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Das Rathaus in Duderstadt — Forschungen der Denkmalpflege in Niedersachsen, Band 6: Hameln: Verlag CW Niemeyer, 1989

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https://doi.org/10.11588/diglit.57465#0132
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HORST MASUCH/HANS-REINHARD FRICKE

im Keller statt. Der Ratsweinkeller — ursprünglich
Ansatzpunkt für die Beantragung von Fremdmit-
teln — wurde zwar für die Jahrtausendfeier instand-
109 gesetzt und sicher auch entsprechend genutzt, aber
bereits vor 1931 nur noch im Winter zur Aufbewah-
rung der städtischen Zierpalmen gebraucht. Weiter-
hin wurde im Erdgeschoß die Jugendherberge und
im ersten Obergeschoß die Wohnung des Ratsdie-
ners umgebaut. Die Amtsräume wurden renoviert
und teilweise neu möbliert, der Sitzungssaal erfuhr
eine gründliche Neugestaltung. Dort wurde die
Wand zum Vorraum herausgebrochen und durch
drei Bogenöffnungen ersetzt. Alle Wände wurden
paneeliert und gestrichen, weiterhin zwei Kron-
leuchter in Blankmessing angebracht. Außerdem
wurde im zweiten Obergeschoß ein Amtszimmer
für den Bürgermeister neu eingerichtet.
Der Schwerpunkt der Innenarbeiten lag jedoch
— auch im Hinblick auf die 1000-Jahr-Feier der
Stadt — in einer den seinerzeitigen Vorstellungen
entsprechenden repräsentativen Ausgestaltung des
großen Saales und der Laube. Der Dielenfußboden
des Saales und der bisherige Plattenboden der
Laube wurden einheitlich durch einen Fußboden
aus Solnhofner Platten ersetzt, die beiden zu Beginn
des Jahrhunderts geöffneten Fenster in der Nord-
wand des Saales wieder vermauert. Die westliche
Türöffnung in der Südwand wurde in Größe und
Ausgestaltung der Türflügel den beiden anderen
angeglichen, wobei die vorhandene mittlere Tür in
die westliche Öffnung gesetzt und in die Mitte eine
neue Tür eingebaut wurde. Die Türen in der West-
102 wand des Saales zur Sparkasse wurden ebenfalls er-
neuert, die zur Laube ausgebessert. Die Saalwände
wurden mit Paneelen versehen und — wie die
Decke — neu gestrichen. Die Saalbeleuchtung
wurde durch zwei Säulen- und acht Wandlampen
ergänzt, was sich wegen des Zeitdrucks durch den
Festakt zum Stadtjubiläum nicht ohne Probleme
vollzog; auch in die Laube kamen drei Laternen.
Im Saal und im oberen Flur wurden hergerichtete
„Altertümer“ und alte Bänke aufgestellt; es bleibt
aber unklar, um welche Gegenstände es sich han-
delte. Über der mittleren Tür der Saalsüdwand
wurde das von Holzbildhauer Friedrich Opper-
mann geschnitzte und von Malermeister Karl Bur-
140 chard vergoldete Stadtwappen angebracht, das sich
heute noch an der gleichen Stelle befindet. Dieses
ist in der Geschichte des Rathauses das erste und
damit auch das älteste Stadtwappen, das mit dem
Gebäude fest verbunden ist.
Wenn auch die endgültige Abrechnung erst am
5. März 1931 erfolgte, waren doch die wesentlichen
Arbeiten 1929 beendet, diesmal — anders als zu Be-
ginn des Jahrhunderts — auch zur Zufriedenheit
der Denkmalpflege. Bereits in der ersten Phase
hatte Konservator Hiecke darauf hingewiesen, daß
über die übliche Beteiligung der Denkmalpflege

hinaus angesichts der in so ungewöhnlichem Um-
fang der Stadt bewilligten Lotteriemittel besondere
Aufmerksamkeit geboten sei, um ein eigenmächti-
ges Handeln des Magistrates zu verhindern. Die
Stadt betonte wenig später, daß alle Arbeiten im
engsten Einvernehmen mit dem von Hiecke emp-
fohlenen Professor Fischer erfolgten. Probleme
gab es nur wenige. Im zweiten Obergeschoß wurde
teilweise nach eigenen Angaben der Stadtverwal-
tung gestrichen und tapeziert, wobei es sich nach
Angaben des örtlichen Bauleiters, Regierungsbau-
führer Pape, lediglich um das damals als Bürgermei-
sterzimmer genutzte Stadtsekretariat handelte, das
ausnahmsweise den Wünschen des Bürgermeisters
entsprechend ausgestaltet wurde. Dies scheint tat-
sächlich eine Ausnahme gewesen zu sein. Ein Reise-
bericht Hieckes vom 28. Mai 1929 lobte den Stand
der Arbeiten. Unter der „trefflichen künstlerischen
Leitung Fischers“ seien das größtenteils fertige
Äußere „zu sehr guter Wirkung“ gebracht sowie
die Haupträume in „charaktervoller Weise“ neu
hergerichtet worden.
Einen Problempunkt zwischen Stadt und Denk-
malpflege bildete anfänglich die Ausschmückung
des Rathaussaales, der nach dem erklärten Willen
des Bürgermeisters das „Hauptprunkstück“ des
Gebäudes werden sollte. Darum war geplant, die
beiden Längswände mit j e vier Bildern zu bemalen:
vier mit Darstellungen historischer Ereignisse, vier
mit Motiven aus der Gegenwart. Die Pläne dafür
scheinen von Anfang an bestanden zu haben. Am
13. März 1928 erkundigte sich der Hildesheimer
Bildnismaler O. Popp nach den ihm bei einem Vor-
gespräch in Aussicht gestellten Unterlagen. Die
Denkmalpflege in Person Hieckes lehnte aber
Wandmalereien ab, allenfalls gerahmte Bilder
könnten zur Not als Wandschmuck aufgehängt
werden. Dieser Vorschlag wurde akzeptiert, und es
begann die Suche nach einem geeigneten Maler, an
der der Bürgermeister, Ministerialrat Blank und
Professor Fischer beteiligt waren. Im Gespräch
waren die Maler Georg Greve-Lindau und die Ber-
liner Peter Landvogt und Knottnerus-Meyer, der
— nachdem die Finanzierung durch den Hannover-
schen Städteverein gesichert war — auf Vorschlag
Fischers den Auftrag für sechs Bilder erhielt. We- 141
gen der späten Auftragserteilung wurden diese
nicht mehr bis zum Stadtjubiläum fertig. Sie wur-
den erst am 12. Januar 1930 an der Süd-, West- und
Nordwand des Saales aufgehängt, wodurch nach
Meinung der örtlichen Presse der Saal sehr gewon-
nen hatte.
Ungeachtet dieser Einschätzung wurde bereits
Mitte der 30er Jahre eine neue Bebilderung geplant,
aber nicht ausgeführt. Ein erneuter Änderungsvor-
schlag wurde 1946 ausgesprochen. Da die vorhan-
denen Bilder vielen nicht mehr gefielen, sollten
nunmehr Fresken nach dem Entwurf Greve-Lindaus

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