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Die Vergangenheit.

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denen ich keine Ahnung hatte. Sie machte mich zum galanten
Ritter der Damen, für meine Klara also zum Don Juan, obgleich
ich Beides nie gewesen war. Sie stellte mich als Haupthelden bei
allen Raufereien hin, um mich meiner Gattin als kühnen, uner-
schrockenen Mann zu zeigen, aber in Klara's Augen wurde ich zum


Raufbold. Hub als Selica nun gar begann: „Und trinken konnte
Ihr Karl! Vier Seidel hintereinander, jedes in einem Zug!" da
unterbrach sie meine Frau mit den Worten: „Ich danke Ihnen!
Jetzt weiß ich erst, was ich für einen Mann besitze! Seit heute habe
ich ihn nach seinem wahren Wcrthe achten und schätzen gelernt!"

Nun wußte ich, was die Glocken geschlagen hatten. Als wir
gegessen, trieb ich zum Aufbruch. Selica verabschiedete sich höchst
freundschaftlich von uns, wobei sie mich — Gott sei Dank — wieder
"nt „Sie" anredete.

„Weißt Du, Karl", sagte unterwegs meine Frau mit zur
Schau getragener Lustigkeit, „dieser Ausgang fängt au, mich zu
interessiren. Man macht doch recht nette Bekanntschaften. Ich
diu neugierig, was uns der Abend noch bringen wird!"

„Ich auch!" versetzte ich trocken.

„Das glaube ich", erwiderte sie in bitterem Tone; „es ist
manchmal für die Lebenden sehr unangenehm, wenn die Geister aus
den Gräbern steigen!"

Mein Humor kehrte zurück. „Wie ein Gespenst sieht die
250 Pfund schwere Selica nun nicht gerade aus", meinte ich.

Klara warf mir einen wüthendcn Blick zu. „Tic ganze Sache
scheint Dich noch zu amüsircn?"

«Ja; ich kam mir vor, wie Ulysses bei den Phäaken. Der
länger preist meine Thatcn und ich hörte gerührt zu, die unver-
meidliche Thränc im Auge."

„Zu solchen Thaten wird sich wohl kein Sänger finden!"

Diese Worte waren in einem Tone gesprochen, daß ich es
unter meiner Würde hielt, darauf zu antworten. —

Im Theater saßen wir in einer Loge allein. Es wurde eine
elende Posse gegeben. Die Darstellung allein trug das Stück. Die
Schauspieler thaten ihr Möglichstes. Unter ihnen fiel mir die
Soubrette am meisten aus. Sic war ein frisches, junges Blut von
hübscher Figur und heiterem Gesicht.

Das Mädchen schien ihre Blicke mit einer gewissen absichtsvollen
Beharrlichkeit auf unsere Loge zu richten, so daß mich ein gewisses
trauen, eine Ahnung drohenden Unheils überkam.

Ein Lieutenant, welcher die Loge vis-a-vis inne hatte, schien
Kleinen aus der Bühne ebenfalls die größte Aufmerksamkeit zu
schenken, und beehrte mich, das Kokcttiren der Soubrette bemerkend,

mit giftigen Blicken. Nach dem ersten Act warf er der Schauspielerin
ein prachtvolles Bouquet auf die Bühne.

Wie erstaunte ich jedoch, als während des zweiten Actes die
Logenthür aufging und der Schließer mir ein Billet nebst einem
Blumeusträußchen übcrbrachte!

„Für Herrn Karl
Ebert!" sagte der
Mann mit vertrau-
lichem Lächeln. Meine
Frau ergriff Blumen
und Brief, öffnete, las
und reichte mir dann
Beides mit einer
Miene, die sich nicht
beschreiben läßt. Und
doch war der Inhalt des Billets ganz unschuldig. Er lautete:
Verehrter Herr Ebert!

Kennen Sic denn die kleine Else Lehmann nicht mehr, die
Sie vor sechs Jahren bei ihrem ersten Versuche auf den Brettern
so freundlich unterstützten? — Wie Sic sehen, bin ich vorwärts
gekommen. Dem Himmel sei Dank und meinem Lieutenant!
Ich nenne mich jetzt Irma Karoli, denn deutsche Schauspielerinnen
müssen immer aus dem Auslande sein. Jetzt sind die ungarischen
Soubretten Mode.. Wer ist denn die Dame neben Ihnen? Es
sollte mich freuen, wenn Sie glücklich verheirathct wären.

Mit herzlichen Grüßen und Küssen — ja, die Küsse standen
da, sie ließen sich nicht wegleugnen — Ihre

frühere Adoptiv-Tochter Karoli-Lehmann.

(Schluß folgt.)

Anfang zur Versöhnung.

Verwalter: . Unser Herr Pfarrer und der Oberförster

haben sich also wirklich arg zcrkriegt?" — Wirth: „Wird
schon wieder gut werden.. Wissen Sie, grüßen thun sie sich
noch nicht, aber seit acht Tagen kommen sie doch wieder
jeden Abend zum Tarock zusammen!"
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Vergangenheit" "Anfang zur Versöhnung"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Graetz, Theodor
Nagel, Ludwig von
Entstehungsdatum
um 1893
Entstehungsdatum (normiert)
1888 - 1898
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 99.1893, Nr. 2523, S. 207

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
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