Privilegien, die bereits u. a. die Abschaffung aller Frondienste und damit der Leib-
eigenschaft verkündeten, begründet worden* Zahlreidie freiheitliche Geister fanden
hier eine Zufluchtsstätte, und so konnte sich Mannheim zu einem Hort neuer, oft
international wirkender Errungenschaften auf dem Gebiet der Kunst und Wissen-
schaft erheben, was wir hier im einzelnen zu behandeln wohl keinen Aniah
haben, von dem wir aber nur noch das Eine nicht vergessen wollen, dah eben
durch diese freiheitliche, geistige, revolutionär geladene Sphäre der Boden zur
Uraufführung von Schillers »Räuber« hatte geschaffen werden können* Wir werden
nun ohne weiteres begreifen, wie vorzüglich gerade für diese Stadt mit ihren nach
neuen Wahrheiten strebenden Künstlern und Gelehrten dies Bild passen muhte, ja
geradezu eine Verbildlichung seiner eigentlichen Bestrebungen bedeutete.
Ehe wir nun näher auf dieses Meisterwerk des „trefflichen Kräh“, wie ihn Goethe
nennt, eingehen, wollen wir nur kurz das Leben des Künstlers bis zu dieser Höchst-
leistung seiner Kunst skizzieren. 1712 in Düsseldorf als Sohn armer Eltern
geboren, gelangte er in seiner Jugend im Gefolge des Grafen Plettenburg nach
Italien. Dort wurde er von einem schweren Unheil betroffen, denn der Graf starb
plöfflidr und Krähe sah sich wieder in die hilfloseste Lage verseht. Mit Unter-
stühung eines Jesuiten, der ihn Heiligenbilder für Indien malen lief,, konnte er sich
über Wasser halten und seine Studien weiter fortsehen. Durch sein Können er-
langte er gar bald eine solche Berühmtheit, daf> ihn Kardinal Valenti 1755 an
Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz empfahl. Als Hofmaler in Mannheim wurde
Krähe mit der Begründung und Ausgestaltung des kurfürstlichen Kupferstich-
kabinetts daselbst betraut, das jefft einen Teil der Münchener Sammlungen aus-
macht. Im Jahre 1758 ist nun auch das Deckengemälde im Schloß zu Mannheim
entstanden.
Der grobe Bibliotheksaal des Sdilosses, in dem wir das Bild Krahcs finden, stellt
sidr uns als einer der schönsten Rokokobibliotheksäle Europas vor. Sein Erbauer,
Nicolas de Pigage (von ihm stammt auch der 1781 erschienene Katalog der Düssel-
dorfer Gemäldegalerie, auch hat er das Schloß Benrath erbaut), hat hier die ganze
Fülle seiner freien, alles prunkhaft Proffige vermeidenden, geschmackvollen Kunst
entfaltet. Das Buch ist hier, umrahmt von feinster Holzschnitzerei, selbst Träger
der farbigen Idee des Saales geworden. Von der Decke dieser so fein flimmernden
Wände leuchten die ebenfalls sehr zart und geschlossen gestimmten Farben des
Kraheschen Freskogemäldes »Die Entschleierung der Wahrheit«, das wir hier auch
in Abbildung beigeben, herab. Dieses Gemälde, das die respektable Länge von
25 Metern und eine Breite von 10 Metern aufweist, ist von grober, bedeutender
Komposition. In der Mitte die Wahrheit, eine nackte weibliche Gestalt — ein nicht
zu untersdiäffendes Wagnis, wenn man an den Ausspruch Voltaires um die gleiche
Zeit denkt, den uns die Herzogin von Nevers mitteilt: „arme Göttin Wahrheit,
wer dich nackt malen würde, er könnte für verrückt erklärt werden“ — Ghronos, die
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eigenschaft verkündeten, begründet worden* Zahlreidie freiheitliche Geister fanden
hier eine Zufluchtsstätte, und so konnte sich Mannheim zu einem Hort neuer, oft
international wirkender Errungenschaften auf dem Gebiet der Kunst und Wissen-
schaft erheben, was wir hier im einzelnen zu behandeln wohl keinen Aniah
haben, von dem wir aber nur noch das Eine nicht vergessen wollen, dah eben
durch diese freiheitliche, geistige, revolutionär geladene Sphäre der Boden zur
Uraufführung von Schillers »Räuber« hatte geschaffen werden können* Wir werden
nun ohne weiteres begreifen, wie vorzüglich gerade für diese Stadt mit ihren nach
neuen Wahrheiten strebenden Künstlern und Gelehrten dies Bild passen muhte, ja
geradezu eine Verbildlichung seiner eigentlichen Bestrebungen bedeutete.
Ehe wir nun näher auf dieses Meisterwerk des „trefflichen Kräh“, wie ihn Goethe
nennt, eingehen, wollen wir nur kurz das Leben des Künstlers bis zu dieser Höchst-
leistung seiner Kunst skizzieren. 1712 in Düsseldorf als Sohn armer Eltern
geboren, gelangte er in seiner Jugend im Gefolge des Grafen Plettenburg nach
Italien. Dort wurde er von einem schweren Unheil betroffen, denn der Graf starb
plöfflidr und Krähe sah sich wieder in die hilfloseste Lage verseht. Mit Unter-
stühung eines Jesuiten, der ihn Heiligenbilder für Indien malen lief,, konnte er sich
über Wasser halten und seine Studien weiter fortsehen. Durch sein Können er-
langte er gar bald eine solche Berühmtheit, daf> ihn Kardinal Valenti 1755 an
Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz empfahl. Als Hofmaler in Mannheim wurde
Krähe mit der Begründung und Ausgestaltung des kurfürstlichen Kupferstich-
kabinetts daselbst betraut, das jefft einen Teil der Münchener Sammlungen aus-
macht. Im Jahre 1758 ist nun auch das Deckengemälde im Schloß zu Mannheim
entstanden.
Der grobe Bibliotheksaal des Sdilosses, in dem wir das Bild Krahcs finden, stellt
sidr uns als einer der schönsten Rokokobibliotheksäle Europas vor. Sein Erbauer,
Nicolas de Pigage (von ihm stammt auch der 1781 erschienene Katalog der Düssel-
dorfer Gemäldegalerie, auch hat er das Schloß Benrath erbaut), hat hier die ganze
Fülle seiner freien, alles prunkhaft Proffige vermeidenden, geschmackvollen Kunst
entfaltet. Das Buch ist hier, umrahmt von feinster Holzschnitzerei, selbst Träger
der farbigen Idee des Saales geworden. Von der Decke dieser so fein flimmernden
Wände leuchten die ebenfalls sehr zart und geschlossen gestimmten Farben des
Kraheschen Freskogemäldes »Die Entschleierung der Wahrheit«, das wir hier auch
in Abbildung beigeben, herab. Dieses Gemälde, das die respektable Länge von
25 Metern und eine Breite von 10 Metern aufweist, ist von grober, bedeutender
Komposition. In der Mitte die Wahrheit, eine nackte weibliche Gestalt — ein nicht
zu untersdiäffendes Wagnis, wenn man an den Ausspruch Voltaires um die gleiche
Zeit denkt, den uns die Herzogin von Nevers mitteilt: „arme Göttin Wahrheit,
wer dich nackt malen würde, er könnte für verrückt erklärt werden“ — Ghronos, die
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