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Zeitung der 10. Armee — Wilna, 2.Oktober - Dezember 1917

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Hefte 403-436, November 1917
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https://doi.org/10.11588/diglit.12997#0223
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ÄCAD. Ltata.

12 DEZ4?«!

DER IQ. ARMEE

An»chrift: Armeezeitung. Deutsche Feldport 671 o Verantwortlicher Schriftleiter: Leutnant der Reserve Urbach« o Die Armee-Zeitung erscheint täglich außer Montags. Monatliche!

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Nr, 431 Wilna, Dienstag, am 4. Julmond (Dezember) 1917 2. Jahrgang

Abendhericht

Südwestlich von Cambrai örtliche erfolg-
reiche Kämpfe.

Von den andern Fronten nicht» Neues.

Deutscher Heeresbericht

vom 3. Dezember
Westlicher Kriegsehauplatz

HppTPsarftiPPe Kronprinz Bnppreoht:
Nach heftigem Trommelfeuer bei mondheller
Nacht griff der Engländer gestern früh mit star-
ken Kräften unsere Stellungen bei und nördlich
von Passchendaele an. Thüringische und hes-
sische Truppen warfen den Feind in schneidigem
Gegenstoß zurück und machten 60 Gefangene.
Nach Abwehr ihrer Angriffe flaute das Feuer
ab. Es nahm am Abend vorübergehend wieder
erhebliche Stärke an.

Auf dem Kampffelde bei Cambrai war tags-
über nur in wenigen Abschnitten die Feuertätig-
keit lebhaft. Am Abend griff der Feind nach
starker Feuersteigerung zwischen Inchy und
Bourlon an. In heftigen Nahkämpfen wurde er
abgewiesen. Ein englischer Teilangriff bei La
Vaequerie scheiterte. Im Gegenstoß wurden 9 Ge-
schütze und 18 Maschinengewehre erbeutet. — Die
Zahl der seit dem 80. IL gemachten Gefangenen
hat sich auf 6000, die Beute an Geschützen auf
100 erhöht.

Heeresgruppe Deutscher Kronr^u«
In den Argonnen wurden in erfolgreichen Unter-
nehmungen Gefangene eingebracht.

Heeresgruppe Herzog Albreeht: Die leb-
hafte feindliche Tätigkeit im Thanner Tal und im
Sundgan hält an.

In den letzten 3 Tagen verloren unsere Geg-
ner im Luftkampf und durch Abschuß von der
Erde 27 Flugzeuge und 2 Fesselballone. Leutnant
Mueller errang seinen 35., Leutnant v. Bülow sei-
nen 27. und 2&, Leutnant Bongartz seinen 25. und
26. Luftfiieg. v

Oestlieher Kriegsehauplatz
Ab zahlreichen Abschnitten der russischen
Front ist von B* rision zu Division örtliche Waf-
fenruhe vereinbart worden. Mit einer rassischen
Armee im Gebiet vom Pripjet bis südlich der Lipa
nnd mit mehreren rassischen Generalkommandos
wurde Waffenstillstand abgeschlossen. Weitere
Verhandlungen sind im Gange. Eine russische Ab-
ordnung ist in dem Befehlsbereiche des General-
feldmarschalls Prinzen Leopold von Bayern zur
Herbeiführung eines allgemeinen Waffenstillstan-
des eingetroffen.

Mazedonische Front

Keine größeren Kampfhandlungen.

Italienische Front
Nichts Neues.__

Waffenstillstandsverhandlungen
mit Kußland

Berlin, 3. 12. (amtlich)
Am 26. 11. hatte der Volkskommissar für
Kriegs- und Marineangelegenheiten und Höchst-
kommandierende der rassischen Armee, Herr
Krylenko, durch Parlamentäre anfragen lassen,
ob der deutsche Oberbefehlshaber zu sofortigen
Waffenstillstandsverhandlungen bereit sei. Noch
am gleichen Tage antwortete der Oberbefehls-
haber Ost, Prinz Leopold von Bayern, daß er be-
reit und bevollmächtigt sei, mit der russischen
Obersten Heeresleitung über einen Waffenstill-
stand zu verhandeln. Es wurde sodann mit den Par-
lamentären Ort und Zeit vereinbart, wo sich eine
mit Vollmacht versehene russische Kommission
mit einer entsprechenden bevollmächtigten Kom-
mission der Gegenpartei treffen sollte. Die rus-
sische Ksmmissisn bat sieh am 2. 12. nachmittags
KM Uhr an der verabredeten Stelle eingefunden
nnd sieh nntwiiBgiteli nach dem für die Verhand-

lungen in Aassicht genommenen Orte begeben.
Dort ist sie am 3. 12. mittags zu erwarten.

