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Waldner, Alice; Österreichisches Archäologisches Institut [Mitarb.]
Die Chronologie der Kuretenstraße: Archäologische Evidenzen zur Baugeschichte des unteren Embolos von Ephesos von der lysimachischen Neugründung bis in die byzantinische Zeit — Forschungen in Ephesos, Band 11,4: Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2020

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https://doi.org/10.11588/diglit.52321#0175
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174

5 Auswertung und Interpretation: Die Baugeschichte des unteren Embolos

kann jedenfalls mangels entsprechender Fundkomplexe im untersuchten Bereich archäologisch
nicht genauer gefasst werden.
An der unmittelbaren Nordseite des unteren Embolos sind nur wenige kaiserzeitliche Bauakti-
vitäten nachzuweisen. So stellen in der späteren Kuretenhalle wenige Versorgungsstrukturen wie
der Kanal K3b, der nach dem Ende des 1. Jahrhunderts n. Chr. angelegt worden sein muss, und
der Kanal K2, der durch die Anlage der Wasserleitung WL6 zerstört wurde, die einzigen Zeug-
nisse einer kaiserzeitlichen Nutzung des Areals dar. Einen Hinweis auf mögliche Beschädigungen
des Embolos durch eine Erdbebenserie im 3. Jahrhundert n. Chr. könnte die inschriftliche Nen-
nung der Neupflasterung des Triodos-Platzes zur Zeit Gordians bieten973. Unmittelbare Folgen
des schlimmsten Erdbebens, das sich im dritten Viertel des 3. Jahrhunderts ereignete, können
hingegen am unteren Embolos nicht festgestellt werden. Da aber beispielsweise das Hanghaus 2
nördlich der Straße derart stark in Mitleidenschaft gezogen worden war, dass die einzelnen
Wohnhäuser nach der Erdbebenzerstörung im dritten Viertel des 3. Jahrhunderts n. Chr. nicht
mehr aufgebaut wurden974, und die gleichzeitigen Zerstörungshorizonte im Vediusgymnasium975
und im Theater976 von der Großflächigkeit der Katastrophenfolgen zeugen, ist davon auszugehen,
dass auch der Embolos nicht von den Naturkatastrophen verschont blieb.
5.4 DER UNTERE EMBOLOS IN SPÄTANTIK-FRÜHBYZANTINISCHER ZEIT
Ein Zeugnis für eine spätantike Adaptierung der Ehrenmonumente an der Südseite des unteren
Embolos stellen zwei Briefe der Kaiser Valens, Valentinian und Gratian auf dem Sockel des
Oktogons dar. Jener an seiner Westseite ist auf Latein und Griechisch an den Prokonsul Festus
(372 n. Chr.) gerichtet und verteilt die Finanzierung der Provinzfestspiele auf vier Städte977. Der
Brief an der Ostseite wendet sich in lateinischer Sprache an den Prokonsul Eutropius (371 n.
Chr.) und verlangt eine widmungsgemäße Verwendung von Geldern, die aus dem kaiserlichen
Fundus für die Renovierung der Stadt gestiftet wurden978. Ob auch in Ephesos Renovierungen
nach einem der großen Erdbeben, welche für die infrage kommenden Jahre 365 und 368 n. Chr.
überliefert sind979, erfolgten, geht aus dem Brief nicht hervor.
Die begleitenden Tabernen hinter den Ehrenbauten im Süden wurden nach dem oder den
Erdbeben offensichtlich weiter benutzt, bezeugt durch die keramische Evidenz aus der Taberna II
(vormals hellenistisches Brunnenhaus), die bis in die erste Hälfte des 7. Jahrhunderts reicht.
Auch am Heroon sind spätantike Adaptierungen festzustellen, so die Begrenzung des Brun-
nenbeckens mit kreuz- und rautendekorierten Schrankenplatten980. Östlich des Monuments, zwi-
schen Heroon und Oktogon, wurde im 5. Jahrhundert ein Kanal angelegt, der allem Anschein
nach das Wasser aus den spätantiken Wohnbauten, die über Teilen der zerstörten Wohneinheiten
eingerichtet worden waren, nach Norden ableitete. Auf dem Platz im Westen des Heroons hin-
gegen wurde im späten 5.-6. Jahrhundert n. Chr. ein Sarkophag eingetieft. Ob der marmorne
Porträtkopf eines Kaiserpriesters, der den beiden in dem Sarkophag befindlichen Individuen (ein
Erwachsener, ein Kind) beigegeben wurde, den Bestatteten darstellt - er wurde vorschlagsweise

973 IvE 3009; Hoffinann 2008, 49 Anm. 69; Halfinann 2001, 92.
974 Grundlegend Ladstätter 2002a, 9-40; Ladstätter 2005a, 242-262.
975 Nach dem Erdbeben sind Zerstörungen im gesamten Stadtgebiet anzunehmen, was mittlerweile durch entspre-
chende Befunde aus dem Vediusgymnasium (Ladstätter 2008, 111-113) und aus dem Bereich südlich des Uieaters
(Waldner 2017, bes. 182-191) belegt ist.
976 Waldner 2017, 178-192.
977 IvE 43; Thür 1995d, 92.
978 IvE 42; Thür 1995d, 92; Thür 1999b, 107.
979 365 n. Chr.: Amm. 26, 10, 15; Lib. or. 291; 368 n. Chr.: Sokr. 4, 11,4 f.; loh. Mal. 342. Kritisch zu diesen Erdbe-
ben s. Ladstätter 2002a, 29-31.
980 s. z. B. Thür 1999b, 117.
 
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