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Zeitung der 10. Armee — Wilna, 2.Oktober - Dezember 1917

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Hefte 403-436, November 1917
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https://doi.org/10.11588/diglit.12997#0018

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9%

und setzen die jungen Leute nebeneinander
in die Nähe des Ehrenplatzes.

Die Braut gibt dem Bräutigam Rauten-
felüteh, deren Stengel in ein weißes Tüeftlein
eingewickelt sind. Der junge Mann nimmt es
und, nachdem er die Rauten herausgewickelt,
steckt er sie hinter den Rock an die Brust; das
Tuch verwahrt er sich. Nachdem er aber von

sich zu beraten und verschiedene für das in
Aussicht genommene Leben nötige Sachen zu-
zuweisen.

Während die Verbindung des jungen Paa-
res besprochen und beraten wird, trinkt der
Freiwerber mit den Eltern der Braut die
ganze Flasche des mitgebrachten Getränkes
aus; dem Bräutigam aber und der Braut gibl
er nichts zu trinken; sie sitzen beide nur am
Tisch, indem sie verstohlen neugierig aufein-
ander schauen und selten miteinander Worte
wechseln.

Wenn sie in allen Dingen übereingekom-
men sind, gibt die Braut dem Bräutigam eine
Rautenblüte, die in ein langes Stück feiner
Leinwand oder in ein Tuch hineingelegt ist;
er solle es der zukünftigen Schwiegermutter
als Zeichen dessen bringen, daß sie, die Braut,
ihn zu heiraten, sich mit ihm zu vermählen be-
absichtige. Und das wird Verlobung oder Zu-
sammen trunk genannt.

7. Die Besieh tijruBg

Während der Verlobungszeit bittet der
Bräutigam die Eltern der Braut, sie möchten
Besichtiger schicken, das Grundstück, das
Wohnhaus, die Habe und das Gut, das Vieh
und das ganze Erbteil des Bräutigams zu be-
sehen.

Die Eltern des Bräutigams erwarten, nach-
dem sie verschiedene Speisen herbeigeschafft,
verschiedene Getränke besorgt, sich gesäubert
und angekleidet haben, die Besichtiger, um
ihnen die gute Ordnung ihres Hauses zu zei-
gen, ihr Hab und Gut und ihre Berühmtheit
zur Schau zu tragen und die Besichtiger gut
aufzunehmen.

Am verabredeten, bestimmten Tage schik-
iken die Eltern der Braut zur Besichtigung

einen geeigneten Mann zum Bräutigam um ^^%vk^n%^&L
nachzusehen, wie er dort lebt, sieh nach allem j
zu erkundigen, alles zu erfahren und nach
Möglichkeit auszukundschaften, wie der Bräu-
tigam ist, welchen Wesens, wie er arbeitet, wie
seine Sitten sind und welche Gewohnheiten
er hat. Angekommen, fragt der Besichtiger.

Das eben ist das Zutrinke-Fest der Braut oder
das Ringe wechseln (Verlobung).

Zum Abschiede schenkt der Bräutigam sei-
ner Verlobten ein prächtiges, teures Tuch.

Sobald sich die jungen Leute vom Ehren-
plätze erheben, fällt der Bräutigam auf die
Knie, umfaßt die Knie der Eltern der Braut,
dankt für die geschenkte Tochter, für alle
Gnadenbezeigungen und Versprechungen, in-
dem er bittet, es möchte keinerlei Verände-
rung stattfinden.

S. Die Brautlehre

Am folgenden Tage, am Freitag morgen*
fahren der Bräutigam mit dem Freiwerber,
die Braut mit der Brautjungfer in die Kirche
ihrer Pfarre, um zu beten, vor der Trauung
zu beichten, vor ihrem Priester eine Prüfung
aus den Geboten ihres Glaubens und ein Ge-
ständnis über ihre Verwandtschaft und ihren
Stand abzulegen. Dann erkundigt sich der
Priester nach dem Geringsten und fragt übet!
alles Mögliche, ob er nicht irgendein Hinder-
nis zur Verbindung der beiden fände.

Die Neuverlobten tragen die sie betreffen-
den Verschreibungen ins Kirchenbuch ein und,
wenn sie alles verrichtet haben, lassen sie sich
aufbieten und kehren nach Hause zurück.

Von dieser Zeit an beginnt der Brautstand!
und währt bis zur Trauung.

