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IV. ARMREIFEN
Armreifen sind unter den Bronzefunden aus dem Artemision besonders zahlreich vertreten. Sie begegnen in
verschiedenen Ausführungen und Formaten, wobei einfache, offene Armreifen mit profilierten Endgliedern
in der Art von Kat. 307-431 deutlich überwiegen, während andere Formen nur vereinzelt vorkommen. In
diesem Kapitel werden nur jene Stücke erfasst, für die eine Funktion als Armreif gesichert scheint. Möglicher-
weise wurden auch manche der unter VI. Ringe besprochenen Stücke als Armreifen verwendet - die einfache
Form erlaubt jedoch keine sichere Bestimmung. Armreifen gibt es in beinahe allen ergrabenen Schichten des
Artemisions, besonders konzentriert aber im Bereich der Kultbasis D (Abb. 1. 2). Aus den Schichten um
diese Basis stammt die Mehrheit der hier unter IV.2.1 vorgelegten einfachen Armreifen mit kräftig pro-
filierten Enden.
Die große Anzahl der in Ephesos gefundenen Armreifen fällt besonders auf, wenn man das Fundspektrum
anderer ostgriechischer Heiligtümer betrachtet, wo gewöhnlich nur sehr wenige Armreifen zutage kamen, sie
also offensichtlich nicht zu den bevorzugten Votivgaben zählten. So kennt man etwa aus den Heiligtümern
in Emporio und Kato Phana auf Chios nur wenige Beispiele536, und auch im Heraion von Samos bilden
Armreifen keine markante Fundgruppe537. Für das an Schmuck sonst so reiche Athena-Heiligtum von Lindos
auf Rhodos bemerkt Ch. Blinkenberg als kuriose Tatsache, dass in den älteren Schichten Armreifen beinahe
vollständig fehlen538. Abgesehen von Olympia, wo eine größere Anzahl zutage kam, begegnen Armreifen auch
in den großen Heiligtümern des griechischen Festlandes vergleichsweise selten539. Nur im nördlichen Grie-
chenland und in Böotien spielten sie eine bedeutendere Rolle, jedoch stehen sie hier zumeist in einer anderen
Formentradition als die Funde aus dem Artemision von Ephesos. Wie die große Zahl der in das Artemision
geweihten Armreifen zu erklären ist und welchen konkreten Bedeutungsinhalt man mit ihnen verband, muss
unbeantwortet bleiben. Einige der im Heiligtum gefundenen Statuetten archaischer Zeit tragen zwar an den
Handgelenken Reifen540, doch fand man derartige Darstellungen auch in Heiligtümern, in denen nur wenige
Armreifen zutage kamen541.
IV.l Geschlossene Armreifen (Kat. 305. 306, Taf. 22)
Die beiden geschlossenen Armreifen Kat. 305 und 306 sind massiv gegossen und an der Außenseite kräftig profiliert. Der Reif
Kat. 305 hat eine gerundete Innenseite. Die Außenfläche ist durch einen in der Mitte umlaufenden, halbkreisförmigen Wulst,
der auf beiden Seiten von einem geraden, glatten Band gerahmt wird, profiliert. Der mittlere Wulst ist durch Rillen in eine
Abfolge aus breiteren und schmäleren Rippen gegliedert. Der Armreif Kat. 306 ist in ähnlicher Weise gestaltet. Die Innen-
seite ist gerade. An der Außenseite läuft um die Mitte ein flach gewölbter Wulst um, der durch Rillen in abwechselnd zwei
schmälere und einen breiteren Streifen gegliedert ist. Die rahmenden Bänder sind mit zwei parallelen Rillen und kleinen Ein-
kerbungen verziert.
Unter den zahlreichen im Artemision gefundenen Armreifen gibt es nur zwei geschlossene Exemplare dieser
Art. Einige nahestehende Beispiele, die wie Kat. 306 mit einer flachen Innenseite und außen mit einem in
ähnlicher Weise profilierten Wulst zwischen zwei flachen Stegen gebildet sind, stammen aus dem Heraion
von Samos542 543. Insgesamt sind Armreifen dieser Art an griechischen Fundplätzen nicht sehr häufig54’.

536 Boardman 1967, 211 ff.: Kourouniotis 1916, Abb. 34; Lamb 1934/35, 149.
537 Begleittext zur Ausstellungsvitrine im Museum Vathy.
538 Blinkenberg 1931, 120.
539 J. Bouzek. Die Armringe der Sammlung Bellos aus Theben. FuB 16. 1974, 161; Philipp 1981. 195.
540 z. B. A. Bammer, Neue weibliche Statuetten aus dem Artemision von Ephesos, ÖJh 56, 1985, 40 Abb. 1, Statuette D; Abb. 16;
Bammer- Muss 1996, Abb. 87.
541 So z. B. aus Lindos auf Rhodos: Blinkenberg 1931, 120.
542 Für die Möglichkeit zur Einsichtnahme in das Material danke ich H. Kienast.
543 z. B. Perachora: Payne 1940, 175 Taf. 78, 4.
 
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