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Zeitung der 10. Armee — Wilna, 2.Oktober - Dezember 1917

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Hefte 401-402, 30.-31. Oktober 1917
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https://doi.org/10.11588/diglit.12997#0003
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A

TUNG

R IQ. ARMEE

Anschrift: Armeezeitnng, Deutsche Feldpost 671 o Verantwortlicher Schriftleiter: Leutnant der Reserve Urbach, o Die Armee-Zeitung erscheint täglich außer Montags. Monatlicher

teile): Uffz. und Mannschaften 0.60 M, Offz. und Beamte d. Armee 1,20 M,
geld besonders) 1,20 M. Heeresangehörige können die A.-Z. an An-
von I.20M monatl. oder 3,60 M vierteljährl. durch Feldpostanweisung.
In der Heimat kann die A.-Z. bei der Post sowie im Buchhandel zum Bezugpreis von 1,20 M monatl. oder 3,60 M viertel], zuzügl. Bestellgeld bestellt werden, o Unbefugter Nachdruck verboten.

N^T^^T™"""" ~ "wiFnaT^ie'iastag1, "am" 30."Qilbhart 1917 2. Jahrgang

Bezugpr-fia für Armeeangehörige (Bestellungen nur durch dio Truppen-

eonstigc

Bezieher durch die Geschäftstelle 1,20 Af. Postbezieher (Bestell- EinZeluUtllHier 10 Pf. = 5 K00.

schritten in der Heimat überweisen lassen; Bestellungen unter Einsendung

Deutscher Heeresbericht

vom 29. OKtober

Westlicher Kriegschauplatz

Heeresgruppe Kronprinz EupprccHt:
Dunst und Nebel schränkte die Kanipftiitigkeit
ein. Trotzdem war längs der Yser das rener leb-
haft. Es erreichte besonders bei Dixmuiden nachts
große Heftigkeit. Vorstöße feindlicher Abteilun-
gen nördlich der Stadt scheiterten. Zwischen dem
Houithoulster-Walde und der Lys belegte der Geg-
ner unsere Kampfzone mit einzelnen starken Feu-
erwellen. Englische Infanterie, hinter Trommel-
leuer von Rauchgranaten vorgehend, griff nörd-
lich der Bahn Boesinghe-Staden an; in unserer Ab-
wehrwirkung brachen die Sturmwellen zusammen.

Heeresgruppe Deutscher Kronprinz:
Am Chemin des Dantes stürmten starke französi-
sche Kräfte nach heftiger Artillerievorbereitung
zweimal bei Braye an. Von unserem Feuer, an
einzelnen Stellen durch Gegenstoß unserer Gra-
benbesatzung gefaßt, mußte der Feind zurückwei-
chen; er hatte schwere Verluste und ließ Gefangene
in unserer Hand.

Bei den andern Armeen nur stellenweise auf-
lebende Gefechtstätigkeit.

Seit dam 22. 10. verloren die Gegner durch
Luftkampf und Abwehrfeuer 48 Flugzeuge, davon
3 im Heimatgebiet. Leutnant Müller schoß den
30. und 81., Leutnant von Büloiw den 22. und 23.
feindlichen Flieger ab. v„"4«

Oestlieher Kriegschauplatz

Keine Ereignisse von Bedeutung:.

Mazedonische Front

Im Becken von Monastir, im Cerna-Bogen
und vom Wardar bis zum Doiran-See, bekämpften
sich die Artillerien lebhaft.

Italienische Front

Der durch die Erfolge beflügelte Angriffsgeist
der deutschen und Österreich-ungarischen Divisio-
nen der Armee des Generals der Infanterie Otto
von Below hat die ganze italienische Isonzofront
zum Zusammensturz gebracht. Die geschlagene
2. italienische Armee ist im Zurückfluten gegen
den Tagüaniento. Die 3. italienische Armee hat
sich dem Angriff auf ihre Stellungen von der
Wippaeh bis zum Meer nnr kurze Zeit gestellt; sie
ist in eiligem Rückzüge längs der Adriatischen
Küste. Auch nördlich des breiten Durchbruchs
ist die italienische Front in Kärnten bis zum
Plöckenpaß ins Wanken gekommen. Feindliche
Nachhuten versuchten bisher vergeblich, das un-
gestüme Vorwärtsdringen der verbündeten Ar-
meen zu hemmen. Deutsche und Österreich-unga-
rische Truppen stehen vor Udine, dem bisherigen
großen Hauptquartier der Italiener. Oesterreich-
ungarische Divisionen haben Cormons genommen
und nähern sich im Küstengebiet der Landes-
grenze. Alle Straßen sind von regellos flüchtenden
Fahrzeugkolonnen der italienischen Armeen und
Bevölkerung bedeckt; die Gefangenen- und Beute-
zahlen sind dauernd im Wachsen. Heftige Gewit-
tert Verbunden mit schweren Niederschlägen, ent-
luden sich gestern über dem gewaltigen Kampf-
felde der 12. isonzoschlacht.

