche Stiefelhelzer nich fichr nischt und wieder
nischt annehmenl"

„Na," sag' ich, „Sire, wenn Se durchaus nich andersch
wollen, so lassen Se zum ewigen Angedenken meinen Namen
un' Ihren werthcn Namen neweneinander uff de Stiefelhelzer
brennen!"

Da winkte der Kaiser mit der Hand, nn' herein trat ä

Adjudant mit cn goldenen Kohlenbecken. Un' da wurde ä E
un' ü N uff de Stiefelhelzer gebrcunt: Engemann nn 'Naboleon!

Na, es mochten ü Sticker sicwen Jahre vergangen sinn, de
große Velkerschlacht war geschlagen, nn' der neinzchnte Ocdower
1813 brach an. — Reißaus! war de Losung der Franzosen.
Naboleon hadde eben bei seinen Freindc, den Kcnig von Sachsen,
ene Abschiedsvisite gemacht nn' empfahl sich mit ecnigen riehren-

den Worten von de sächsischen Garden, die uff'n Marchte
Bosto gefaßt hadden. — Ich stehe vor Sticglitzens Hofe, sehe
mer de Sache ruhig mit an un' nehme mer eben ene Prise.
Da ruft uff eemal Naboleon ieber das ganse Menschengewärge
weg: „Ach, Herr Engemann, Sie erlowen mer wohl ooch ü
Prischen?" Un' eens, zwee, drei — is er an meiner Seite.

„Jawohl," sag' ich, „Sire, mit'n greßten Vergingen; un'
cs dhut mer in der Seele weh', daß Se Ihren Aufenthalt in
Leipzig so pletzlich abzubrechen in de Lage versetzt sinn," sag' ich.