Waffenruhe vom Pripjet bis zur Lipa

Berlin, 2. 12.

Am 1. 12. 1917 ist mit einer russischen Armee
Waffenstillstand für die Front vom Südufer des
Pripjet nach Süden bis südlich der Lipa verein-
bart worden. Mit dem 2. 12. 1917 10 Uhr abends
wurden in diesem Abschnitt alle Feindseligkeiten
eingestellt.

Es sind Abmachungen getroffen worden, die
sich auf Verkehr zwischen den beiderseitigen
Linien, Truppenverschiebungen, Stellungsarbeiten
uod Fliegertätigkeit beziehen.

Für die Kündigung der Waffenruhe ist ein
Zeitraum von mindestens 48 Stunden festgesetzt,
vor dessen Ablauf die Feindseligkeiten nicht be-
ginnen dürfen.

Bulgariens Antwort

Bei Wiederbeginn der Sobranje-Sitzung er-
klärte Ministerpräsident Radoslawow: Bulgarien
war stets bereit, in Uebereinstimmung mit seinen
Verbündeten in Verhandlungen einzutreten, so-
bald ein solcher Vorschlag von den Gegnern aus-
ging. Solcher Vorschlag ist jetzt von dem Ober-
haupt der russischen Bepublik Lenin und von dem
Volkskommissar für Auswärtige Angelegenheiten
Trotzki an uns gerichtet worden. Wir haben so-
fort geantwortet, daß wir bereit seien, in Verhand-
lungen einzutreten. (Lebhafte Zustimmung.) Bul-
garien konnte dieses Friedensangebot nicht ab-
lehnen, weil es sein nationales Ideal, um dessent-
willen es in den Krieg eingetreten ist, erreicht
hat: die Einigung des bulgarischen Volkes in
einem einzigen Staat, der Mazedonien, das Mora-
wa-Gelände und die Dobrudscha in sich schließt.
Dies wird für uns die Grundlage aller Besprechun-
gen bilden.

Eine Anfrage an die Westmächte

Petersburg, 2. 12. (Beuter)

Trotzki teilte den Diplomaten der Verbünde-
ten mit, daß Deutsehland bereit sei, auf allen
Fronten über einen demokratischen Frieden zu
verhandeln, und fragte sie, ob sie an den Ver-
handlungen teilzunehmen wünschen.

Verlorene Liebesmüh

Der Berl. Lokalanz. meldet aus Stockholm:
Nach Petersburger Telegrammen bieten die Bot-
schafter des Verbandes ihr Möglichstes auf, um
in letzter Stunde die Petersburger Friedens-
schritte zu verhindern. Sie ließen ihren Einspruch
in Millionen von Exemplaren drucken und ver-
suchten, ihn an der Front zu verteilen. Der Rat
der Volkskommissare gibt darum jetzt bekannt,
daß er hierin eine ungehörige Einmischung in
Rußlands inneres Leben erblicke. Auch die nicht-
bolschewistischen Blätter verurteilen die Ein-
mischung aufs schärfste. Eine umfangreiche
Wühlarbeit betreiben englische Agenten an der
rumänischen Front, wo sie die Soldaten gegen
Krylenko aufhetzen und zum Eintreten für
Duchonin auffordern. Der Kommandant an der
Südwestfront wurde aufgefordert, er möge die
Südwe6tarmee von russischen Truppenverbänden
loslösen und sich selbst zum Höchstkomman-
dierenden ausrufen.

Stellungnahme der Unbeteiligten

Das Berl. Tagebl. berichtet aus Stockholm:
Bei einer Zusammenkunft in der Petersburger
schwedischen Gesandtschaft unter dem Vorsitz
des Gesandtschaftsdoyen, des schwedischen Ge-
sandten Brändström, haben die nichtbeteiligten
Gesandten beschlossen, Trotzkis Friedensangebot
zu beantworten, wenn auch dabei betont wurde,
daß es sich mehr um einen Höflichkeitsakt handle
und daß diese Beantwortung einer amtlichen An-
erkennung des Volkskommissariats seitens dpr
nichtbeteiligten Staaten nicht gleichkomme. Daß
der spanische Gesandte zuerst von Trotzkis Frie-
densnote Kenntnis genommen hat, wird als un-
zweifelhafter diplomatischer und moralischer Sieg
Trotzkis aufgefaßt, was noch dadurch bestätigt
wird, »laß Spanien sich bisher noch niemals einge-
mischt habe: es bat jetzt Aussicht, erfolgreich in
die Friedenssache einzugreifen.