Abendbericht

In einzelnen Abschnitten der flandrischen
Front und am Ghemin des Dames herrscht leb-
hafter Artilleriekampf.

Im Osten nichts Wesentliches.

In der italienischen Ebene gute Fortschritte.

Unsere Uboote

Berlin, 28. 10. (amtlich)
An der englischen Westküste wurden durch
unsere Uboote wiederum 6 Dampfer versenkt, dar-
unter der bewaffnete englische Dampfer Main
sowie die englischen Dampfer Eskmore und W.
M. Parkley; erster hatte, nach Art der Explosion

zu urteilen, Munition geladen, letzter führte Bier
von Dublin nach Liverpool. Ferner waren unter
den versenkten Schiffen 2 englische tiefbeladene
Dampfer, von denen einer bewaffnet war.

Angriff auf einen amerikanischen Transport-
dampfer

Bern, 28. 10.
Der Pariser Neuyork-Herald meldet, daß ein
amerikanischer Transportdampfer von einem
deutschen Uboot nahe der französischen Küste an-
gegriffen wurde. 7 Matrosen wurden durch Ge-
schützfeuer schwerverwundet. Durch einen ameri-
kanischen Torpedojäger wurde der Dampfer dann
gerettet.

Seegefecht im Kanal

Berlin, 28. 10. (amtlich)
Nördlich Ostende kreuzende leichte Streit-
kräfte des Gegners wurden am 27. nachmittags
gleichzeitig von unseren Torpedobooten mit Ar-
tillerie und einer großen Zahl von Flugzeugen mit
Bomben angegriffen. Obwohl der Feind beschleu-
nigt nach Westen abmarschierte, wurden ihm
mehrere Treffer beigebracht. Die eigenen Streit-
kräfte sind unbeschädigt zurückgekehrt.

London, 28. 10. (amtlich)
Sechs britische und französische auf der Höhe
der belgischen Küste patrouillierende- Zerstörer
sichteten am 27. 10. nachmittags drei deutsche
Zerstörer und 17 Flugzeuge und griffen sie an.
Zwei direkte Treffer wurden auf den feindlichen
Zerstörern erzielt, die sich sogleich unter dem
Schutze ihrer Laadhatterien zurückzogen. Das
Flugzeuggeschwader wurde durch das Luftab-
wehrfeuer unserer Zerstörer zerstreut. Jedes
Flugzeug warf drei Bomben in die Nähe unserer
Schiffe ab, die, abgesehen von zwei leichtverwun-
deten Leuten, keinen Schaden anrichteten.

Ein englischer Monitor
schwer beschädigt

Berlin, 29. 10. (amtlich)
Am 28. 10. nachmittags wurde ein nördlich der
flandrischen Küste kreuzender großer englischer
Monitor von unseren leichten Streitkräften über-
raschend angegriffen und schwer beschädigt.

Abermaliger Kanzlerwechsel

Berlin, 29. 10.
Wie der Berl. Lokalanz. erfährt, hat sich Seine
Majestät der Kaiser für den Rücktritt des Reichs-
kanzlers Dr. Michaelis entschlossen. Ueber den
Nachfolger ist bis zur späten Abendstunde nichts
bekannt geworden. Doch dürfte sein Name im
Laufe des heutigen Tages amtlich veröffentlicht
werden.

Der Berl. Lokalanz. meldet aus München: Der
bayrische Ministerpräsident Graf Hertling ist
gestern abend nach Berlin abgereist.

Kopenhagen, 29. 10.

Der hiesige deutsehe Gesandte Graf Brock-
dorff-Rantzau ist .vormittags nach Berlin abge-
reist.

Letzte Nachrichten

Der Zug des Todes

Der BerL Lokalanz. vom 29. meldet: Prinz Chri-
stian von Schleswig-Holstein ist gestern gestor-
ben. Er war am 2. 1. 1831 zu Augustenburg gebo-
ren. 1866 vermählte er sich in Windsor mit He-
lena, der ältesten Tochter der Königin Victoria
von England. Er war preußischer Generaloberst
und stand ä la suite des 3. Garde-TJlanen-Regi-
ments. Die vor einigen Tagen gestorbene Char-
lotte von Esmarch war eine Schwester des Prinzen.
Cadorna abgesetzt?
Die Zürcher Morgenztg. schreibt: Die Tatsache,
daß die italienischen Heeresberichte nicht mehr
die Unterschrift Cadornas tragen, veranlaßt uns,
die von der italienischen Grenze beharrlich kom-
menden Gerüchte von einer bereits erfolgten oder
bevorstehenden Veränderung im italienischen
Oberkommando zu verzeichnen.

