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Quatember, Ursula [Hrsg.]; Österreichisches Archäologisches Institut [Mitarb.]
Das Nymphaeum Traiani in Ephesos — Forschungen in Ephesos, Band 11,2: Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.47147#0073
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4. Bautechnik und Bauentwurf

6-2 (Taf. 58, 2) dar, die auf Grund des umlaufenden Randstreifens als Anathyrose im „herkömmlichen Sinn“218 angesprochen werden kann.
Die Unterseiten sind gut mit einem Zahneisen geglättet; 6-11 weist z. T. auch an der Unterseite Sägespuren auf (Taf. 64, 1). Die Gesimse des
Obergeschoßes sind allesamt an der Unterseite ebenfalls mit einem Zahneisen geglättet, an der Oberseite hingegen nur grob bearbeitet. Alle
Rückseiten sind nur sehr grob bossiert.
Die einzelnen Blöcke sind miteinander durch H-förmige Klammern verbunden. Einzig an 6-12 ist eine Klammerbettung nur angerissen,
aber nicht fertig aufgeführt (Taf. 64, 2). An 12-4 mußte die Position eines bereits angerissenen Klammerlochs offenbar korrigiert werden
(Taf. 85, 1). Das an der W-Seite daran anzuschließende Gesimsstück ist nicht erhalten. In Ebene 6 besitzen die glatt abgearbeiteten
Lagerflächen für die Plinthen des Obergeschoßes im Bereich zur Vorderseite hin jeweils ein rechteckiges Dübelloch (ca. 6x6 cm) mit
Gußkanal zur Vorderseite. Im entsprechenden Abstand befinden sich Stemmlöcher zum Versetzen, beim Großteil der Stücke ist einander
gegenüberliegend jeweils eines angeordnet. 6-4, 6-6 und 6-8 weisen je zwei Stemmlöcher an einer Seite auf219 (Taf. 60, 1; 61, 2; 62, 2).
Darüber hinaus haben alle Gesimse beider Geschoße ein Hebeloch (ca. 10-13 x4-5 cm), sogar das verhältnismäßig kleine Bauteil 12-4.
Am westlichen und am östlichen Tabernakel der Hauptseite des Untergeschoßes ist der Steinschnitt unterschiedlich (Taf. 57): Während
am westlichen Tabernakel die Fuge zwischen 6-4 und dem östlich anschließenden Block etwa in der Mitte des Tabernakels angeordnet
ist, besitzt das östliche Tabernakel zur Schauseite hin drei Stoßfugen. Auch im Obergeschoß ist der Steinschitt am West- und Ostflügel
unterschiedlich. Dies steht im Gegensatz zu einer regelmäßigen Aufteilung an der Celsus-Bibliothek, bei der die Gesimse an jedem Tabernakel
im Untergeschoß zwei Stoßfugen aufweisen.
Der Mittelgiebel G-OG-1 ist aus mehreren Einzelteilen zusammengesetzt (Taf. 92-93). Auf Grund der modern aufgestellten Architekturprobe
sind die einzelnen Anschlußflächen nur mehr mittels der Dokumentation von H. Pellionis zu analysieren. Der von ihm als Nr. 113 dokumentierte
untere Mittelteil rastet in zwei Aussparungen in die seitlichen Blöcke mit den Nr. 41A und 64 ein. Zusätzlich sind die Blöcke untereinander
verklammert. Die Oberseite ist im Mittelteil - in verbautem Zustand nicht sichtbar - konkav abgearbeitet, wohl um das Gewicht des Giebels
zu reduzieren. Ebenfalls ausgehöhlt ist die Oberseite des Mittelstücks Nr. 1 13220.
Die Gesimse des Obergeschoßes passen genau in flache Vertiefungen an den Giebelrückseiten ein und sind mit diesen durch Klammern
verbunden, wobei die Klammem näher an den Rand gerückt sind als bei den auf gleicher Ebene zusammengeschlossenen Teilen (vgl. 12-3
und 12-7, Taf. 84, 2; 87). Der Segmentgiebel G-OG-3 weist oberhalb der Klammerbettungen an der Rückseite zwei weitere, paarförmig
angeordnete Klammerlöcher auf (Taf. 95), die zur Befestigung metallener Halterungen o.ä. gedient haben könnten. Denkbar wären
beispielsweise Fixierungen für Fackeln zur Beleuchtung des Gebäudes und der Kuretenstraße bei besonderen Anlässen221.

