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Quatember, Ursula [Hrsg.]; Österreichisches Archäologisches Institut [Mitarb.]
Das Nymphaeum Traiani in Ephesos — Forschungen in Ephesos, Band 11,2: Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.47147#0058
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3. Baubeschreibung und Rekonstruktion

Anbringung von 11-12 an der nach N angrenzenden Rückwand. Gegenüber am W-Flügel war 11-5 angebracht. Ein Vertauschen der beiden
Stücke ist wegen der Lage der Klammerbettung in 11-14 nicht möglich.
Alle anderen Teile fügen sich in das Schema des Architrav-Ablaufs ein, sind aber auf Grund ihres Erhaltungszustandes bzw. fehlender
Verbindungen nicht mehr einer eindeutigen Position zuzuordnen: 11-4 könnte sich an der Innen- oder Außenseite des freistehenden Tabernakels
sowohl am W- als auch am O-Flügel befunden haben. 11-11 ist durch seine Länge ebenfalls im W- oder im O-Flügel unterzubringen.
Technische Anschlüsse, die einen Aufschluß darüber geben könnten, existieren nicht. 11-15 ist auf Grund seiner spitz zulaufenden Gehrung
in den Bereichen anzuordnen, wo die Seitenflügel an die Hauptfassade anschließen. Wegen der in der Oberseite vorhandenen Klammerbettung
wird als spiegelbildliche Anordnung zu 11-9 das westliche Ende der Hauptfassade angenommen. Das zur Überprüfung notwendige
Klammerloch in 11-6 ist jedoch leider weggebrochen. Die erhaltene Länge von 11-16 spricht am ehesten für eine Position in den freistehenden
Tabernakeln am Ende der Seitenflügel. Genaueres läßt sich jedoch nicht aussagen. Bei 11-17 handelt es sich um den einzigen Wandarchitrav,
bei welchem die Frieszone fehlt; er muß daher in der Rückwand eines der Tabernakel angebracht gewesen sein. Hier sind - abgesehen von
den unmittelbaren Gebäudeecken - angesichts der erhaltenen Länge alle Anbringungsorte möglich. Die Position von 11-3 ist auf Grund
der Architekturprobe heute nicht mehr eindeutig festzustellen. Möglich wäre etwa auch die Zugehörigkeit zum westlichen Tabernakel der
Hauptfassade oder der östliche Anschluß an 11-10. Das nicht zwingend zugehörige zweite Fragment148, 11-18, dürfte analog zu 11-1 und 11-8
in der nördlichen Hauptfassade verbaut gewesen sein.
Der hier dargestellte Verlauf der Architrav-Fries-Blöcke ist m. E. die naheliegendste Rekonstruktion unter Einbeziehung aller Stücke und unter
Berücksichtigung der Gebäudeachsen. Daraus lassen sich Rückschlüsse auf die übrige Gestaltung der Fassade ziehen: Die im rückspringenden
Teil der verkröpften Fassade gelegenen Architrave - 11-5, 11-7 und 11-12 sowie die erhaltene Gehrung an 11-3 und 11-8 - kragen über die
Flucht der Rückwand vor. Gleichzeitig weisen die Architrave keine Soffitte auf, vielmehr ist die Unterseite mit einem Zahneisen gearbeitet
und weist die Charakteristika anderer Lagerflächen am Bauwerk auf149. Ähnliche Unstimmigkeiten bei der von H. Pellionis vorgeschlagenen
Rekonstruktion einer durchgehenden Rückwand ergeben sich auch an den Kapitellen 10-4 bis 10-7 der darunterliegenden Ebene: Den
erhaltenen Dübellöchem nach zu schließen, hegt die Vorderkante der Oberseite in einer Ebene mit der Vorderkante der Architrave, d.h., sie
kragt ebenfalls über die Flucht der Rückwand vor.
Auf Grund dieser Auffälligkeiten ist davon auszugehen, daß die Hauptfassade im Obergeschoß zusätzliche Gestaltungselemente aufwies; im
Vergleich mit anderen Tabernakelarchitekturen ist dabei in erster Linie an Nischen oder kleinformatige Ädikulen zu denken1"0. An dieser Stelle
über die gesamte Höhe der Rückwand reichende Nischen anzunehmen, ist zur Erklärung dieser Details an den Baugliedem nicht möglich,
denn einerseits sind die Pilasterkapitelle seitlich nicht ausgearbeitet, sondern weisen ab einer Tiefe von max. 15 cm eine Anschlußfläche
auf. Andererseits fehlt an den Architravunterseiten - wie bereits angesprochen - die in Analogie zu den anderen, freistehenden Architraven
vorauszusetzende Soffitte.
Eine Erklärung für diese Eigentümlichkeiten der vorhandenen Bauglieder liefert die hier vorgeschlagene Rekonstruktion: An der Hauptseite
sowie eventuell auch an den Nebenseiten waren im rückwärtigen Bereich des verkröpften Gebälks Ädikulen eingestellt, deren Giebel
direkt unter den Architraven lagen. Dies erklärt, warum letztere ohne Soffitte und als Lagerfläche gestaltet sind. Gleichzeitig verdeckte
ein solcher Giebel die Seitenflächen der Pilasterkapitelle, die deshalb unausgearbeitet blieben. Die Tiefe einer solchen Ädikula könnte bis
zur halben Stärke der Rückwand betragen. Reste von Bauteilen dieser Ädikulen haben sich zwar nicht erhalten, was angesichts der nur
zu einem geringen Prozentsatz erhaltenen Architektur der gesamten Fassade und durch das relativ kleine Format solcher Bauteile aber
nicht weiter verwundert. Nicht nur auf Grund der technischen Anschlüsse, sondern auch vom architektonisch-gestalterischen Standpunkt
erscheint diese Rekonstruktion sinnvoll, da damit ein Architekturmotiv aufgegriffen wurde, das auch im Untergeschoß des Brunnens belegt
ist. Als Analogiebeispiel für direkt vor die Rückwand gestellte Ädikulen sei der Brunnen des C. Laecanius Bassus genannt1’’1.

Katalog
11-1 Taf. 72, 1
Architrav und Fries in einem Stück gearbeitet.
L 152,5 cm, T 41 cm, H 35,5 cm bzw. 37 cm.

148 11-3 und 11-18 werden als zwei Bauteile behandelt, da sie zwar modern an derselben
Stelle verbaut sind, ihre Zusammengehörigkeit jedoch nicht gesichert ist.
149 Üblich ist beim Nymphaeum Traiani eine Glättung mit Zahn- und feinem Spitzeisen,
vgl. dazu etwa die Oberseiten der Architrav-Fries-Blöcke des Ober- und Unterge-
schoßes.
15(1 Zu entsprechenden Vergleichsbeispielen s. u. Kap. 10 mit weiteren Literaturangaben.
Stellvertretend genannt sei etwa das Nymphäum von Aspendos mit seiner etwa

SW-Ecke teilweise abgeschlagen, sonst ganz erhalten. Das Stück
ist modern verbaut; OS nicht zugänglich, O-Seite zum Teil von 11-2
verdeckt, US nur tw. sichtbar.

15 m hoch erhaltenen Rückwand, vgl. Dorl-Klingenschmid, Prunkbrunnen, 177 f.
(Nr. 177) mit älterer Literatur; die von ihr geäußerten Zweifel an der Identifikation
als Brunnenanlage sind jedoch nicht berechtigt. Zum Nymphäum von Aspendos vgl.
auch Kap. 10.2.3.
151 Ausführlicher dazu s. Kap. 10.2.1.

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