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VORWORT DER GRABUNGSLEITUNG
Im Jahr 1929 erfolgten die ersten Untersuchungen - heute würden wir sie als Survey bezeich-
nen - auf den Hängen des Panayirdag über dem Großen Theater von Ephesos, an die unter der
Leitung von Franz Miltner die teilweise Freilegung eines dabei entdeckten, großen Gebäudes
anschloss. Über die Funktion des Komplexes konnte Josef Keil in seinen Grabungsberichten nur
mutmaßen - aufgrund mehrerer überzeugender Kriterien wie die außergewöhnliche topografische
Lage, die große Dimension und die reiche Ausstattung vermutete er entweder den Sitz eines
Provinzialbeamten oder doch die Stadtvilla eines wohlhabenden Bürgers. Weitere Ausgrabun-
gen waren für die 1930er-Jahre geplant, konnten aber aufgrund der wirtschaftlich-politischen
Probleme auch der Grabung Ephesos nicht stattfinden.
Nach Wiederaufnahme der Ausgrabungen in Ephesos nach dem Zweiten Weltkrieg standen
andere Forschungsfragen im Zentrum der österreichischen Aktivitäten, und das Areal über dem
Theater blieb sich selbst überlassen. Dichter Bewuchs legte sich über die freigelegten, aber nicht
geschützten Ruinen. Die vielen offenen Fragen den Gebäudekomplex betreffend boten Raum für
spekulative Interpretationen, sodass die Anlage als hellenistischer Palast, als Sitz des Statthalters,
als Vereinslokal, als Bischofssitz und vieles mehr angesprochen wurde. Niemand machte sich
jedoch die Mühe, das Areal über dem Theater ein weiteres Mal zu reinigen, die bereits ausge-
grabenen Bereiche ordentlich zu dokumentieren und basierend auf konkreten Forschungsfragen
weitere Untersuchungen anzustellen.
Diese fundamentale Lücke in der Stadtgeschichte von Ephesos konnte nun durch die For-
schungen von Christoph Baier geschlossen werden, der das Areal im Rahmen zweier akademi-
scher Arbeiten und unter Anwendung unterschiedlicher Methoden intensiv untersuchte. Basis
bildeten eine geophysikalische Prospektion und ein Oberflächensurvey, auf die Ausgrabungen
folgten. Die Logistik dafür war sehr herausfordernd, und es ist insbesondere dem Arbeiterteam
zu danken, welches große Anstrengungen im Zuge der Freilegung auf sich nahm. Der Aufwand
hat sich allerdings mehr als gelohnt.
Nun liegt eine präzise interdisziplinäre Studie vor, in der die Baugeschichte des Gebäudes
vom Hellenismus bis in die Spätantike zwar im Zentrum steht, die Auswertung jedoch weit dar-
über hinausgeht. So werden nicht nur Bedeutung und Funktion der Domus in einer diachronen
Betrachtung, sondern der städtebauliche Kontext und der Symbolgehalt des gesamten Areals über
dem Theater mit seinen zahlreichen Bauten und Freiflächen behandelt. Analysen der Keramik und
Münzen durch Özlem Vapur und Nikolaus Schindel stellen die Chronologie auf sichere Beine,
die Auswertung des Tierknochenmaterials durch Gerhard Forstenpointner, Gerald Weissengruber
und Alfred Galik sowie des Marmors durch Walter Prochaska unterstreichen den hohen Lebens-
standard der Bewohner der Domus.
Christoph Baier und seinem Team ist eine wirklich großartige Publikation gelungen. Dass es
der 50. Band der Reihe »Forschungen in Ephesos« ist, erfüllt uns mit großem Stolz. Mein Dank
gebührt allen, die an dessen Entstehung und Vorlage beteiligt waren. Großer Dank geht an die
Österreichische Akademie der Wissenschaften, welche die Fertigstellung des Manuskripts durch
ein Post-DocTrack-Stipendium für Christoph Baier maßgeblich unterstützte, Özlem Vapur einen
Forschungsaufenthalt in Athen finanzierte und auch für die Drucklegung verantwortlich zeich-
net. Dem Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung verdanken wir die finanzielle
Unterstützung der Drucklegung, die auch die gleichzeitige Open Access-Stellung ermöglicht.
Möge die Domus über dem Theater nun endlich den ihr zustehenden Platz in der Ephesos-
forschung bekommen!
