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Quatember, Ursula [Hrsg.]; Österreichisches Archäologisches Institut [Mitarb.]
Das Nymphaeum Traiani in Ephesos — Forschungen in Ephesos, Band 11,2: Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2011

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https://doi.org/10.11588/diglit.47147#0122
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10. Bautypologie und Vergleiche

ist die Anbringung kleinerer Ädikulen, die unter das Hauptgebälk gestellt die Fassade zusätzlich bereichern und den Rhythmus der
Tabemakelstellungen variieren. Erstmals nachzuweisen sind solche eingestellten Ädikulen am Nymphäum des C. Laecanius Bassus sowie
am Theater von Ephesos. Ob es sich dabei tatsächlich um eine Erscheinung (spät?)flavischer Zeit handelt oder ob dieser Befund nur den
aktuellen Forschungsstand spiegelt, müssen die Untersuchungen weiterer Tabemakelarchitekturen klären768.
Gerade in Hinblick auf das Markttor von Milet und das Nymphäum F 3 von Perge spricht V. M. Strocka von einer „additiven, einförmigen
Architektur“ hadrianischer Zeit, der Entwurf des Brunnens F 3 sei „einfallslos gelöst“769. Strockas Werturteil ist hier m. E. zu widersprechen:
In Perge mußte eine Kombination zweier verschiedener Zweckbestimmungen und damit auch Architekturformen geschaffen werden, so
daß der Bau per se eine Sonderstellung einnimmt. Das Markttor hingegen zeigt einfache, klar strukturierte Formen, die nicht unbedingt auf
hadrianische Zeit beschränkt sind.

Ergebnisse für die architektonische Entwicklung von Fassadennymphäen
Zur Gestaltung der Nymphäumsfassaden in traianisch-hadrianischer Zeit ist festzustellen, daß diese im wesentlichen aus demselben
Formenrepertoire schöpfen wie andere Bauten mit Tabernakelgliederung. Eine Weiterentwicklung im Sinne einer Aufnahme neuer
Architekturelemente in das bestehende Repertoire ist seit neronischer Zeit nicht mehr festzustellen770. Einzige Neuerung sind - jedoch auch
dies ist gerade hinsichtlich der nur in seltenen Fällen erhaltenen Rückwänden möglicherweise eine Frage des Forschungsstandes -große
Rundbogennischen in den Interkolumnien der Rückwand, wie sie für das hadrianische Nymphäum in Sagalassos rekonstruiert wurden; diese
kommen zum Teil auch an Bauten späterer Zeitstellung vor.

10.2.3 Ausblick: Kleinasiatische Fassadennymphäen ab der Mitte des 2. Jh.s und im frühen 3. Jh. n. Chr.
Im zwischen 147 und 149 n. Chr. eingeweihten Vedius-Gymnasium in Ephesos entstand ein Innenraum mit ungewöhnlicher
Fassadengliederung771: Der in der Forschung meist als „Kaisersaal“ bezeichnete Raum, der sich mit seiner Längsseite zur Palästra hin
öffnet, besaß in der Mitte der Rückwand eine Nische, die von einer monumentalen Säulenstellung gerahmt war. Die angrenzenden Teile
der Rückwand sowie die Seitenwände waren mit einer zweigeschoßigen Tabemakelarchitektur ausgestattet. Auch wenn über die Funktion
dieses Bereichs derzeit keine endgültige Aussage getroffen werden kann772, zeigt die starke Betonung der Mittelnische deutlich, daß das
architektonische Konzept eng damit verknüpft ist. Durch diese nutzungsorientierte Gestaltung ist der „Kaisersaal“ des Vedius-Gymnasiums
unter ähnlichen Gesichtspunkten zu sehen wie andere Bauformen, bei denen eine Tabernakelfassade mit einer anderen Gebäudefunktion
kombiniert ist.
Ebenfalls um die Mitte des 2. Jh.s n. Chr. entstand das Herodes Atticus-Nymphäum in Olympia773 (Taf. 140, 2). Hier wurde - soweit
bekannt - erstmals eine zweigeschoßige Schaufassade mit parataktisch angeordneten, über beide Ebenen reichenden Tabernakeln mit einem
halbkreisförmigen Grundriß kombiniert. Auf Grund des hypäthralen Beckens und der eindeutig im Vordergrund stehenden Wirkung der
Architekturgliederung in der Rückwand ist die Anlage zu den Fassadennymphäen zu rechnen.
Das in mittelantoninischer Zeit, zwischen 160 und 180 n. Chr. errichtete Nymphäum an der Oberen Agora von Sagalassos774 ist nur
eingeschoßig (Taf. 140, 3). Charakteristisch für die Fassadengestaltung sind große Rundbogennischen in den Interkolumnien zwischen den
parataktisch angeordneten Tabernakeln, wie sie in hadrianischer Zeit bereits am Nymphäum der Unteren Agora vorkamen. In etwa derselben
Zeit, während der Regierung des Kaisers Marc Aurel, entstand das Bühnengebäude des Theaters von Aspendos7721 (Taf. 141, 1). Wesentlich
für die Struktur der Anlage sind die verbreiterte Mittelnische, die durch den gesprengten Giebel im Obergeschoß betont wird, sowie die in
beiden Ebenen parallel verlaufende Verkröpfung und die parataktisch angeordneten Tabernakel. Einen sehr ähnlichen Aufbau besitzt das
Nymphäum von Aspendos776 (Taf. 142, 1), das jedoch keine Inschrift aufweist und allgemein in antoninische Zeit datiert wird. Auch hier

768 Aufschluß ließe beispielsweise eine steingerechte Rekonstruktion der Scaenae ffons
des Theaters von Stratonikeia erwarten. Auch das erste Bühnengebäude von Milet
wäre in diesem Zusammenhang von Interesse. Durch den Umbau der Anlage und
damit einhergehend die Wiederverwendung und Umarbeitung eines Großteils der
Bauglieder dürfte hier der mögliche Erkenntnisgewinn jedoch beschränkt sein.
769 Strocka, Markttor, 39. Jüngst wurde für das Markttor von Milet auch eine Datierung
in domitianische Zeit erwogen, vgl. Maischberger, Markttor, bes. 115-117.
770 s. o. Kap. 10.2.1.
771 Steskal- La Torre, Vediusgymnasium, zur Rekonstruktion des dort als „Marmorsaal“
bezeichneten Raumes s. ebenda, 19-24 Taf. 114-117.
772 Zur Raumfunktion s. Steskal - La Torre, Vediusgymnasium, 295 f.

773 Bol, Herodes-Atticus-Nymphaeum; zur Rekonstruktion s. besonders den Beitrag von
A. Hoffmann, ebenda, 67-75.
774 Gates, Archaeology in Turkey, 311 f.; Vandeput, Architectural Decoration, 100;
Vandeput, Antonine Nymphaeum, 385—403; Dorl-Klingenschmid, Prunkbrunnen,
239 f. (Nr. 99). Zuletzt s. Mägele, Votive, passim, bes. Abb. 11; zu einer 3D-Rekon-
struktion s. Mueller u. a., 3D Modeling Sagalassos.
775 Lanckoronski, Städte I, 102-120, bes. 107-116 Taf. 24-27; Can, Aspendos, 89-119.
776 Lanckoronski, Städte I, 98—102; Hörmann Aspendos, 263—274; Kramer, Grabtem-
pel Side, 154-157; Dorl-Klingenschmid, Prunkbrunnen, 177 f. Die von letzterer
geäußerten Zweifel an der Identifizierung des Gebäudes als Brunnen sind m. E. nicht
gerechtfertigt.

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