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Gasser, Anna; Österreichisches Archäologisches Institut [Mitarb.]
Die korinthische und attische Importkeramik vom Artemision in Ephesos — Forschungen in Ephesos, Band 12,1: Wien: Schindler, 1990

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https://doi.org/10.11588/diglit.52074#0013
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den Altarhof im allgemeinen und im speziellen süd-
lich der Rampe wäre dies nur so zu erklären, daß der
Altarhof überhaupt erstmals neu gepflastert worden
wäre. Für den Bereich südlich des Hckatompedos
könnte man den Sachverhalt damit erklären, daß bei
der polygonalen Pflasterfundierung nach dem großen
Tempelbrand der ganze Bereich dort ebenfalls zu-
sammen mit archaischen und zeitgleichen
Brandrückständen eingeebnet worden wäre.
Mit dieser Bautätigkeit konnte auch der Befund
rotfiguriger Keramik — die zwar nicht zahlreich ist,
aber nicht unberücksichtigt bleiben darf — im gan-
zen Bereich zwischen Tempel und Altar erklärt wer-
den. Die Hofpflasterung des Altares mit polygonalen
bzw. trapezoid zugeschnittenen Steinen benutzt si-
cher archaisches Marmormaterial, wie aus den Bear-
beitungsspuren der Steine östlich der Rampe hervor-
geht, außerdem wiederholt sich der trapezoide Fu-
genschnitt beim Stylobat des archaischen Tempels.
Diese Marmorplatten im Hof können daher wieder-
verwendete Stylobatplatten des Tempels oder wie-
derverwendete archaische Altarhofplatten sein. Er-
steres trifft zu, falls es keinen archaischen Altarhof
gegeben hat. Bei der Grabung 1989 hat sich eindeu-
tig gezeigt, daß unterhalb des östlichen Altarumfas-
sungsfundamentes eine Schicht aus verbranntem
Marmor vorhanden ist, also eine Evidenz, welche je-
ner unter den polygonalen Fundamentplalten östlich
des Hckatompedos entspricht. Daher kann man zu-
mindest in diesem Bereich sicher sagen, daß es sich
um den Bau der Einfassung nach einem Brand han-
delt, bei dem auch Marmor zerstört wurde. Außer-
dem liegt der Marmorbclag entlang der Ostfront des
Altares direkt auf einer Marmorsplittschicht auf, in
der auch kleine Ziegelsplittreste enthalten sind.
Allerdings ist die Idee einer Erst- oder Wieder-
verwendung einer charakteristisch archaischen
Technik und archaischen Materials im 4. Jh. v. Chr.
für die Altareinfassung und den Altarhof außeror-
dentlich merkwürdig und fast unverständlich, denn
es gibt zahlreiche schöne orientalisierende Keramik
im Altarhof. Ob die älteren archaischen durch neue
Sondagcn nachweisbaren Gehniveaus mit der Rampe
in Verbindung gebracht werden können, ist derzeit
noch ungewiß.
Was die sogenannte Rampe anbetrifft, so befin-
det man sich wieder in chronologischen Schwierig-
keiten. Die Rampe nimmt eindeutig axialen Bezug
auf die beiden südlich von ihr gelegenen Basen.
Bautechnisch jedoch gleichen die beiden nördlichen
und höher gelegenen Rampenteile deutlich dem
Steinschnitt und der Bearbeitung des Thrinkosfun-
damentes. Die südlichste Steinlage ist nicht nur vom
Steinschnitt verschieden, sondern sie bindet auch
nicht direkt in die anderen beiden zusammenhängen-
den ein. Allerdings bleibt festzuhalten, daß die
Rampe sowohl an ihrer Nord-, Ost- und Westseite
von Marmorplatten bzw. Thrinkosfundamentblöcken
eingefaßt ist, als würde ein älteres, bestehendes Fun-
dament eingerahmt werden. Wofür es allerdings

keine stratigraphische Evidenz gibt, ist eine gelegent-
lich von verschiedenen Autoren geäußerte Vermu-
tung einer augusteischen Renovierung des Altares,
die mit einer römischen Datierung des Wiener Ama-
zonenreliefs und der zugewiesenen Mäanderblöcke
begründet wird. Es gibt aber keinen archäologischen
Hinweis — weder Keramik (wie z.B. Terra Sigillata)
noch sonstige Funde aus augusteischer Zeit.11 Nur
nördlich und südlich des Altares gibt es eine Erneue-
rung des Marmorpflasters mit rechteckigen Blöcken
auf Kalkmörtel, die in römischer Zeit erfolgt sein
kann.
Der Großteil der Keramik, die bis vor einigen
Jahren gefunden wurde, ist nicht älter als bis in das
7. Jh. zu datieren. Allerdings gab es auch immer
schon eine geringe Anzahl von Fragmenten von Ke-
ramik aus geometrischer Zeit. Es war daher zu er-
warten, daß es auch bauliche Anlagen aus dieser Zeit
gibt. Deren archäologische Entdeckung ließ aber
lange auf sich warten. Erst als 1987 unter einer qua-
dratischen Kultbasis — an der Nordseite des Kroiso-
stempclstcreobates — durch eine dicke Schwemm-
schicht unterbrochen, ein Pflaster zum Vorschein
kam, wurde deutlich, daß die Anlagen des 7. Jhs.
nicht die ältesten im Artcmisionbcreich waren.12
Kurz danach wurde ein Peripteros aus dem 8. Jh.
v. Chr. unterhalb der von Hogarth untersuchten
„Zentralbasis“ entdeckt und ausgegraben. Bei einer
Sondage durch den Fußboden des Peripteros wurde
ein keramisches Kontinuum von der mittel geometri-
schen Zeit bis mykenisch in B angetroffen.13 Auch
in einer Sondage zwischen Altar und Hckatompedos
wurden 1989 Fragmente einer Bauchhenkelamphora
gefunden, die Ende des 9. Anfang des 8. Jhs. zu
datieren ist.
Zumindest auf dem Gebiet der Keramik hat sich
daher das chronologische Spektrum im Artemision
wesentlich erweitert. Die von A. Gasser vorgelcgtcn
Arbeiten über die Keramik aus dem Artemision sind
eine Materialvorlage. Es wird weder eine Diskussion
über die funktionelle noch wirtschaftsgeschichtliche
Bedeutung, noch werden religionsgeschichtliche Be-
obachtungen beigefügt. Diese werden erst im Band
über die Grabung selbst vorgelcgt werden. Dennoch
seien hier einige Worte dazu gesagt; das vorliegende
Material insgesamt umfaßt nur einen Bruchteil der
ausgegrabenen Keramik, nämlich jenen Teil, der sich
durch Form oder Dekor näher bestimmen ließ. Die
nicht näher definierbare Keramik könnte höchstens
statistisch ausgewertet werden.
Fast die gesamte Keramik, die im Artemision
gefunden wurde, ist unter einem religiösen Aspekt zu
sehen, sei es, daß es sich um Kultgefäße selbst han-
delt, oder um Weihgaben, die anläßlich der zahlrei-
chen Opfer hinterlegt wurden. Die Tieropfer sind uns
durch die zahlreichen Knochen der geschlachteten
Tiere ein deutlicher Beleg. Auffallend ist der geringe
attische Import auch in geometrischer Zeit. Neben
dem gut nachweisbaren korinthischen Import ist es
vor allem die einheimische kleinasiatische Keramik,

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