Die Kurowrktsche Feldfuhrküche im Entwurf.
R Goethe und — die Gulaschkanone. Von Heinz Amelung.
Nicht mit Unrecht hat man oft behauptet, bei Goethe finde
man in allen Lagen, Nöten und Freuden des Lebens Zuflucht
und Rat, Trost und Mitgefühl. Das hat mancher zu seiner
Überraschung schon erfahren. Mit der gleichen Berechtigung
kann man auch sagen, daß Goethes umfassenver Geist sich mit
allen Dingen auf der Erde beschästigt habe, daß nichts zu groß
und nichts zu klein war, es konnte seiner Beachtung stcher sein,
daß es kein Gebiet menschlicher Erkenntnis gab, dem er nicht
seine Aufmerksamkeit zuwandte. Aber die Gulaschkanone —
wie kann man diese im gegenwärtigen Kriege zum ersten Male
in Betrieb genommene Truppenverpflegungsmaschine mit
Goethe in Verbindung bringen? Man hält allgemein die fahr-
bare Feldküche für eine Erfindung der jüngsten Zeit, und
wirklich leistet sie jetzt erst oen Soldaten ihre unschätzbaren
Dienste; noch im letzten deutsch - ftanzösischen Kriege mußten
unsere Truppen sich ihre Erbswurst, die damals als große
Errungenschaft galt, in ihren Feldkesseln selbst kochen. Aber
das in der Gulaschkanone zur Ausführung gelangte Problem
hat schon vor mehr als hundert Jahren in den Köpfen gespukt,
ja es hat sogar damals schon Form und Gestalt angenommen.
Es ist eben wirklich alles schon dagewesen, und, wie es scheint,
trifft auch in diesem Falle die Beobachtung zu, daß eine Er-
findung sozusagen in der Luft liegt, und wenn die Welt reif
geworden ist für sie, daß sie dann gleichzeitig von verschiedenen
Seiten in Angriff genommen und durchgeführt wird. Und so
betrachtet, ist es nicht weiter verwunderlich, daß Goethe bei
seinem regen Jnteresse für alle naturwiffenschastlichen und
technischen Neuerungen, Entdeckungen und Erfindungen stch
auch eingehend mit der „Feldfuhrküche" beschäftigte.
Jm Dezember 1813 ließ Friedrich von Kurowski-Eichen
eine kleine Schrist: „Die Feldfuhrküche, dargestellt mit Hinsicht
auf ihre Notwendigkeit, Ausführbarkeit und Anwendung" mit
einer Kupfertafel in Berlin bei C. Salfeld drucken und sandte
ein Eremplar an Goethe. Dieser schrieb am 30. Dezember
in sein Tagebuch: „Kurowski von Eichen Büchlein und Ta-
feln ... Mittags Kurowski, Erfinder der fahrbaren KLche."
Der Besucher, der gute Empfehlungen nach Weimar hatte,
hielt Goethe genauen Vortrag, und dieser ging lebhast auf
die Angelegenheit ein. Ja er hielt fie für so wichtig, daß er
ein eigenes Aktenstück anlegte und selbst auf den Deckel schrieb:
„^cta die Feldfuhrküche betr. 1814"; es istnoch im Goethe- und
Schiller-Archiv vorhanden. Außer dem Buche finden stch darin
folgende Aufzeichnungen, die Caroline Ulrich, Chriftianens Ge-
sellschafterin, nach Goethes Diktat niederschrieb:
Weimar, den 80. Dezember 1813.
Besprach mich mit Herrn Kurowski von Eichen über die von
ihm erfundene fahrbare Küche. Er sagte mir, daß er mit dem
Kupferschmied Henniger alles, was dabei zu beobachten sei,
durchgesprochen, ja thm zuliebe manche Teile der Maschme
auseinandergenommen habe und daher glaube, daß dieser
übrigens geschickte Mann das Werk vorschristsmäßig und um
so zweckmäßiger zu liefern imstande sein werde, als er ihm
auch einige neue notwendige Verbesserungen mitgeteilt habe.
Hiernächst sei nun aber vorzüglich darauf zu sehen, daß
eine zu so ausgebreitetem Nutzen befiimmte Maschine nicht
teurer als billig zu ftehen komme.
Er, Kurowski, habe deshalb mit Henniger folgende Preise
gemacht:
Keffelarbeit.8 Guld. das Pfund
Grobe Schmiedearbeit.2^ bis 2'/, Euld.
Schlofferarbeit.. 4'/g bis 5 Guld.
