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Demosstatue nennenden Inschriftbasis zusammengestellt1. Seither figuriert die Statue
unter der Bezeichnung „Demos“. Abgesehen vom Kopf hat sich der Rumpf der Statue
mit Ansätzen des linken Oberarms und beider Oberschenkel erhalten; linker Arm und
Beine waren extra angesetzt. Die Statue zeigt mit rundem Rücken lockere Sitzhaltung,
mit angehobenem linken Arm, entspannter rechter Schulter und Brust und etwas vor-
gedrehter rechter Flanke. Oberhalb des Nabels bilden sich Bauchfalten. Nach den Haut-
falten am Ansatz des linken Oberschenkels (die extra angesetzte Partie umfaßte hier fast
den ganzen Oberschenkelansatz ab der Hüfte) war dieser im Gegensatz zum rechten
wohl etwas angehoben und außerdem — nach der stumpfwinkeligen Ansatzfläche —
mehr nach außen gedreht. Der Körper ist an Vorder- wie Rückseite kräftig modelliert.
An dem zu seiner Rechten gewendeten und etwas geneigten Kopf war ein Teil der
Kalotte ohne Dübelloch schräg aufgesetzt. Der separat gefundene Kopf wurde für die
Aufstellung im Volksgarten in Wien und in Istanbul zweimal wiederaufgesetzt und
restauriert2. Das Gesicht mit der gewölbten Unterstirn, den großen Augen und dem
geöffneten Mund wird von Haar und Bart in dicken, plastischen, sich einrollenden Lok-
kenbüscheln umwuchert. Das Haupthaar bauscht sich über der Stirn, in die kleine Lok-
ken fallen. An Ober- und Hinterkopf ist das Haar summarisch in einfach gekerbten fla-
chen Wellen wiedergegeben; im Nacken bildet sich eine „Rolle“.
Über den ganzen Körper wie auch die Rückseite des Kopfes verteilen sich eine
ganze Reihe von Dübel- und Stiftlöchern und anderen Eintiefungen3. Neben den tiefen
Dübellöchern zur Anpassung der beiden Oberschenkel und des linken Oberarms ist hier
zuerst das System von Eintiefungen an der linken Schulterlinie zu nennen, wobei —
abgesehen von dem Dübelloch rechts (vom Betrachter aus) — die zwei Stiftlöcher und
die seichte Eintiefung ganz links nicht gleichmäßig in einer Linie auf der Schulterhöhe
liegen, sondern quasi schräg auf den Rücken Zufuhren. — Die letztgenannten Eintiefun-
gen sitzen hinter der Schulterhöhe, sind also für den Betrachter von vorne nicht sicht-
bar. — Hinter der linken Achsel sitzt eine kleine rechteckige Eintiefung, an der Außen-
seite des linken Glutäus ein noch bleigefiilltes Stiftloch. Außerdem befinden sich zwei
kleine kreisrunde, exakt gebohrte Stiftlöcher vor der linken Schulter, sowie je zwei am
rechten Glutäus außen bzw. eines an der rechten Hüfte. Die beiden Dübellöcher in der
Leistenbeuge (jenes am rechten Oberschenkel noch bleigefüllt) wollte Mendel mit der
Anpassung der Oberschenkel in Verbindung bringen, doch sitzen sie dafür m. E. zu
hoch. Eher könnten sie mit dem Dübelloch unterhalb des Nabels — nach Mendel „du
destination incertaine“4 — zusammengestellt werden, etwa für die ursprüngliche Anbrin-
gung des Gewandteils? An der Rückseite des Kopfes sitzt an der tiefsten Stelle der
Binde ein viereckiges Dübelloch, ebenso eines am Hals mit zum (verbrochenen) Nacken
führenden Gußkanal — Zeichen einer antiken Reparatur?5 In der tiefen Rückgratsenke
befinden sich untereinander drei Vertiefungen mit einem großen Dübelloch in der Mitte.
Unsere Statue erinnert in der Haltung und den idealisierten Gesichtszügen mit dem
pathetisch geöffneten Mund und der üppig wuchernden Haar- und Barttracht an links
aufgestützte thronende Götterstatuen. Stimmt die angenommene Verbindung unserer
Statue mit der Statuenbasis eines Demos, so müßte sich unsere Statue auch ikonogra-
phisch unter die bildlichen Darstellung dieser Personifikation einreihen lassen. Für
Demos hat sich allerdings kein feststehender ikonographischer Typus entwickelt6. Die
attischen Urkundenreliefs vom Ende des 5. Jh.s v. Chr. zeigen ihn als jugendlichen, bär-
tigen (meist) stehenden oder sitzenden bzw. thronenden, in ein Himation gekleideten
Mann, oft bekränzt, im sitzenden Typus mit einem Zepter ausgestattet7. — Den Partner
der Artemis von Ephesos auf einem ephesischen Urkundenrelief hat Strocka nicht als
 
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