4.3.7 Anbringung der Kassettenplatten

An der Kassettenplatte K 9 ließen sich auch noch fast fünfzig Jahre nach der Ausgrabung im Bereich des Auflagers Reste eines feinen
Kalkmörtels mit unregelmäßig angeordneten Anteilen an Marmorabschlag nachweisen (Taf. 113, 1-2) 222. Offenbar versuchte man auf
diese Weise, einen Druckausgleich zu schaffen, damit das Gewicht der Kassettenplatten gleichmäßig auf die zum Teil nicht sehr sorgfältig
gearbeiteten Auflager an den Architraven verteilt wurde.
Im Obergeschoß existierte offenbar bei den freistehenden Tabernakeln an der Front der Seitenflügel eine Verklammerung zwischen den
Gesimsblöcken und den Kassetten. Dies ergibt sich aus dem Geison 12-14, dessen Position am freistehenden Tabernakel des östlichen
Seitenflügels zu rekonstruieren ist223 (Taf. 82; 91). In der Oberseite befindet sich nicht nur eine Einarbeitung für eine Klammer zum nördlich
anschließenden Block, sondern zusätzlich eine eingearbeitete Vertiefung, in der wiederum eine Klammerbettung existiert. Eine solche
Konstruktionsweise ist bislang von anderen Bauten in Ephesos nicht bekannt. Für das Markttor von Milet beschrieb H. Knackfuss, daß
die Kassettenplatten des Obergeschoßes mit den Architrav-Fries-Blöcken verklammert gewesen seien, aber fügte seinem Text leider keine
entsprechende Illustration bei, aus der bautechnische Details erschlossen werden könnten224. Am Originalbefund läßt sich seine Aussage leider
nicht mehr verifizieren, da die entsprechenden Teile im Zuge der Wiederaufstellung durch eine Eisen-Beton-Konstruktion ersetzt wurden225.

218 Vgl. beispielsweise bei Müller-Wiener, Bauwesen, 75.
219 Auch beim Hadrianstor sind z.T. mehrere Stemmlöcher neben- oder hintereinander
angebracht, vgl. Thür, Hadrianstor, 65.
220 Eine ähnliche Vorgangsweise ist auch vom Hadrianstor bekannt, bei dem - vermutlich
aus statischen Erwägungen - verschiedene Bauglieder ausgehöhlt waren, vgl. Thür,
Hadrianstor, 65 sowie ausführlich Thür, Ausgehöhlte Bauglieder, 238-245.
221 Zur Beleuchtung des öffentlichen Raumes bei Festen s. Held, Künstliche Beleuchtung,
57-59. Auch die Oberseite der Attika des Nymphäums von Milet weist „Standspuren
von Bronzezierraten“ auf, vgl. Hülsen, Milet I 5, 50.
222 Die naturwissenschaftlichen Untersuchungen wurden von W. Prochaska (Montan-
universität Leoben) durchgeführt, dem an dieser Stelle sehr herzlich für die Zusam-
menarbeit gedankt sei.

223 Vgl. Kap. 3.14.
224 Knackfuss zu den „Decken“ der beiden mittleren Tabernakel: „Das Oberlager dieser,
wie auch der vorher besprochenen Deckenplatten zeigt ein Wolfsloch und zum Teil
an den Außenkanten Klammem, vermittelst derer sie an die benachbarten Blöcke des
Frieses oder der Rückseite angebunden waren“, vgl. Knackfuss, Milet I 7, 109.
225 Für die Möglichkeit einer Autopsie vor Ort sei M. Maischberger von der Antiken-
sammlung der Staatlichen Museen zu Berlin an dieser Stelle sehr herzlich gedankt.

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