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Fergusson, James
Das Erechtheion und der Tempel der Athene Polias in Athen — Leipzig, 1880

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https://doi.org/10.11588/diglit.813#0024
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• 16

dass uns nur geringer Zweifel übrigbleibt. Zu diesen lokalen Anzeicben mag noch erwähnt
werden, dass die Stellen in den Kirchenvätern, welche sich auf diese beiden Gräber beziehen
alle das Grab des Erechtheus als im Tempel der Athene selbst * befindlich bezeichnen da-
gegen von dem des Kekrops als auf der Akropolis vorhanden und in solcher Weise reden
dass man zu der Annahme gelangt, es sei ein besonderer Bau gewesen, der nahe beim Athene-
tempel stand, mit demselben aber nicht unmittelbar verbunden war.**

Ich habe nun alle Autoritäten, deren Existenz mir bekannt ist und deren Schriften sich
auf das vorliegende Thema beziehen, cursorisch vorgenommen. Ich habe natürlich nicht die
Hälfte von ihnen wörtlich citirt. Aber ich habe jede bezügliche Stelle, die ich in irgend-
einem deutschen, französischen oder englischen Buche, das mir zugänglich war, gefunden habe,
durchgesehen und in Betracht gezogen, und ich kann ehrlich sagen: ich kenne keine einzige
Stelle, die irgendwie zu den eben ausgesprochenen Ansichten im Widerspruch stände, und keine,
die nicht durch die Annahme der eben erörterten Hypothese leicht und natürlich erklärt
werden könnte.

In gleicher Weise habe ich jeden Stein des Gebäudes, wie es jetzt dasteht, soweit es
die Zeichnungen und Photopraphien, über die ich verfügte, gestatteten, sorgfältig geprüft, und
ich kenne keinen einzigen, dessen Verwendung nicht in Uebereinstimmung mit meiner Ansicht
in Bechnung gestellt werden könnte, und dessen Benutzung nicht klar und verständlich scheint.
Ich kann mich deshalb der Ueberzeugung nicht verschliessen, dass die Trennung des Pan-
droseions von dem jetzt stehenden Gebäude, welches die Tempel der Athene und des Erechtheus
einschloss, die wahre Lösung des Bäthsels ist, welches so lange die Gelehrten und Alterthums-
forscher geplagt hat. ***

* Clemens in Protreptico: „T\ 8e 'Eptx^0'vto?; oü^ £v tu vew ttj? üoXiaSo; xsx^Ssuxca." Arnobius,
bib. VI, übersetzt dies: „Erichthonios eonditus scribitur in Poliadis fano." Apollodorus, bib. II, hat:
„'EpiySoviou 8s dcTtoSavo'vTos xat xacpsvTo; sN xö TSjjtivst. tyj? ^A^iqväs."

** ,,'A3^vTf]ut 8s e\ tfj 'AxporcoXei -raepos £ot\ Kexpcitos." Clemens in Protreptico. Arnobius über-
setzt dies: „Athenis in Minervio (in dem Bezirk) memorant sepultum esse Cecropem." Theodoretus
Therap., LVIII, hat „Kexpoud? fort tacpo? uapa Tfy IlaXiot^ov autr^v." („Juxta ipsam urbis praesidem
Minervam")

*** Seitdem hat Herr A. Murray vom Britischen Museum meine Aufmerksamkeit auf einen Artikel
in der „Academy" gelenkt, in welchem er einen Plan der Akropolis beschrieb, den er von Herrn Pro-
fessor Michaelis in Strassburg erhalten hatte. Ich habe diesen Plan eingesehen und bin nicht wenig erfreut
zu finden, dass eine so hervorragende Autorität in Bezug auf die Lage des Pandroseions im Westen des
vorhandenen Gebäudes mit mir übereinstimmt. In der That setzt er den Baum genau an dieselbe Stelle
wie ich, und obgleich wir hinsichtlich der Architektur des Pandroseions und der innern Anordnung des
existirenden Tempels sehr weit auseinander gehen, so scheint er doch in diesem einen Hauptpunkt so
wenig Zweifel zu hegen, als ich selbst. Wenn man diesen Punkt — wie es nach solcher Bekräftigung
wahrscheinlich der Fall sein wird — zugibt, so folgt logisch ein grosser Theil des Uebrigen, und was
dann noch zu entscheiden übrigbleibt, ist von verhältnissmässig geringer Wichtigkeit; die Aufklärung
dieser Punkte mag ruhig den Untersuchungen an Ort und Stelle vorbehalten bleiben.
 
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