(Fortsetzung folgt)

Michael Vogelsangs Heimkehr

Von üffz. Ii. Sehlaegel
Drei Tage hatte es geregnet, und nun war
über Nacht der Frühling gekommen. Der
wunderbare russische Frühling mit dem sü-
ßen milden Dufte, der in die steifen Soldaten-
knochen eine wohlige Mattigkeit brachte und
das dickflüssige Winterblut mit wilden Wün-
schen und Begehren aufpeitschte. Schön
trocken lag der Graben da, und die alten Ra-
senstücke, die im Vorjahre abgestochen und
aufgeschichtet, grünten wieder auf. Die Vögel
sangen lustig am Abendhimmel. Kein Schuß

s war zu hören. Niemand hatte Lust, die hehre
urs Daterland >. Sm icb denn jcpuldlos tuenf? ] cu-n j • ... '

cb gab ibm mein« Kraft und jeöt mein geben!" | StlUe des jungen Frühlings zu stören.

SSE

atT'AStuUv.

Das £äd)dn Ißatfä

Ballade oon §e(!mntb Unser

Ruf Statte 'KircbenfKefen bingeftredkt,
der Säule Sockel ftrobbelegi als Kiffen,
die Ipersenstnunde blutig, [cbmeräsemffen,
um 3Ritteruacbt ift er emporgefebredit.
Und keiner um ibn füblte, toie er litt,
fie äcbgten Jdjlummerfcbtoer an feiner Sinken,
der Sttondfcbdn, der das Jetifterbunf durcbfdjniff,
mar um die Silbcrleadjter roie ein Slinken.
r)e(l auf dem Wtarbüdnis tag fein £id>t,
die C&ottesmutter febien [icb ju bewegen,
der Krieger [lebt, roie fie su 3efus fpriebt,
und fid? des Kmdlems roeifie Hrme regen.
<Er fdjricfet empor in feinem Jteberroabu
und bebt jum Bilde gitternd feine §ände,
ob fie feein IDort des Xroftes für ibn fände
für alle Sünden, die er je getan.

Kaltftarrend bleibt 3ttarias Rngeficbt,
der Krieger fpriebt.

„© wende gnädig mir dein Anffifj gu,
lafj mid) n;d?t fterben, obne die Dergeben,
die icb oerfcbuldete, in £iebe ju oerjteben;
denn aller Siebe Ißutter Ja bift dul
Und du roeifjt alles, roie den Jeind icb fcblug,
dem auf Patrouille id> begegnet beim (Erkunden,
id> babe felbft die TDunde ibm oerbunden,
benor icb ibn jutn Sammelplafje trug.
Jeft bielt den Kolben icb beim Sturm urafa) [offen,
roieoie! tab atederftreckte, roeifä icb niebt,
aueb md>t toiooteie icb im Kampf erfepoffen.
3d> jäbSte keinen, und mein Tan mar yflttftt.

Scbroer rofcd die 8unge ibm im Jieberbrand,
Todfd>rci fein Kufen... ,£afj mid? niebt oerderben!
3d> tat ja alles für mein Daterland,
fei gnädig, iüutter Softes, laf) mid> fterben!

sondern auch die ferner stehenden Personen
fein politisch über alle Kleinigkeiten aus und
sieht sieh überall um, bis er alle Sachen, die
ganze Wohnungs-Einrichtung des Bräutigams
besiehtigt hat.

8. Das Ringeweehseln

Wenn die Schwiegereltern — die Eltern
des Bräutigams und der Braut — betreffs der
Mitgift und Aussteuer einig sind, einen festen,
schriftlichen Vertrag gemacht haben, und die
beiden Verlobten unter sich eins geworden
sind, kommt der Freiwerber mit dem Bräuti-
gam zum drittenmal, indem er ein Glasgefäß
mit Met oder Wein oder gefärbtem, gekochtem
Schnaps mitbringt.

Die Litern der Braut laden ihre Familie,
Verwandten, Freunde und Nachbarn ein, füh-
ren die Braut aus dem Seitenzimmer heraus

nicht allein die Eltern und den Bräutigam,! ^ — uti nu t.rJ , L (t etjLt Michael Vogelsang saß vor seinem Unter-

" stand und blickte den kleinen, weißen Wol-
ken nach, die hoch über ihm vorbeizogen,
westwärts, der Heimat zu.