Der Bärenfellverband

Die in Massen umherlaufenden Züchter
deutscher Gutmütigkeit, die ständig den gro-
ben politischen Fehler begehen, zu glauben,
was sie wünschen, haben tausendmal als ge-
meingefährlichen Schwarzmaler jeden ver-
wünscht, der es pflichtgemäß unternahm, dem
Vielverband die Absicht der Zerstückelung
Deutschlands und der drei ihm verbündeten
Staaten vorzuhalten. Da ist es die Bedeutung
schon des bisher von den Russen veröffent-
lichten kleinen Teils der verbändlerischen Ge-
heimverträge, daß er die von guten Menschen,
aber schlechten politischen Musikanten leicht-
hin bestrittenen Raubpläne vollauf bestätigt.
Greift man hier zu klarerer Uebersicht einmal
den kleinasiatischen Abschnitt heraus, so wird
dem aufmerksamen Beobachter freilich abson-
derlich Neues nicht geboten. Bereits lange
vor dem Kriege sprachen die Schieber nament-
lich in London, Paris und Rom mit inbrün-
stiger Vorliebe vom kranken Mann am Bos-
porus, um mit einiger Berechtigung den gro-
ßen Medizinmann spielen zu können, der den
angeblich Kranken heilt, indem er ihm ein
Glied nach dem andern abschneidet. Die glei-
chen Spieler treten in den Geheimverträgen
auf. Wohl war der Bär noch nicht erlegt;
man verhandelte noch, wer ihm zu Leibe ge-
hen sollte. Aber das Fell wurde bereits ver-
teilt, und bei der Einflußlosigkeit, der sich
die V..^V:thaber in Paris und Rom im Viel-
verband .von je rühmen durften, gestand raaa
England^ die besten Stücke zu: den südlichen
Teil von Mesopotamien mit Bagdad, die
schönsten Rosinen in Syrien sowie entschei-
denden Einfluß auf Palästina und Arabien.

Kürzlich sagte eine englische Zeitung den
Briten den Wunsch nach, das eroberte Jeru-
salem der christlichen Welt als Weihnachts-
geschenk überreichen zu dürfen. Wer sich
den Engländer mit dem Gesangbuch unter
dem Arm vorstellen kann, ohne an den wider-
lichsten Pharisäer zu denken, mag das fromme
Märchen glauben. Wer aber weiß, wie plan-
mäßig Albion seine Welteroberungspläne er-
weitert, vergegenwärtigt sich insbesondere
das britische Vorhaben, in dieser günstigen
Kriegskonjunktur auch und gerade den Land-
weg nach Indien sicherzustellen. Drei K be-
herrschen auf diesem Gebiete die englische Po-
litik. Jahrzehntelang war als Losung in Lon-
don ausgegeben: Afrika englisch vom Kap bis
Kairo! eine Parole, die den Kampf gegen un-
sere afrikanischen Schutzgebiete erst in das
rechte Licht rückt. Wohl ist hier das helden-
hafte Ringen unserer Kameraden in Deutsöh-
Ostafrika unter dem Londoner Gesichtswin-
kel noch ein mehr als ärgerlicher Schönheits-
fehler. Aber gleichwohl wird das größere Ziel
nicht aus den Augen verloren, eine breite
und feste Landbrücke von Aegypten nach In-
dien zu schlagen. Das allein und nicht das
heuchlerische Gerede, an den heiligen Stätten
von Jerusalem die Welt durch den Anblick
britischer Gottesfurcht zu entzücken, ist der
tiefe und ernste Sinn der Kämpfe an den tür-
kischen Hauptfronten. Und nicht nur der Be-
stand der Türkei, sondern auch die Zukunft
des Deutschen Reiches ist in Frage gestellt,
solange die englische Politik der drei K: Kap-
Kairo-Kalkutta! nicht gründlich durchkreuzt
ist.

Das neue Rußland hat das englische Gau-
kelspiel durchschaut und hält dem Bärenfell-
verband mit der Veröffentlichung der Geheim-
verträge beharrlich den Spiegel vor. Das ist
ja das Wesen dieses Allerweltsverbandes, daß
er dem am Narrenseil gehaltenen Hinz und
Kunz irgendeine Beute verheißt, die irgendwo
und irgendwann vielleicht einmal erlegt wer-
den könnte, und gleichzeitig dem mit unsiche-
ren Zukunftswechseln nicht zufriedenen Bri-<
ten riesige und sofort greifbare Werte zu*
 
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