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v-s«»8

„Minna", begann ich wieder, „ich
muß jetzt mit Dir streiten, uni unjer'n
Frieden zu wahren. Meinetwegen mögen
fortan alle Frauen des bewohnte» Erdballs
die ^asiatische Quelle trüben, mich soll's

einzigen werde ich nie und nimmer dulden,
daß sie mir fremde Götzen in's Haus
bringt, — von meiner Frau nicht.

Das merke Dir!"

„Aber, mein Himmel, waS willst Du
von mir? Ich habe ja auch nicht einen
Schalten von Talent oder Lust zum Schreiben." — „Und
was war's fiir eine Art von Schreiben, das Du so entsetzt
verstecktest, als ich vorhin unerwartet nach Hause kam?" —
„Das — kann ich Dir jetzt nicht sagen." — „Ah, wann
denn?" — „Später, bald." — „Oh. ich glaube so viel
Anrecht aus Dein Vertrauen sordern zu können, um sogleich
Aufklärung zu verlangen." — „Anrecht aus Vertrauen sor-
dern kann Niemand." — „Ah, eine Romanphrase, die mich
in meinem Verdachte nur bestärken könnte. Noch einmal
frage ich, was hast Du vorhin geschrieben?" — „Ich
kann es Dir jetzt nicht sagen. Ich bitte Dich inständigst,
lieber Walter, quäle mich nicht so entsetzlich, vertraue mir!"
— „Weißt Du", rief ich jetzt, immer aufgeregter werdend,
„was viele andere Ehemänner in meiner augenblicklichen Situation
beginnen würden? Kennst Du das sürchlcrliche Mißtrauen der
Eisersucht — —" — „Psui, Waller, um Gotteswillen!" —
„Beruhige Dich, ich sprach von andcr'n Ehemännern, uns kenne
ich zu gut, was das anbetrifft." Minna senkte das Haupt
und wandte sich ab. „Uebrigcns", suhr ich fort, „scheint mir

meine Vermuthung in Betreff Deiner
Schriststellcrei doch jo ziemlich begründet
zu sein, denn wozu solltest Du sonst zwöls
Bogen Papier großen Formates gebrauchen
können?"

Meine Frau fuhr aus. „Woher weißt
Du . . . ?" — „Vom Papierhandler." —
„Ah, Du spionirst! Walter, das habe
ich nicht verdient!" Sic sah mich halb
verächtlich, halb mitleidig mit den glänzen-
den, braunen Augen an und verließ
schnellen Schrittes das Zimmer.

Ich setzte mich, wie inimer nach Tische, in die Sophaecke,
aber ich vergaß, die übliche Cigarre anzuzünden. Mir war recht
unangenehm zu Muthe, und ich versank in Grübeleien. Was
konnte mein Weib zu schreiben haben, das ich nicht wiffcn durste?
Ich durchlies unzählbare mögliche und unmögliche Vermuthungen,
immer nur konnte ich zu der einen denkbaren Wahrscheinlichkeit
gelangen, daß Minna dem mir so verhaßten Schrcibkrampse ,
heimgesallen sei. Der Gedanke, der eine Handlungsweise mci>
ttcuen Weibes auch nur im allerentscrntcsten mit dem Schatten
einer Untreue gegen mich hätte in Verbindung bringen können,
der Gedanke war nicht unter den vielen aus mich cinstürmcnden.
Das muß ich hier zu unserer beiden Ehre bekennen.

Nein, es war nur die eine Möglichkeit: Minna dichtete!
Sic kannte meine unwandelbare Aversion gegen dichtende Frauen,
sic dichtete heimlich. Jndcffen tröstete ich mich damit, daß meine
schnelle und heftige Opposition sie von einer Lächerlichkeit zurück-
schrccken würde, die ihr ganzes Lcbcnsglück zerstören könnte. Ja,
die kluge und gute Minna würde ohne Zweifel eine sinnlose Lieb-
haberei der Liebe zu ihrem Gatten untcrordnen, so dachte ich.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Sie schreibt"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Albrecht, Henry
Entstehungsdatum
um 1884
Entstehungsdatum (normiert)
1879 - 1889
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 81.1884, Nr. 2038, S. 49
 
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