Alle Holzarbeit.12 bis 16 Taler.
Hiernach könne das Ganze 180 bis 200 Taler zu stehen
kommen.
Er empfahl zualeich das ganze Gefchäft zu gnädigster
Aufmerksamkeit der höchfien Herrschasten.
Hierauf sprach ich den Kupferschmied Henniger, den
jüngeren, der freilich, als ganz neu in der Sache, nur das
Allerallgemeinste äußern konnte, jedoch versprach, sobald er
sich mehr unterrichtet hätte, stch näher zu erklären. G.
Weimar, den 4. Januar 1814.
Sprach ich abermals den Kupferschmied Henniger. Dieser
erklärte, daß er nun schon weiter in der Sache vorgeschritten
sei, die Keffel- und Schlofferarbeit werde er bei stch anfertigen
lassen, Waaner- und Schmiedearbeit hingegen in Berka, weil
er ste daselbst wohlfeiler erhalten könne.
Herr von Kurowski habe für stch selbst zwei Maschinen
bestellt, den er aewiß nicht überteuern noch gegen andere be-
schwerliche Preise machen werde. Er glaube vorauszufehen,
daß eine solche Maschme mit einigem Nutzen für 200 Taler
werde zu liefern sein.
Alles komme auf die Akkorde an, die er mtt seinen Ar-
beitern machen könne, diese wollten jetzt alle hoch binaus und
gäben kein gut Wort, um so weniger als ste stch auf oen Aufruf
bezögen, der von allen Seiten ergangen.
Außer denen beiden Maschinen für Herrn von Kurowski
ätten Durchlaucht der Herzog noch zwei bestellt und verlangten
edrohlich, daß an Höchfidieselben die ersten abgeliefert würden.
Übrigens habe diese Erfindung so großen Beifall gefunden,
datz er, außer diesen vier, noch auf fünf und also auf neun
Bestellung erhalten, diejenige nicht gerechnet, wozü ich ihm
Hoffnung gemacht. Er wolle sehen, wie er vorwärts komme
und in eimger Zeit wieder Rapport abstatten. G.
Das Tagebuch meldet dann lakonisch am 1. Februar 1814:
„Bey Henniger. Feldküche," nachdem Goethe am 19. Januar
dem Freunde Knebel, ber dem er gleichfalls großes Jnteresse
für die Sache voraussetzen durste, gemeldet hatte: „Unsere
Mechaniker beschäfttgt gegenwärttg hier eine Feldfuhrküche,
erfunden von einem jungen Manne, namens Kurowski, der
sie vor kurzem selbst produzierte. Der Gedanke ist sehr glück-
lich und leidet Ausbildung und Anwendung ins Unendliche.
Bei Henniger stnd hier schon so viele bestellt, daß er ste gar
nicht schaffen kann. Die Jenenser sollen stch auch damit
heroortun."
Doch, lag es nun an der Arbeitsüberhäufung des Hof-
kupferschmieds Johann Gottftied Henniger und des Metall-
warenfabrikanten Fritz Querner, die mit der Anfertigung der
Feldküchen beaustragt waren, oder an dem durch die Auftufe
an die Freiwilligen und die Errichtuna der Landwehr im
November und Dezember 1813 hervorgerufenen Arbeitermangel
und den hohen Lohnforderungen der Leute, oder vielleicht an
Fehlern in den Plänen Kurowskis — kurz, die Ausführung
ging nicht mit der gewünschten Schnelligkeit voran. Goethe
sah sich am 19. Februar in einem dem ms Feld abgereisten
Herzog erstatteten Bericht zu folgender Mitteilung veranlaßt:
„Die Feldfuhrküche ist auch nur langsam vorgerückt; die
erste wird kaum in 14 Tagen fertig werden. Jch habe Quer-
ner und Henniger in ihrer Werkftatt heimgesucht und wun-
derte mich nicht Lber die langwierige Arbeit. Das Werk ist
aus sehr vielen Teilen zusammengesetzt, die erst einzeln zu
fertigen und dann zusammenzufügen viel Mühe und Nmftände
macht; kein Geselle (die ohnedem jetzt rar und eigenstnnig
sind) ist auf die Arbett eingerichtet, so wenig als Schmied
und Wagner. Kommt die Sache einmal in Gana, so gewinnt
ste freilich ein leichteres Ansehen und bequemere Ausführuna."
Carl August nahm an der Erfindung starken Anteil; Ku-
rowski hatte wohl selbst Eelegenheit gehabt, sie ihm vorzu-
u
R Goethe und — die Gulaschkanone. Von Heinz Amelung.