Sabine Ladstätter
Wien, September 2022
VORWORT DER GRABUNGSLEITUNG
Im Jahr 1929 erfolgten die ersten Untersuchungen - heute würden wir sie als Survey bezeich-
nen - auf den Hängen des Panayirdag über dem Großen Theater von Ephesos, an die unter der
Leitung von Franz Miltner die teilweise Freilegung eines dabei entdeckten, großen Gebäudes
anschloss. Über die Funktion des Komplexes konnte Josef Keil in seinen Grabungsberichten nur
mutmaßen - aufgrund mehrerer überzeugender Kriterien wie die außergewöhnliche topografische
Lage, die große Dimension und die reiche Ausstattung vermutete er entweder den Sitz eines
Provinzialbeamten oder doch die Stadtvilla eines wohlhabenden Bürgers. Weitere Ausgrabun-
gen waren für die 1930er-Jahre geplant, konnten aber aufgrund der wirtschaftlich-politischen
Probleme auch der Grabung Ephesos nicht stattfinden.
Nach Wiederaufnahme der Ausgrabungen in Ephesos nach dem Zweiten Weltkrieg standen
andere Forschungsfragen im Zentrum der österreichischen Aktivitäten, und das Areal über dem
Theater blieb sich selbst überlassen. Dichter Bewuchs legte sich über die freigelegten, aber nicht
geschützten Ruinen. Die vielen offenen Fragen den Gebäudekomplex betreffend boten Raum für
spekulative Interpretationen, sodass die Anlage als hellenistischer Palast, als Sitz des Statthalters,
als Vereinslokal, als Bischofssitz und vieles mehr angesprochen wurde. Niemand machte sich
jedoch die Mühe, das Areal über dem Theater ein weiteres Mal zu reinigen, die bereits ausge-
grabenen Bereiche ordentlich zu dokumentieren und basierend auf konkreten Forschungsfragen
weitere Untersuchungen anzustellen.
Diese fundamentale Lücke in der Stadtgeschichte von Ephesos konnte nun durch die For-
schungen von Christoph Baier geschlossen werden, der das Areal im Rahmen zweier akademi-
scher Arbeiten und unter Anwendung unterschiedlicher Methoden intensiv untersuchte. Basis
bildeten eine geophysikalische Prospektion und ein Oberflächensurvey, auf die Ausgrabungen
folgten. Die Logistik dafür war sehr herausfordernd, und es ist insbesondere dem Arbeiterteam
zu danken, welches große Anstrengungen im Zuge der Freilegung auf sich nahm. Der Aufwand
hat sich allerdings mehr als gelohnt.
Nun liegt eine präzise interdisziplinäre Studie vor, in der die Baugeschichte des Gebäudes
vom Hellenismus bis in die Spätantike zwar im Zentrum steht, die Auswertung jedoch weit dar-
über hinausgeht. So werden nicht nur Bedeutung und Funktion der Domus in einer diachronen
Betrachtung, sondern der städtebauliche Kontext und der Symbolgehalt des gesamten Areals über
dem Theater mit seinen zahlreichen Bauten und Freiflächen behandelt. Analysen der Keramik und
Münzen durch Özlem Vapur und Nikolaus Schindel stellen die Chronologie auf sichere Beine,
die Auswertung des Tierknochenmaterials durch Gerhard Forstenpointner, Gerald Weissengruber
und Alfred Galik sowie des Marmors durch Walter Prochaska unterstreichen den hohen Lebens-
standard der Bewohner der Domus.
Christoph Baier und seinem Team ist eine wirklich großartige Publikation gelungen. Dass es
der 50. Band der Reihe »Forschungen in Ephesos« ist, erfüllt uns mit großem Stolz. Mein Dank
gebührt allen, die an dessen Entstehung und Vorlage beteiligt waren. Großer Dank geht an die
Österreichische Akademie der Wissenschaften, welche die Fertigstellung des Manuskripts durch
ein Post-DocTrack-Stipendium für Christoph Baier maßgeblich unterstützte, Özlem Vapur einen
Forschungsaufenthalt in Athen finanzierte und auch für die Drucklegung verantwortlich zeich-
net. Dem Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung verdanken wir die finanzielle
Unterstützung der Drucklegung, die auch die gleichzeitige Open Access-Stellung ermöglicht.
Möge die Domus über dem Theater nun endlich den ihr zustehenden Platz in der Ephesos-
forschung bekommen!
Sabine Ladstätter
Wien, September 2022