„Herrgott noch mal," seufzte er tief auf,
„Deutsehland, 14 Tage in Deutschland — in
einer alten deutschen Stadt — ein deutsches
Mädel. — Wie lange ist das alles her?" —

Zwanzig Jahre war er nun alt — davon
bald zwei im Felde verlebt. — Und woher?
— Kaum vom Penal runter — 2 Semester au£
der Universität — eben wollte er sich zum
Sprunge aus dem Neste anschicken, um sich
ein wenig in der Welt umzusehen, als der
Krieg kam. So jung war er ja damals gewe-
sen, als er gleich zu Beginn der Mobilmachung
auf die Bataillonsschreibstube stürmte, um
kriegsfreiwillig bei den Jägern einzutreten,
ben, und alle fangen an zu trinken, sich voll-1 man wollte ihn zuerst gar nicht nehmen, da er
zugießen, zu singen und sich zu vergnügen. \ noch sojungenhaft schmächtig aussah. Doch als

15a ftrablt com Rltavbildnis bell das Siebt,
er fiebt Klarta (äcbelu und die r>ände beben.

seinem Finger einen Ring heruntergezogen,
gibt er ihn der Braut; in Erwiderung dessen
gibt die Braut dem Bräutigam ihren Bing und
steckt diesen ihm an den Finger. Gleich darauf
küssen sie sich.

Der Bräutigam trinkt aufsWohl der Braut,
und beide müssen den Becher mit dem Ge-
tränk, welches getrunken wird, zur Hälfte lee-
ren.

Darauf gratulieren die Eltern, die Sippe
(Hausgenossen), die Verwandten, die Freunde
und die Nachbarn und wünschen den jungen
Leuten allerlei Glück, gute Tage, langes Le-

„Das bringt bloß nicht jeder so fertig wie der] und hoben Stiefeln, die steile Stiege herunterstol-
Brinkmeier!" sagte Jobst Watermann mit trocke- perte. „Na, wo bleibt das Futter? He, Maike!"
neun Lachen, „n Dag tosamen. Ich muß nach < Sie juchzte auf, als er sie in den vollen Arin
Hause!" J kniff, aber sie wich nicht zurück. Ihr Gesicht war

Die Bauernschaft ging auseinander; auf dar
Dorfstraße und auf den kleinen Wegen, die zu den
einzelnen Höfen führten, sah man die langen
schmutzigweißen Kittel.

Der Brinkmeier hatte den weitesten Weg. Das
breite braune Strohdach seines Hofes stand ge-
rade vor den ersten Buchen des Haineberges. Er
mußte durch durch das Dorf von einem Ende bis
zum anderen. Ueberall war Lärm und Laufen.
Die Schweden waren die Herren im Dorf; Tönnies
Watermann hatten sie die eichenen Laden aus
dem Haus geschleppt und neben der Düngerstätto
umgestürzt, ein paar freche schwarzhaarige Wei-
ber vom Troß wühlten mit ihren braunen Fingern
zwischen den Böcken und Miedern, die auf der re-
grennasse?i Erde verstreut lagen.

Auf Jobst Watermauns wüstem Hof war ein
großes Feuer angezündet, der Marketenderkarren
stand da im Schutz einer brandgeschwärzten, noch
halb aufrecht stehenden Mauer, die Dragoner
drängten sieh lärmend und fluchend um den ein-
äugigen Marketender, der aus dampfendem Kessel
heißen Würzwein ausschenkte. An der Pferde-
sehwemme prügelten ein paar halbwüchsige Troß-
buben die heulenden weißköpf igen Dorf jungen, die
ihnen mit neugierig starrenden A.ugen nachge-
rannt waren.

Oben auf dem Brinkbof sah es nicht viel an-
ders aus als unten im Dorf. Aus der Dönse am
Ende der breiten Diele klang wüster Lärm, Flu-
chen, heiser lachende Stimmen und Faustschläge
auf den Tisch.

Das junge Bauern weib im roten Rock, das ne-
ben dem Herd am Kessel stand, reckte neugierig
den Kopf und horchte. Wann die fremden Völker
mal dem Hof lagen, ging es immer laut au. Sie
kannte das rar nieht anders; es war ach»» auf th-
tm väterlichen Hof »o gewesen, als sie noch ba*-
tnl suf dar Diel* *pielU» and schreiend vor de®
Fußtritten der Soldaten sich ia die Ekken drückte.

siebenten Jahrhundert von der römischen Kirche
übernommen. Erst seit dieser Zeit wurde
der Tag auch in Deutschland regelmäßig
festlich begangen. Anfang» feiorte man Aller*
knochig und derb und nicht mehr ganz jung, aber j heiligen noch wie in der griechischen Kirche
wie sie den Manu jetat anlachte, die Backen heiß aan «raten Sonntag nach Pfingsten, bis Im neunten
vom Feuer und die Arme auf die Hüften gesetzt, Jahrhundert Papst Gregor IV. zur festlichen Ver-
sah sie fast hübsch aus. Er schlug sie lachend auf

die Schulter und bückte sich, um in den dampfen-
den Kessel zu sehen.

