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Zehntes Kapitel

Schlußbemerkungen zur Datierung und Deutung des Torbaues
I Datierung. Die epigraphischen Quellen sagen in ihren geringen Resten (o. 6. Kap.
Nr. 1) zwar aus, daß das Denkmal einem Kaiser geweiht war, der Name des Kaisers ist
aber nicht mit Sicherheit zu erschließen. Da das Monument bereits vor mehr als 80 Jah-
ren und mit den damals üblichen Methoden freigelegt wurde, waren auch aus dem archäo-
logischen Grabungsbefund keine weiteren Angaben zu gewinnen. Zwei kleine Sondagen
im Jahr 1982 brachten zwar Aufschluß über Art und Aufbau der Fundamente, außerdem
wurden mehrere später verlegte Wasserrohre aufgedeckt, sie führten aber nicht zur Iden-
tifizierung von Fundamentgruben, mit datierender Keramik oder Münzen. Die Datierung
muß somit auf der kunstgeschichtlichen Einordnung der Architekturformen und der Bau-
dekoration aufbauen. Unter den am Tor verwendeten Architekturformen gab die Einrei-
hung des eher ungewöhnlich gestalteten Bogens über dem mittleren Interkolumnium (s.
o. S. 79ff.) in die Entwicklungsgeschichte dieser Form einen ersten Anhaltspunkt. Der am
Tor ausgeführte Bogen ist als älter zu beurteilen als der ,syrische Bogen‘ des ephesischen
Hadrianstempels am Embolos, der somit gewissermaßen einen terminus ante quem für
das Propylon darstellt. Der Tempel, der von Miltner als zweiter ephesischer Neokorie-
tempel gedeutet wurde, ist durch Untersuchungen Bowies und Wörrles der Bau-
inschrift in die Jahre 117/8 datiert. Der Tempelbau wurde bereits während Trajans
Partherfeldzug angekündigt, war also ursprünglich Trajan zugedacht. Aufgrund des plötz-
lichen Todes Trajans wurde der Bau dessen Nachfolger Hadrian geweiht1. Daraus ist für
unseren Torbau eine Bauzeit vor 117/8 zu folgern.
Der stilistische Vergleich der Bauornamentik rückte den Torbau in die nächste Nähe
zur Celsusbibliothek. Wichtigstes Beweisstück sind die Untergeschoßkapitelle (vgl. o.
S. 92f.). Sie sind als eine in Kleinasien ungebräuliche Variante des Kompositkapitells aus-
geführt. Diese Kapitellform mit Schilfblättern tritt erstmals an der Celsusbibliothek und
an dem Straßenbrunnen in der Nähe des magnesischen Tores auf. Mit geringfügigen
Abwandlungen im Detail und in etwas verminderter Qualität wird sie auch am Tor
verwendet.
Die stilistische Einordnung einer Einzelform, wie sie die Kapitelle darstellen, hat
jedoch nur einen begrenzten Aussagewert, zumal der im achten Kapitel durchgeführte
Vergleich der gesamten Baudekoration deutlich differierende Ergebnisse brachte (S. o.
S. 120). Für eine Datierung ist jedoch, betrachtet man den Gesamtablauf des Baues, die
jüngste Form maßgeblich, und dies sind in unserem Fall die Untergeschoßkapitelle. Ihre
Aussagekraft steht der flavisch wirkenden Dekoration des Obergeschosses nicht alleine
entgegen: Zwei weiteren Detailformen, den über die Breite von zwei Pfeifenblättern aus-
gedehnten Ei-Elementen des Untergeschoßfrieses und der aufgelösten Form des lesbi-
schen Kymations entsprechen gleichwertige Formen an der Bibliothek. Das unterstreicht

1 Die Literatur ist o. im 1. Kap. Anm. 22 zusammengestellt.
 
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