Znm400.Geburtstag derReformation

Von Theodor Kapp stein

Am 31.10. tritt der Protestantismus in das
Jubiläumsjahr der deutschen Reformation
ein, dessen Feier vom Kriege beschattet wird.
Wie unscheinbar begann diese Bewegung!
Da heftet ein jugendlicher Augustinermönch
1517 an die Schloßkirche zu Wittenberg 95
theologische Sätze in lateinischer Sprache,
über die er andern Tages öffentlich zu dispu-
tieren sieh bereit erklart. Dieser unwichtige
Vorgang wird die Geburtstunde einer Tren-
nung der Brüder des deutschen Hauses in der
Kirchenspaltung; jedoch gleichzeitig eine
Entbindung von neuzeitlichen Geisteskräften,
die nach protestantischer Ueberzeugung der
abendländischen Welt ein freieres Gepräge
erhöhten Werts für alle Zeit aufgedrückt
haben.

Man erwäge mit ruhiger Prüfung: nichts
lag dem religiösen Reformer vor 400 Jahren
so fern wie die Naturwissenschaft; doch er
hat, geschichtlich gesprochen, die Herrschaft
des Aristoteles gebrochen und damit der selb-
ständigen Naturforschung den Weg geebnet.
Er hört von Kopernikus und lehnt ihn ab als
einen von den Leuten, die durchaus Neues
aufbringen wollen; hätte jedoch die neue
Astronomie auch anderswo als unter den
Deutschen ausgebaut werden können? Gali-
lei mußte sie abschwören, und Giordano Bruno
wurde für sie verbrannt. Luther hatte dem
Gewissen die Freiheit des Glaubens, wie er
ihn erlebte, gebracht; indem er aber die ein-
zelne Seele auf sich selbst stellte und es den
höchsten Schrecken hieß, wider das Gewissen
zu handeln, erwuchs aus solcher inneren Selb-
ständigkeit die protestantische Kultur und
entwickelte sich folgerichtig auch die äußere
Freiheit der bürgerlichen Gesellschaft. Rettet
uns nur der eigen wachsende Glaube an das
Wort Gottes, das sieh aus der Bibel in un-
serm Innern als religiös verbindlich uns be-
zeugt, so fällt die äußere Autorität. Die sich
auswirkende Kraft dieses protestantischen
Grundgesetzes erlöste in der Folge auch die
Betrachtung der Natur, die die eigene Beob-
achtung an Stelle der Lehrbücher einsetzte.
Alexander der Große, schreibt Adolf Hauß-
rath in seiner Lebensbeschreibung Luthers,
hat die Schranken zwischen Orient und Okzi-
dent aufgehoben und den Boden hergestellt,
auf dem die neue Kultur erwuchs; Karl der
Große hat das heilige Reich gegründet, in dem
Lateiner und Germanen, gebeugt unter eine
gemeinsame religiöse Autorität, zusammen-
arbeiten konnten; Martin Luther hat der Hei-
ligherrschaft ein Ende gemacht, als sie nur
noch ein Vorwand für die Welschen war, die
andern Rassen auszubeuten.

Luthers deutsches Genie, das in der Ein-
heit des volkstümlich Natürlichen mit dem
mystisch Geistigen (H. Thode) bestand, hat
das vielumstrittene Verhältnis zwischen Kir-
che und Staat umgestaltet. Mit der endgülti-
gen Aufhebung der Herrsehaftsansprüehe der
Kirche über den Staat siegt der neuzeitliche
Staat. So kam die Duldsamkeit zum Durch-
brach. Und der Beruf jedes Bürgers ge-
winnt seine gottgewollte Würde. Jeder tue
redlieh im Schweiß des Angesichts das Seine,
dann darf er Gott um seine» Segen bitten.
Ebenbürtig als Kulturmacht ersten Ranges
erwies sich die Familie, das eheliche Haus,
dem Luther ihre vollen natürlichen und sitt-
lichen Rechte zurückerobert hat. Dies welt-
liche Geschäft' haben fürder nicht die Geist-
lichen zu ordnen und zu leiten. Der ehelose
Stand als die Oberstufe, die Ehe als das klei-
nere Uebel wichen germanischer Hausweihe.
Die Haustugenden sind der rechte Gottes-
dienst. Und man vergesse nicht: auch das
deutsche Pfarrhaus wurde wieder durch Lu-

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