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Ein Intermezzo.

Stock die Scheibe ein.

Passendes Beispiel.

Lehrer: „Die Adjektiva auf osus bezeichnen eine fehler-
hafte Neigung zu etwas. Schwcppachcr nenne mir ein Beispiel!"
— Schüler: „Studiosus."

Begriffsverwirrung.

„Ich bin jetzt den schwarzen Kaffee nach dem Essen schon
so gewöhnt, daß mir's ganze Essen gar nicht mehr schmeckt,
wenn ich nicht meine Schale schwarzen Kaffee d'raus getrunken
Hab'!"

Auch ein Urtheil.

„.. . Was ich von dem Dichter Maximilian Stürmer halte?
Hm! das ist nicht leicht zu sagen! Sehen Sie, er hat ja als
Jüngling sehr hübsche Sachen geschrieben — aber seither —
hm! . . . kurz: er hat eine große Zukunft hinter sich!"

Eine nencntdeckte Gemäldesammlung.

Wenn auch die moderne Kunst in der Wahl ihrer Stoffe nicht
viel Abwechslung kennt, so dürften doch nur wenige Sammlungen
von Gemälden moderner Meister existircn, welche sümmtlich einen
und denselben Gegenstand darstellen. Eine solche Sammlung
verdanken wir aber einem unserer Mitarbeiter, und bieten wir
dieselbe den Lesern der „Fliegenden Blätter" mit kritisch er-
läuterndem Texte. Das Thema, welches mehrere der bedeutendsten
Künstler der Neuzeit behandelt haben, ist — der Kuß. Ließe
sich ein glücklicherer Gegenstand finden, der so wie dieser geeignet
wäre, das innerste Sein des Künstlers, sein eigenstes Wesen in
seiner Charakteristik hervortreten zu lassen, und uns das ganze
Wollen und Können des Einzelnen in seiner vollsten Bedeutung
zu offenbaren!

Betrachten ivir diesen unverkennbaren — Gabriel Max
(s. Bild 1, Seite 124). Verschmähend allen Reiz des Irdisch-
Sinnlichen, malt Max mit einem Fuße im Geisterreich stehend.

Eine neuentdeckte Gemäldesammlung. 423

Es ist der spiritistische Kuß, der uns hier selbst berührt.
Groß, edel, keusch hebt sich die Silhouette des vergeistigten
Mädchens von dem realistisch behandelten Hintergründe. Sie
denkt des Geliebten, der eben im fernen Lande begraben wird.
Schattenhaft schwebt seine Gestalt empor; das liebende Mädchen
sichl sic nur mit dem inneren Auge. Tönt es uns nicht entgegen,
wie Beethovens as-Onr-Sonate — Narem tünobro snlla
inorto ä'un 61-06? Er ist im heiligen Kampfe gefallen, zahl-
lose Thränen werden ihm fließen, bis die arme verlassene
Braut ihm nachfolgt, aufgelöst in Sehnsucht und Schmerz!

Welch' ein Contrast zwischen diesen vergeistigten, ge-
! brochenen Tönen und der üppigen Farbenwollust Makarts:

! „Küssende Amoretten, für einen Speisesaal bestimmt" (s. Bild 2).
Dort lauter Geist — hier lauter Fleisch. Fleisch um jeden
Preis und in allen Gestalten vom Braten bis zur Wurst.
Lachende Sinnlichkeit, heiterer Lebensgenuß, üppige Formen —
und Alles verklärt durch die glühend satte Farbe, deren Saft,
gleich dem einer süßen reifen Frucht, vom Bilde zu rinnen
scheint. Vergeblich laßt uns der Künstler mit Heine fragen:
was soll es bedeuten? Jeder kann sich das Bild auf seine
Weise erklären; der Künstler zwingt uns zu keiner bestimmten
Meinung. Fassen wir es als Vereinigung des Gemüsehandels
mit der Wurstlerei (einem Künstler wie Makart kann Alles
Wurst sein), als Pomona's Vermählung mit dem Gott des
Fleisches, als Triumph über den Vegetarianismus, oder nur
als Kuß auf — genug, daß es sättigend auf unsere Empfindung
wirkt, wie ein lucullisches Mahl, bei dem cs statt von
Weinen — von Farbe trieft.

Ist Makart der Darsteller der Ueppigkcit, so kann
man Courbet den Maler der Dürftigkeit nennen. Es
ist der „Kuß des Plebejers" (s. Bild 3), den er darstellt.
Und was versteht er daraus zu machen! Willst du wissen,
ob du zum Künstler berufen, so lasse dir die Augen verbinden,
und dich siebenmal im Kreise umdrehen, dann nehme die Binde
ab, und was du dann vor dir siehst, daraus mache ein
Bild. Kannst du's nicht, so bist du — kein Künstler. Courbet
kann's. Er kann aus Allein, auch aus Nichts — etwas
machen. Welch' ein naiver Blick für Natur! Man kann
zweifeln, ob die Gegenstände links unten Steine oder Leber-
knödel, Felsen oder Erdäpfel sind — aber man muß die
Naturwahrheit bewundern und die außerordentliche Technik an-
staunen. Seine Bilder mögen politisch gefährlich sein, weil
sic das Proletariat in seinem Elende vollendet darstellen, aber
eben diese Vollendung des Gemeinen ist sein Adel.

Im vollsten Gegensätze zu Courbet führt uns der ver-
ewigte Meister Genelli (s. Bild 4) in das Gebiet der Mytho-
logie. „Boreas küßt die Orithyia." Seine antiken Göttergestalten
reizen nicht sinnlich, sie wirken nur plastisch gewaltig, sie sind
nicht so fast nackt, als in Muskeln gekleidet, ja man könnte bei
Genelli beinahe von einem Faltenwurf der Muskulatur sprechen.
Darum verschmäht der Meister auch den Gebrauch der Farbe.
— Seine Wirkung liegt in der edlen Contour, bei der weniger
die Correctheit .der Verhältnisse, als die Massigkeit der Formen
in Betracht kommt.

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Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Ein Intermezzo"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Meggendorfer, Lothar
Entstehungsdatum
um 1881
Entstehungsdatum (normiert)
1876 - 1886
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 74.1881, Nr. 1864, S. 123
 
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