Fliegende Blätter (78.1883 (Nr. 1953-1979))

Ein höflicher Richte r.

Richter: „Sie führen Klage darüber, daß Sic Ihr Nach-
bar in Folge eines Streites geschlagen hat?" — Wäscherin:
„Ja, Herr Präsident, er schlug mich mit seinem Stocke mehr-
mals aus. . . auf..." (stockt). — Präsident: „Nun, setzen
Sie sich gefälligst auf das Ihnen fehlende Wort!"

Chapeau a la Tunnel.

160 Variation.

Wenn du noch ein Kommersbuch hast.

Voll schöner lust'ger Lieder,

Dann leih' dasselbe ja nicht aus.

Sonst kriegst du es nicht wieder.

Tröstlich.

Vater (zu seinem von der Universität zurückkehrenden Sohn):
„Na, Du hast doch keine Schulden?"— Sohn: „Dreitausend
Mark!" — Vater: „Was? dreitausend Mark?" — Sohn:
„Nun, bist Du nicht stolz, daß Dein Sohn einen so großen
Kredit hat?" _

Der wahre Kulturmefscr.

Der wahre Kulturmefscr.

Ein Trunk aus Malz und Hopfen schien
Ein Labsal unser'n Rittern,

Sic ließen nicht durch Glycerin
Ihr Dasein sich verbittern.

Und größer wurde die Kultur, —
Verschwunden sind die Ritter,

Jetzt trinkt der Neugermane nur
Vergnügt drei Achtel-Liter.

Und schaut man erst nach Tag und Jahr
Der höchsten Bildung Blüthcn,

Dann nippt der durst'gen Enkel Schaar
Vergnügt aus Fingerhüten.

O Licbig, dich begreif' ich nit!

Wie kam der Satz zur Reife:

Der Völker Bildung halte Schritt
Mit dem Bedarf au Seife!?

Was du da sagst, ist eitel Wind
Und macht die Menschheit irre —

Die wahren Bildungsmesser sind
Der Völker Trinkgeschirre!

Die waren noch von rechter Art,

Die alten Deutschen nämlich!

Sic waren zäh und wetterhart.

Nicht pessimistisch-grämlich.

Sie sckpvciftcn jagend durch die Flur
Mit Bogen, Speer und Köcher,

Ihr Trinkglas war das Horn vom Ur,
Sie soffen wie die Löcher!

Für die Reise-Saison.

lind als die Bildung sie ergriff.
Die alten biedern Lumpen,
Bekamen sie allmählich Schliff,
Da zechten sic aus Humpen.

Nedaction: I. Schneider in München. — Verlag von Braun & Schneider in München.
Kgl. Hof-Buchdruckerei von E. Miihlthalcr in München.

Hiyu eine Beilage.