Nicht mit Unrecht hat man oft behauptet, bei Goethe finde
man in allen Lagen, Nöten und Freuden des Lebens Zuflucht
und Rat, Trost und Mitgefühl. Das hat mancher zu seiner
Überraschung schon erfahren. Mit der gleichen Berechtigung
kann man auch sagen, daß Goethes umfassenver Geist sich mit
allen Dingen auf der Erde beschästigt habe, daß nichts zu groß
und nichts zu klein war, es konnte seiner Beachtung stcher sein,
daß es kein Gebiet menschlicher Erkenntnis gab, dem er nicht
seine Aufmerksamkeit zuwandte. Aber die Gulaschkanone —
wie kann man diese im gegenwärtigen Kriege zum ersten Male
in Betrieb genommene Truppenverpflegungsmaschine mit
Goethe in Verbindung bringen? Man hält allgemein die fahr-
bare Feldküche für eine Erfindung der jüngsten Zeit, und
wirklich leistet sie jetzt erst oen Soldaten ihre unschätzbaren
Dienste; noch im letzten deutsch - ftanzösischen Kriege mußten
unsere Truppen sich ihre Erbswurst, die damals als große
Errungenschaft galt, in ihren Feldkesseln selbst kochen. Aber
das in der Gulaschkanone zur Ausführung gelangte Problem
hat schon vor mehr als hundert Jahren in den Köpfen gespukt,
ja es hat sogar damals schon Form und Gestalt angenommen.
Es ist eben wirklich alles schon dagewesen, und, wie es scheint,
trifft auch in diesem Falle die Beobachtung zu, daß eine Er-
findung sozusagen in der Luft liegt, und wenn die Welt reif
geworden ist für sie, daß sie dann gleichzeitig von verschiedenen
Seiten in Angriff genommen und durchgeführt wird. Und so
betrachtet, ist es nicht weiter verwunderlich, daß Goethe bei
seinem regen Jnteresse für alle naturwiffenschastlichen und
technischen Neuerungen, Entdeckungen und Erfindungen stch
auch eingehend mit der „Feldfuhrküche" beschäftigte.
Jm Dezember 1813 ließ Friedrich von Kurowski-Eichen
eine kleine Schrist: „Die Feldfuhrküche, dargestellt mit Hinsicht
auf ihre Notwendigkeit, Ausführbarkeit und Anwendung" mit
einer Kupfertafel in Berlin bei C. Salfeld drucken und sandte
ein Eremplar an Goethe. Dieser schrieb am 30. Dezember
in sein Tagebuch: „Kurowski von Eichen Büchlein und Ta-
feln ... Mittags Kurowski, Erfinder der fahrbaren KLche."
Der Besucher, der gute Empfehlungen nach Weimar hatte,
hielt Goethe genauen Vortrag, und dieser ging lebhast auf
die Angelegenheit ein. Ja er hielt fie für so wichtig, daß er
ein eigenes Aktenstück anlegte und selbst auf den Deckel schrieb:
„^cta die Feldfuhrküche betr. 1814"; es istnoch im Goethe- und
Schiller-Archiv vorhanden. Außer dem Buche finden stch darin
folgende Aufzeichnungen, die Caroline Ulrich, Chriftianens Ge-
sellschafterin, nach Goethes Diktat niederschrieb:
Weimar, den 80. Dezember 1813.
Besprach mich mit Herrn Kurowski von Eichen über die von
ihm erfundene fahrbare Küche. Er sagte mir, daß er mit dem
Kupferschmied Henniger alles, was dabei zu beobachten sei,
durchgesprochen, ja thm zuliebe manche Teile der Maschme
auseinandergenommen habe und daher glaube, daß dieser
übrigens geschickte Mann das Werk vorschristsmäßig und um
so zweckmäßiger zu liefern imstande sein werde, als er ihm
auch einige neue notwendige Verbesserungen mitgeteilt habe.
Hiernächst sei nun aber vorzüglich darauf zu sehen, daß
eine zu so ausgebreitetem Nutzen befiimmte Maschine nicht
teurer als billig zu ftehen komme.
Er, Kurowski, habe deshalb mit Henniger folgende Preise
gemacht:
Keffelarbeit.8 Guld. das Pfund
Grobe Schmiedearbeit.2^ bis 2'/, Euld.
Schlofferarbeit.. 4'/g bis 5 Guld.