„Na marsch! Und Gott gnade dir, wenn's nicht
langt! Wir sind leer wie des Kaisers Taschen."

Das Weib kam gleich darauf in die Dönse. auf
den Händen eine irdene Schüssel, in der ein paar
Hübner in magerer Brühe schwammen, die letz-
ten, die auf der Hofstätte gescharrt hatten. Die
Schweden hatten sie gegriffen.

Ein junger Bauer saß zwischen den Schweden
und würfelte mit, aber mit der Linken. Vom rech-
ten Arm saß nur noch der Stumpf unter dem wei-
ßen Drillichkittel. Seine Beine steckten in zerris-
senen Soldatenstiefeln. Er stand mit verdrosse-
nem Gesicht auf und schob sich aus der Tür, als
die Frau mit der Schüssel kam; es rief ihn auch
keiner zurück. Ja, beim Knobeln war er ihnen
recht als Kamerad, aber mit den vollen Schüsseln
wußten sie schon allein fertig zu werden. Was
ging es die an, daß er auch ihrer einer gewesen
war und sich geschlagen hatte, so gut wie sie?
Jetzt saß er hier wieder auf dem Hof. Da hieß es:
Bauer duck dich, oder ich fress' dich!

Die Frau wollte hinter ihm aus der Tür, aber
der Blonde bielt sie am Rock fest. „Heda, hier ge-
blieben! Weibervolk kann man immer brauchen.
Selz dich her und iß mit!"

(Fortsetzung folgt)



Brocken



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" • • • TMiHi« II »

ehrung aller Heiligen den 1. November bestimmte,
einen Tag, der übrigens schon in früherer Zeit als-
Festtag gegolten hatte, damals aber noch als Tag
eines heidnischen Festes, das sogar von vielen neu
bekehrten Christen gefeiert wurde. In Finnland soll
noch bis ins 18. Jahrb. hinein am 1. November ein
Fest gefeiert worden sein, das dem heidnischen
Windgott galt. Da der November nun vielfach
als der Windmonat bezeichnet wird, ist vielleicht}
auch die heidnische Feier der Deutschen auf einen
ähnlichen Ursprung zurückzuführen. Es knüpft)
sich, wie an jeden irgendwie bemerkenswerten
Tag, des Jahres, auch an Allerheiligen manchen
alte Brauch. Eine alte Bauernregel will an die-
sem Tag schon den Witterungscharakter für den
ganzen Winter bestimmen. Man schlägt aus einer,
frischen Birke oder Weißtanne einen Span her-
aus: ist er trocken, so kommt ein schwerer kalter
Winter, ist es dagegen feucht, so besteht Aussicht
auf lindere Wintermonate. Im Süden von Luxem-
burg ist es Brauch, am Allerheiligentage schon vor
der ersten Abenddämmerung das Vieh heimzufüh-
ren. Andere Bräuche zeigen uns eine seltsame
Verquickung des Allerheiligen- mit dem auf ihn
folgenden Allerseelentage im Bewußtsein des Vol-
kes, während die Kirche zwischen beiden eine
scharfe Scheide zieht.

!.......

MasRe und ILeies»







Dum AU«r&e>fn(fe«fe*t. mit demon Feier die ka~

tfeoflsBhe streb* des Notrenaher einleitet, gehört
. »ehou »«dt föu/«ohn «fttbchuiulerUn zu den all-
Sie schrack zusammen, als die Tür der Dön«e jährlich »feierten Kircbenfesten. Es wurue b«-
rufgerissen wurde und einer von den Schweden, reits ka vierten Jahrhundart von der grie
ein langer, strohblonder Mensch in LederkolW ehiweheaa Kireiie «»Lift«*, i«4oeh «rat im

Deutsche« Theater in Wilna

Dl« Regiment «locht er
AllerkelUrea Donlzettls .RegtmenUtoehter' t.t nicht mehr

?!. t. Ueitnat, ge*ohwel*e g. ». Etappe, obwohl Frl.
rfsg-ler behauptete. «lf gehöre sur 10. Armee, DM
Trommel» hat »ie echelnt • beim Peldrekrutende-
pot gelernt, ünd so trommelte, sang und verliebte
sie sich mit viel Munterkeit durch die zwei Akte
hindweh. Kein Wunder. w«an man eine» *n
 
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