Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Fergusson, James
Das Erechtheion und der Tempel der Athene Polias in Athen — Leipzig, 1880

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.813#0026
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
18

Jetzt will ich nicht länger unterlassen, die Bedeutung darzulegen, welche diese Oeff-
nungen für nieine Restauration meiner Meinung nach nahen, und auseinanderzusetzen, wie weit
ihr Vorhandensein die Ansichten, welche ich im Jahre 1876 auszusprechen wagte, unterstützt
oder widerlegt.

Zugleich ist die Einführung von Lichtöffnungen, als eines ursprünglichen Zuges in der grie-
chischen Architektur, etwas so Neues und ihre Anwendung zur Beleuchtung dieses besondern
Tempels für die Erkenntniss seiner innern Oekonomie so wichtig, dass ich fühle: es bedarf
keiner Rechtfertigung, wenn ich den Gegenstand etwas genauer erörtere. Ich will dies ver-
suchen, und zwar so kurz, als mit der Deutlichkeit verträglich ist, will alle nebensächlichen
Gegenstände vermeiden und dieselben der künftigen Erörterung vorbehalten, falls Herr Professor
Michaelis oder einer seiner Freunde es für angezeigt halten sollte, seine Ansicht zur öffent-
lichen Kenntniss zu bringen. Sollte dies geschehen, so hoffe ich, dass die Discussion in der
Hauptsache auf die Begründung seiner Hypothese beschränkt bleiben wird; denn nichts ist in
solchen Fällen so unergiebig als eine rein zerstörende Kritik; nichts in der That ist leichter,
als zu zeigen, dass Forchhammer*, Böckh **, Michaelis*** und andere unrecht haben. Es
sind dies Pläne, vorgebracht von Gelehrten, die keine Architekten waren; wenn man aber
nachweist, dass ihre Theorien verkehrt sind, so kommt dies auf die Beseitigung von drei oder
vier Gegnern unter einem Dutzend oder einem Hundert, die zur Zeit Gegner sind oder es
werden können, heraus, ohne dass man durch dieses Verfahren die Wahrheit um ein Jota vor-
wärts bringt. Die einzig wahre und nützliche Kritik ist, es besser zu machen, und dann fallen
ihre Vorschläge ipso facto zu Boden. In den nachfolgenden Bemerkungen habe ich mich durch-
aus auf einen Versuch besckränkt, alle — schriftlichen oder baulichen — Angaben zu er-
örtern, die ich finden kann und die dazu dienen, die Einrichtungen der Gebäude zu erläutern.
Sobald irgendjemand es besser machen kann, ziehe ich mich aus dem Kampf zurück, aber
nicht früher. w

Es ist nicht der am wenigsten merkwürdige Umstand, der mit diesen Oeffnungen ver-
knüpft ist, dass niemand sie vor 1873 beobachtet hat. Stuart und alle diejenigen, welche zwi-
schen seiner Zeit und diesem Datum folgten, obschon sie nicht umhin konnten, sie wahrzu-
nehmen, müssen zu demselben Schluss gekommen sein wie Herr Penrose, dass sie als Schiess-
scharten in die Mauer eingeschnitten wurden. Selbst Tetaz und Beule, obgleich sie den Platz
mit solcher Sorgfalt untersuchten, erwähnen sie nicht, wenn auch Erstgenannter in seinen
Aufrissen vom Innern zwei von ihnen anmerkt. Auf Tetaz' Tafel (III, Figur IV) wird
man in der Höhe von 3,30 Meter über dem Fussboden und 2,so Meter von dem östlichen
Pfosten der Nordthür eine bemerken. Eine derselben entsprechende auf der Südseite, ob-
gleich mit Ziegelsteinen verstopft, ist in einer nahezu gleichen Lage in einer Einsenkung
an der innern Seite der Südwand noch zu sehen. Ihr eigentlicher Entdecker war folglich
Karl Boetticher. Er markirte sie auf seinem Plane des Erechtheions in dem Atlas zu seiner
„Tektonik der Hellenen" (1873), aber ohne Beschreibung; und er beschrieb sie, jedoch ohne
Zeichnungen, in seinen „Untersuchungen auf der Akropolis von Athen", die in demselben
Jahre veröffentlicht wurden. Weil nun Text und Tafel sich in verschiedenen Werken be-
fanden, so wurden sie leicht übersehen, und ich bemerkte ihre, Wichtigkeit nicht früher
als bis meine Aufmerksamkeit durch Herrn Professor Michaelis auf sie gelenkt wurde, der sie

* „Daduchos" (Kiel 1875).

** Adoptirt von Herrn Newton vom Britischen Museum in seinen „Ancient Greek InscHptions"
(1874), Tafel 1—3, S. 85.

*** „Mittheilungen des Deutschen Archäologischen Institutes zu Athen" (1877), S. 15 — 37.
 
Annotationen