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Das Poniiy als Ehcstifter.

„ .. . Ach was, dummes Zeug. Bauer bleibt Bauer und
wenn Du ihn 20 Jahre auf allen Universitäten herumschickst, —
bei Gelegenheit kommt immer wieder der Bauer zum Vorschein.
Rüpel bleibt Rüpel!" — „Na, da thust Du ihm doch
bitter Unrecht. Uebrigcns scheinst Du ganz zu vergessen, daß
ich selbst ein Bauernsohn bin, und daß ich cs nur sage, ich
bin stolz darauf. -O, Ihr mit Eurer Einbildung, versteckt
Euch nur hinter Euren verrosteten Schilden, man sieht Eure
geflickten Hosen doch! Da bin ich wieder der Bcttclgraf, der

dumme Kerl. Gut, seht weiß ich doch, wie ich daran bin!

Bist ein schöner Freund — so ein Parvenü hat Ursache —
adieu! Wo man so denkt, habe ich nichts zu suchen." -
„Nun, nun," beruhigte die andere Stimme, „cs war ja gar

nicht so böse gemeint. Du warst gerade auch nicht fein —

lass' doch mit Dir reden — nicht? — na, so geh' zum
Teufel!" — Einer der Beiden, die dieses Gespräch führten,
ein sehr wohlbeleibter, alter Herr, eilte schnell der Gartenthüre
zu, während der Andere, ebenfalls mit weißem Kopf, ein
kugelrunder, gemüthlicher Alter, verblüfft, dabei ein bischen vor
Wuth schnaufend, seinem Freunde nachsah. Der Zurückgebliebene
war der alte General a. D. Joller, sein Gegner ein Güts-
nachbar, Graf Hartenfels, — Beide seit langen Jahren die besten
Freunde. Der Streit begann wegen eines Bekannten der beiden
Herren, der sich über die kleinen Passionen des Grafen schlechte
Witze erlaubt hatte. Wir haben das Ende des Gesprächs ge-
hört und dessen Folgen gesehen. Die Freunde wurden Feinde.
Brummend und verdrießlich ging der General nach seinem
Platze unter der Veranda zurück. Dort hatte sich während
der Zeit ein reizendes, junges Mädchen niedergelassen. Es

war die Tochter des Generals; sic hatte das Gespräch der
beiden alten Herren im Hause vernommen und den Grafen
fortcilen sehen. Die Neugierde und vielleicht noch etwas mehr
bewog sie, herauszukommen, aber sic machte eine Miene, als
ob sic keine Ahnung von dem hätte, was sich eben zugetragen.
„Grüß Gott, Lilly, schon wieder daheim? ...Oh, der Dick-
kopf ! — Aber was ärgere ich mich? Er ist ein alter Narr,
er kommt schon wieder!" brummte der General, und die
Fragen seiner Tochter nicht weiter beachtend, verließ er die
Terrasse und eilte, heftig ans seiner Pfeife dampfend, aus sein
Zimmer. Das arme Kind blieb in tausend Aengstcn zurück; sie
hatte am Ende auch einigen Grund dazu, denn der zweite Sohn
des Grasen war halb und halb ihr Bräutigam. Die beiden
jungen Leutchen fanden es selbstverständlich, daß sie einander be-
kämen und die Alten hatten nichts dagegen cinzuwenden. Lilly
dachte lange nach, fing dann endlich, wie es ja alle jungen
Mädchen in solchen Füllen zu thun pflegen, herzbrechend zu
weinen an, und hielt sich für das unglückseligste Geschöpf ans
Gottes Erdboden. Wenn die Vater Feinde, dann war ja Alles
zu Ende! Endlich reifte in ihr ein Entschluß und derselbe wurde
in Form eines Briefes sofort zur That. Der Brief sing mit
verzweiflungsvollen Schilderungen der Begebenheit an und endete
mit Schwüren: „Dein, auf ewig Dein! rc. rc." —- Der Gegen-
stand dieser Schwüre befand sich unterdessen in einer nicht
geradezu beneidenswerthen Lage;. der alte Graf setzte demselben
eben auseinander, daß aus der Heirath mit der Tochter des
Generals nichts werden könnte. „Solche Leute, mit solchen
Ansichten in meine Familie aufznnchmcn, das fehlte mir gerade
noch, kurzum die Sache hat ein Ende; — und nächste Woche
gehst Du zu Deinem Regiment! — daß mir aber nichts hinter
meinem Rücken geschieht, das bitte ich mir ans, Herr Lieutenant."
Die Bitten und Vorstellungen Karl's, so hieß der Unglückliche,
fanden nur taube Ohren; endlich zag er sich äußerlich ruhig,
innerlich aber fest entschlossen, nicht von Lilly zu lassen, aus
dem Zimmer seines Vaters zurück. Vor Allem wollte er mit
Lilly sprechen. Der Brief, den ein kleiner Jokey ihm heimlich
zusteckte, beschleunigte die Ausführung dieses Gedankens. Die
Liebenden hatten sich natürlich viel zu sagen und machte cs
denselben großes Vergnügen, die Schivüre des Briefes in's
Mündliche zu übersetzen. Aber wenn auch Lilly sicher war,
daß es ihr gelingen werde, ihren Vater versöhnlich zu stimmen,
schien doch der bekannte Starrsinn des alten Grafen jede
Hoffnung auf ihre Verbindung zu vereiteln. Doch wo
Menschen keinen Ausweg mehr finden, löst oft ein glücklicher
Zufall die 'schwierigsten Verwickelungen. Der alte Graf war
gewohnt, jeden Tag zum General zu reiten und dort seinen
Kaffee zu nehmen, während der General jeden Abend nach dem
Gute des Grafen ritt, um dort mit seinem Freund eine Parthic
Schach zu spielen. So war es lang schon gewesen und man
kann sich denken, wie schwer es den alten Herren wurde, ihrer
Gewohnheit zu entsagen. Wie es aber immer geht, keiner
wollte den ersten Schritt zur Versöhnung thun. Der alte
Gras ritt ans seinem fetten Ponny jetzt jeden Tag cntgegcn-
I gesetzt von seinem früheren Weg spazieren und drangsalirte
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Militärische Stoßseufzer"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Nagel, Ludwig von
Entstehungsdatum
um 1881
Entstehungsdatum (normiert)
1876 - 1886
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Pferd <Motiv>
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 74.1881, Nr. 1869, S. 162
 
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