Alle Holzarbeit.12 bis 16 Taler.
Hiernach könne das Ganze 180 bis 200 Taler zu stehen
kommen.
Er empfahl zualeich das ganze Gefchäft zu gnädigster
Aufmerksamkeit der höchfien Herrschasten.
Hierauf sprach ich den Kupferschmied Henniger, den
jüngeren, der freilich, als ganz neu in der Sache, nur das
Allerallgemeinste äußern konnte, jedoch versprach, sobald er
sich mehr unterrichtet hätte, stch näher zu erklären. G.
Weimar, den 4. Januar 1814.
Sprach ich abermals den Kupferschmied Henniger. Dieser
erklärte, daß er nun schon weiter in der Sache vorgeschritten
sei, die Keffel- und Schlofferarbeit werde er bei stch anfertigen
lassen, Waaner- und Schmiedearbeit hingegen in Berka, weil
er ste daselbst wohlfeiler erhalten könne.
Herr von Kurowski habe für stch selbst zwei Maschinen
bestellt, den er aewiß nicht überteuern noch gegen andere be-
schwerliche Preise machen werde. Er glaube vorauszufehen,
daß eine solche Maschme mit einigem Nutzen für 200 Taler
werde zu liefern sein.
Alles komme auf die Akkorde an, die er mtt seinen Ar-
beitern machen könne, diese wollten jetzt alle hoch binaus und
gäben kein gut Wort, um so weniger als ste stch auf oen Aufruf
bezögen, der von allen Seiten ergangen.
Außer denen beiden Maschinen für Herrn von Kurowski
ätten Durchlaucht der Herzog noch zwei bestellt und verlangten
edrohlich, daß an Höchfidieselben die ersten abgeliefert würden.
Übrigens habe diese Erfindung so großen Beifall gefunden,
datz er, außer diesen vier, noch auf fünf und also auf neun
Bestellung erhalten, diejenige nicht gerechnet, wozü ich ihm
Hoffnung gemacht. Er wolle sehen, wie er vorwärts komme
und in eimger Zeit wieder Rapport abstatten. G.
Das Tagebuch meldet dann lakonisch am 1. Februar 1814:
„Bey Henniger. Feldküche," nachdem Goethe am 19. Januar
dem Freunde Knebel, ber dem er gleichfalls großes Jnteresse
für die Sache voraussetzen durste, gemeldet hatte: „Unsere
Mechaniker beschäfttgt gegenwärttg hier eine Feldfuhrküche,
erfunden von einem jungen Manne, namens Kurowski, der
sie vor kurzem selbst produzierte. Der Gedanke ist sehr glück-
lich und leidet Ausbildung und Anwendung ins Unendliche.
Bei Henniger stnd hier schon so viele bestellt, daß er ste gar
nicht schaffen kann. Die Jenenser sollen stch auch damit
heroortun."
Doch, lag es nun an der Arbeitsüberhäufung des Hof-
kupferschmieds Johann Gottftied Henniger und des Metall-
warenfabrikanten Fritz Querner, die mit der Anfertigung der
Feldküchen beaustragt waren, oder an dem durch die Auftufe
an die Freiwilligen und die Errichtuna der Landwehr im
November und Dezember 1813 hervorgerufenen Arbeitermangel
und den hohen Lohnforderungen der Leute, oder vielleicht an
Fehlern in den Plänen Kurowskis — kurz, die Ausführung
ging nicht mit der gewünschten Schnelligkeit voran. Goethe
sah sich am 19. Februar in einem dem ms Feld abgereisten
Herzog erstatteten Bericht zu folgender Mitteilung veranlaßt:
„Die Feldfuhrküche ist auch nur langsam vorgerückt; die
erste wird kaum in 14 Tagen fertig werden. Jch habe Quer-
ner und Henniger in ihrer Werkftatt heimgesucht und wun-
derte mich nicht Lber die langwierige Arbeit. Das Werk ist
aus sehr vielen Teilen zusammengesetzt, die erst einzeln zu
fertigen und dann zusammenzufügen viel Mühe und Nmftände
macht; kein Geselle (die ohnedem jetzt rar und eigenstnnig
sind) ist auf die Arbett eingerichtet, so wenig als Schmied
und Wagner. Kommt die Sache einmal in Gana, so gewinnt
ste freilich ein leichteres Ansehen und bequemere Ausführuna."
Carl August nahm an der Erfindung starken Anteil; Ku-
rowski hatte wohl selbst Eelegenheit gehabt, sie ihm vorzu-
u